In Zypern begegne ich auf einer Wanderung durch einen Olivenhain diesem knorrigen Baum. Kaum zu glauben: Auf einem Schild lese ich, dass er mehr als 800 Jahre alt ist. Ich rechne nach: Seit etwa 1200, also seit dem Hochmittelalter, steht dieser Ölbaum da. Was ist seitdem alles geschehen? Der Olivenbaum hat es überstanden.
(nach Ernst Jandl, »ottos mops« – ein wenig kafkaesk)
kafkas samsa plagt gram kafka:
lach mal samsa lach mal
samsa zagt: hab angst
kafka: ach quatsch
samsa: scham nagt ganz stark
kafka plant anschlag
kafka: abrakadabra …
samsa: lass das franz lass das
kafka kappt rasch samsas a
kafka: samsa-la-bam!
sams baff: krass das war haarscharf
kafka knallhart: das a war abfall
sams japst nach lachanfall achtmal:
hahaha kafka dankbar: na das klappt ja
sams lacht: mann das macht spaß
kafka tanzt: ahaahaaha dadada
Beim Arzt. Jeder wartet gefühlt schon ewig. Angespannte Stimmung. Ein älterer Herr kommt ins Wartezimmer und bittet, ihm in den Mantel zu helfen. Er gibt ganz genaue Anweisungen dafür, da er operiert worden sei. Ein junger Mann hilft ihm. Der ältere Herr bedankt sich mit den Worten: »Hervorragend, ich bin morgen um Viertel nach acht wieder hier, Sie auch?« Das ganze Wartezimmer lacht. Er wünscht allen »eine gute Behandlung!«.
»Des isch e richtigs Bubabberles-Gschäft«, sagt mein Freund, als es ihm partout nicht gelingen will, irgendetwas kleinteilig Mechanisches zusammenzufügen. Im Hochdeutschen ist der Ausdruck, ungeachtet seiner lautmalerischen Qualität, nicht unbedingt verständlich. Wohl aber unter Berlinern mit schwäbischem Migrationshintergrund, zu denen auch ich mich zähle.
Mein Sohn, der mich spontan zum gemeinsamen Musizieren einlädt. Wir improvisieren mit Gitarre und Klavier, und er meint: »So hast du ja noch nie gespielt!« Und am nächsten Tag: »Das haben jetzt einige als Klingelton.«
Die abendlichen Treffen in der WG-Küche mit meinen Mitbewohnern und die Frage »Und was war dein Highlight des Tages?« Das bringt uns dazu, selbst dem trübsten, langweiligsten oder miesesten Tag noch einen schönen, erinnerungswürdigen Moment abzugewinnen und ihn zu teilen. Erstaunlich, dass doch nicht alle schlechten Tage komplett schlecht sind!
1964 haben wir geheiratet. Es eilte damit, weil mir durch einen Glücksumstand in West-Berlin eine kleine Wohnung angeboten worden war. Der Wohnberechtigungsschein lag vor, aber zwei Zimmer für nur eine Person? Unmöglich! Verlobt war ich zwar schon, aber noch nicht mit der Ausbildung fertig und zu arm, um schon heiraten zu können – meinten die Schwiegereltern. Keine guten Startbedingungen für eine Ehe. Wir mussten kämpfen, bestellten schon mal das Aufgebot, bekamen die Wohnung, die Erlaubnis zur Heirat und sogar finanzielle Starthilfe vom Schwiegervater. Es war eine schwere Zeit, sowohl vor wie nach der Hochzeit. Heute stehen wir gut da, drei Kinder, sieben Enkel, keine wirtschaftlichen Sorgen.
Nur eben: alt geworden! Bei unserer goldenen Hochzeit entstanden Fotos, die wir staunend neben die alten Hochzeitsfotos halten. Mit dem jungen Brautpaar tauschen? Besser nicht. Trotz aller Klagen über das Altwerden: Es ist schon besser so!
Mit meinen 78 Jahren habe ich mich noch einmal ans Kochen gewagt, nachdem meine Frau nicht mehr so kann. Und letzte Woche wollte ich es wissen: Ich buk meinen ersten Kuchen. Später kam unser Sohn zum Kaffee vorbei. Natürlich war ich gespannt auf sein Urteil. Nachdem er ungefähr ein Viertel meines Werkes verspeist hatte, meinte er nur: »Vater, ich komme nächste Woche wieder.«
Im Sommer 1972 besuchte ich als Theologiestudent mit österreichischen Jugendlichen Leipzig und Dresden, wo wir unter anderem Kontakt zu katholischen Priestern aufnahmen. Einer von ihnen bat um die Übersendung einer bei Herder erschienenen »Jerusalem-Bibel«. Doch mein Geschenk wurde mir von der Zollverwaltung der DDR mit dem Vermerk retourniert, dass »dieses Druckwerk den gesetzlichen Bestimmungen der DDR widerspricht« und daher zur Einfuhr nicht zugelassen sei.