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Eine kleine Weltreise

… aus traurigem Anlass« hat Sabine Kröner, 56, unternommen: Nach dem Tod ihres Mannes im vergangenen Jahr wollte sie durch neue Eindrücke Abstand gewinnen. Von Buenos Aires aus ist sie per Schiff um die Südspitze Amerikas und durch die Südsee gefahren, dann ging es über Australien, Indonesien, Singapur, Myanmar und Indien bis nach Dubai und durch das Rote Meer und den Suezkanal ins Mittelmeer – bis nach Venedig. Hier Sabine Kröners vorletzter Bericht:

Dubai ist gigantisch, artifiziell und unattraktiv. Nach der Busrundfahrt durch diese in die Wüste betonierte Stadt beschloss ich, den Rest der Kreuzfahrt nur noch als Badeurlaub zu gestalten. Einige der anderen Weltreisenden hielten das für eine gute Idee und schlossen sich mir an. Unseren ersten Versuch starteten wir in Salalah, im Süden Omans. Um das Hafengelände überhaupt verlassen zu können, mussten wir einen Shuttlebus nehmen, außerhalb des Hafentors fiel dann eine Meute von Taxifahrern über uns her. Keine Ahnung, worüber sie diskutierten. Vielleicht, welchen Preis sie verlangen sollten? Dabei waren wir einfach nur elf Personen, die auf dem direkten Weg zum Strand des Hilton-Hotels wollten. Als ich mit einer Gleichgesinnten einfach einen der Wagen bestieg, reagierte der Fahrer beleidigt: Feilschen gehört hier zum guten Ton. Aber er brachte uns an unser Ziel, und es wurde ein prima Tag. Habe mal wieder im Meer gebadet und bin über die Wasserrutsche in den Pool geglitten.
Der zweite Badeausflug – in Scharm al-Scheich – fiel hingegen weniger genussvoll aus: Laute Technomusik und alle möglichen Dienstleistungsangebote störten unsere Ruhe. Auf der Weiterfahrt wurde ich leider krank. Ein grippaler Infekt hielt mich davon ab, doch noch einmal etwas zu besichtigen: Auf das Katharinenkloster und den Ausflug nach Petra musste ich verzichten. Und auch die Panoramafahrt durch den Suezkanal konnte ich nur mit triefender Nase genießen – durch die Fensterscheiben der »Weinstube«.

Sabine Kröner, zzt. Port Said, Ägypten

 

Was mein Leben reicher macht

Eine Nase voll fränkischem Frühsommerabend: Apfelblüten, Fliederbüsche, Maiglöckchen, Erde und frisch gemähtes Gras, dazu ein Hauch Grillwürstchen aus Nachbars Garten. Einatmen, Augen schließen, den Vögeln zuhören.

Nikola Heinrichs, Pretzfeld

 

Liebkosung: Mein Wort-Schatz

Ein Wort, das ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehört oder gelesen habe, heißt: Liebkosung. Obwohl das, was es meint, natürlich nicht ausgestorben ist und man es heute genauso macht wie ehedem. Vom Taktilen her mehr als ein Streicheln, aber weniger als Knuddeln, steckt in dem Begriff schon das Gefühl, das die Ausführenden füreinander haben. Es ist also ein treffendes Wort. Weshalb benutzt man es dann nicht mehr? Vielleicht liegt das daran, dass es sich so brav und anständig anhört, so gar nicht zielgerichtet, und vielleicht hat gerade diese träumerische Ziellosigkeit dieses Wort unmodern gemacht. Außerdem ist liebkosen ziemlich zeitaufwendig.

Charlotte Bensch, Weimar

 

Kritzelei der Woche

Das habe ich kürzlich während einer langen Sitzung der Arbeitsgemeinschaft für katathym-imaginative Psychotherapie vor mich hin gekritzelt, so etwa zwei Stunden lang. Im Kritzeln habe ich wohl immer mehr »gebildert«, Strukturen gesucht – und gefunden …

Ralf Bolle, Esslingen

 

Was mein Leben reicher macht

Dass der kreative Specht wieder da ist. Im Vorjahr schon hörten wir ihn laut den Starenkasten behämmern. Um den Zugang zu erweitern, dachten wir. Er aber hämmerte noch weiter, als das Loch längst groß genug für eine Ente gewesen wäre. Er benutzte die artfremde Behausung also als Trommel, die lauter war als die der Konkurrenz im nahen Wald. Er trommelte eine Weile, dann schaute er, ob wohl ein Weibchen käme, und trommelte weiter. Eines Tages kamen zwei, von denen er sich für eines entschied. Dann wurde es ruhig. Im Winter teilte er sich die Sonnenblumenkerne mit Meisen und Finken. Jetzt trommelt er wieder.

Wolf Büntig, Penzberg

 

Was mein Leben reicher macht

Ein zweites Frühstück. Nachdem ich mich um Viertel vor sechs aus dem Bett gequält habe, nur um kurz darauf in der Uni zu erfahren, dass meine Kurse ausfallen, habe ich beschlossen, den Vormittag gemütlich anzugehen. Ich sitze in meiner Einzimmerwohnung und schürfe Kaffee, es gibt Käsebrötchen und ein gekochtes Ei. Vor dem Fenster singen Vögel, und ich finde nun doch: Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt.

Jonathan Horstmann, Rodgau

 

Demut: Mein Wort-Schatz

Im Forum für die nur noch selten gehörten Wörter sollte das Wort Demut einen Platz finden. Demut bedeutet nicht Schwäche oder Unterwerfung. Im Althochdeutschen hieß muot »Kraft der Sinne, des Willens«, ähnlich wie das englische mood. Willensstärke also, aber nicht aggressiv, sondern mit Augenmaß. (Auch ein fast vergessenes Wort!) Wahre Demut ist fern aller theologischen Enge die Stärke des Geistes, des Menschseins.

Hildegard Wissing, Bleckhausen

 

Wiedergefunden: Entschuldigung

Was wohl meine Tochter vor fast zwanzig Jahren zu dieser formellen Entschuldigung veranlasst hat? Wir wissen es beide nicht mehr. Dabei muss es schon »etwas Ernsteres« gewesen sein. Wie auch immer: Schreiben konnte sie noch nicht richtig – sich entschuldigen schon. Und heute schreibt sie als Studentin über Transitional Justice in Uganda.
Gabriele Haarhaus, Schulendorf, Herzogtum Lauenburg

 

Blümerant: Mein Wort-Schatz

Ich habe mehrere Lieblingsworte, aber eines benütze ich besonders gern: blümerant. Es ist zwar nicht weniger schlimm als bleu mourant, man fühlt sich aber nicht gleich so sterbend, sondern eher blumig schwebend.

Erika Link, Stuttgart