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Was mein Leben reicher macht

Was für ein Tag! Abends heimgekommen von einer Wanderung mit lieben Menschen. Auf dem Tisch ein Zettel: »Für den besten Vermieter der Welt. Opa, es steht ein Kuchen für Dich im Kühlschrank, lass es Dir schmecken!«

Dieter Blezinger, Markdorf

 

Die brasilianischen Verwandten

Schon als Kind haben mich die alten Fotos im Album meiner Großeltern fasziniert. Da waren Menschen verschiedenen Alters zu sehen, inmitten gerodeter Wälder, zum Teil zu Pferd, die Kinder barfuß. Es hieß: »Das sind Verwandte, die nach Brasilien ausgewandert sind.« Keiner konnte (oder wollte?) mir die verwandtschaftlichen Verhältnisse erklären. Als ich jetzt nach fünfzig Jahren meinen Stammbaum auf einer Internetseite eingab, kam nach kurzer Zeit die Nachricht, dass in Brasilien jemand einen Stammbaum hat mit den Namen einiger meiner Vorfahren. 92 Prozent Übereinstimmung! Sollten das die verloren gegangenen Verwandten sein? Inzwischen findet ein reger E-Mail-Kontakt zwischen Brasilien und Deutschland statt. Meine Urgroßmutter, die ich noch kennengelernt habe, und die Großmutter des brasilianischen Verwandten waren Schwestern! Nun haben alle Menschen auf den Fotos Namen und Identität bekommen. Ich weiß den Grund der Auswanderung und kenne nun so manche Anekdote über meine Urgroßmutter. Es ist ein wunderbares Gefühl, einen Zweig seiner Familie wiedergefunden zu haben.

Kerstin Forneck, Königswinter

 

Was mein Leben reicher macht

Kürzlich, an einem Montag, hatte mein Mann einen Geburtstagswunsch: einmal Baden-Badens Flair erleben! Doch: Alle Museen zu, im Friedrichsbad wurden Männlein und Weiblein getrennt. Nur ein Stadtbummel – das war nicht das, was wir wollten. So saßen wir im Park, in Angesicht der Büste von Kaiserin Augusta, und mein Mann erzählte von Kaisern und Königen, von ungewollten Kriegen und vermeintlichem Frieden, von Hoffnungen und Verträgen.
Eine Zeitreise über 500 Jahre aus der Sicht eines Historikers. Bei mir blieb das Gefühl: Ich habe 50 Jahre auf diesen Mann gewartet, und jetzt wartet der Regen in den Wolken, wartet der Tag für einen langen Augenblick auf die nächste Sekunde, wartet die Zeit auf das Ende der Geschichte. Nur meine Warterei hat ein Ende, ich bin Königin, und der Vertrag hält.

Ute Stumpf, Aglasterhausen, Baden-Württemberg

 

Kritzelei der Woche

Diese Schreibtischunterlage zeigt in konzentrierter Form vieles, was ich vor etwa 23 Jahren mit meiner ersten Freundin am Telefon besprochen habe. Es war wie bei wohl vielen Jungen, die zum ersten Mal verliebt sind: Eher sprachlos hat man vor Augen, was gar nicht so einfach zu formulieren ist. Also sammelten sich bei mir die Skizzen, während meine Freundin richtig schön erzählen konnte. Das Produkt hat sie nie gesehen, wenn ich mich recht erinnere.

Oliver Ehlers, Heidelberg

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn mein Sohn weinend zur Mutter läuft, weil Papa ihm womöglich Ehec-verseuchtes Gemüse in die Frühstücksbox gelegt hat und er sterben muss, wenn er es isst. Das macht mein Leben nicht wirklich reich, aber es gibt mir zu denken.

Michael Kühne, Hannover

 

Was mein Leben reicher macht

Die Straßenbahn wird gleich abfahren. Eine ältere, gehbehinderte Frau versucht, sie noch zu erreichen. Da steht ein etwa 13-jähriger Junge von seinem Sitz auf, drückt den Türöffner von innen, die Bahn muss weiter halten, und die Dame kann einsteigen. Ob sie die kleine Aufmerksamkeit des Jugendlichen bemerkt hat? Ich weiß es nicht. Aber es hat mich berührt, gefreut und irgendwie glücklich gestimmt.

Rolf Schmidt, Darmstadt

 

Hätte man sich sparen können

Diese Szenerie findet man täglich am Berliner Ostbahnhof in der Nähe des Haupteingangs. Mehrere dieser Verbotsschilder zieren rundum das Geländer einer Tiefgaragenein fahrt, die Radfahrer aber haben kein Einsehen. Denn schließlich: Hier kann man sein Fahrrad fest anschließen, was auf der gegenüberliegenden Straßenseite, an den offiziellen Fahrradständern, nicht so bequem geht. Da nützt es auch nichts, dass dort das völlig absurde Schild »Fahrradabstellanlage« angebracht ist. All diese Schilder hätte man sich also wirklich sparen können.

Franz Fischer, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Das Jubelgeschrei der U-11-Fußballjungs, die mein Mann und ich trainieren. In einer viel zu schweren Gruppe verlieren wir ständig und richtig hoch. Nach einer 14:2-Niederlage feiern unsere Jungs in der Kabine ihre zwei Tore so ausgelassen, als hätten sie das Champions-League-Finale gewonnen. Und wir Großen lernen: Alles ist relativ. Und
Freude ist ansteckend!

Patricia Schütz, Kottgeisering, Oberbayern

 

Lieber Ben Becker,

® Johannes Simon/Getty Images

natürlich gibt es amüsantere Aktivitäten an einem strahlend sonnigen Sommernachmittag, als ihn freiwillig vor düsterer Bühnenkulisse bei Kerzenschein zu verbringen – zumal um schwermütige Texte zu hören. Aber Ihnen ist es gelungen, daraus eine kleine künstlerische Sternstunde zu machen. John Donnes schaurigmorbides Todesduell und die Große Elegie von Joseph Brodsky, von Ihnen rezitiert, interpretiert und musikalisch begleitet, ließen den dunklen Theatersaal plötzlich heller leuchten als den Sonnenschein draußen. Mitten im Sommer in abgründige Texte eintauchen? Mit Ihnen – jederzeit wieder!

Valerie Klemm, Frankfurt am Main