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Bildpark

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Jetzt wissen wir, wo es sich der Weihnachtsmann nach getaner Arbeit gemütlich macht: Er schaut aus seinem Lieblingsbaum im Lichterfelder Schlosspark in Berlin heraus und grüßt eingeweihte Spaziergänger mit seinem schmunzelnden Borkengesicht.

Irene von Götz, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn meine Katze – trotz der bekannten Eigenwilligkeit – auf mein Rufen hin zu mir kommt, aber etwa fünf Meter vor dem Ziel ihre Schritte verlangsamt, so als ob sie mir sagen wollte: »Es soll ja nicht so aussehen, als ob ich dir gehorchen würde!«

Traute Range, Westerstede, Niedersachsen

 

Fliegende Donuts

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Ein Nachmittag in einem Krankenhaus in Deutschland. Sechs Stunden warte ich bereits in OP-Hemd und Thrombosestrümpfen auf meinen Termin in der Chirurgie. Seit gestern Abend 19 Uhr bin ich nüchtern. Ich sehe fliegende Donuts und werde vor Hunger ungehalten.
Die Kritzelei schafft lindernde Abhilfe, der äußerst attraktive Assistenzarzt ebenso: Die OP wurde dann auf den nächsten Tag verschoben.

Katharina Heinze, Berlin

 

Renommist: Mein Wort-Schatz

Der Ausdruck »Prahlhans« im Wortschatz (Nr. 40/14) hat mich an ein Gedicht von Erich Kästner erinnert, von dem ich nur noch ein paar Verse im Kopf habe, obwohl wir sie als Schüler sicherlich allesamt auswendig lernen mussten. Mich hat aber vor allem das Wort Renommist fasziniert, das in dem Gedicht (»Die Sache mit den Klößen«) auch gleich erklärt wird.

»Der Peter war ein Renommist.
Ihr wißt vielleicht nicht, was das ist.
Ein Renommist, das ist ein Mann,
der viel verspricht und wenig kann.«

David Wilhelm Hillingshäuser, Tostedt, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Gestern machte es flöpp, und mein Jeansrock rutschte über die schmaler gewordenen Hüften zu Boden. Endlich wirkt das Sportprogramm, und ich beginne mich in meinem Körper wieder wohlzufühlen. Und es hat flöpp gemacht, herrlich!

Maike Linne, Göttingen

 

Das neue Jahr

(frei nach Erich Kästner, »Der Januar«)

Ich werde mich vom alten Jahr nun trennen.
und reiche ihm betroffen seinen Hut.
Was wird geschehn, bis wir das Neue kennen –
in Gänze es dann resümierend nennen:
chaotisch, launisch oder sogar gut?

Bei Bowle, Punsch und Blei im Kerzenschimmer
umrätseln wir der Zukunft dunkles Spiel.
Durchströmt von Lebensfreude und Gewimmer
– Wird’s angenehmer oder eher schlimmer? –
erkennen nie und nimmer wir das Ziel.

Beendet sei das große Spekulieren!
Zurück- und vorgedacht: es bringt nichts ein!
Den ganzen Tag lang Wünsche projizieren,
mit vagen Möglichkeiten wild jonglieren –
womöglich bricht’s am Ende mir das Bein!

Drum lasst uns hübsch bescheiden bleiben!
Zum Trübsalblasen reicht doch nicht die Zeit.
Wir sollten uns der Zuversicht verschreiben,
des Lebens Ernst nicht auf die Spitze treiben
in dankbar-heiterer Gelassenheit.

Vincenz Keuck, Oerlinghausen, Nordrhein-Westfalen

In Strophe drei, dritte Zeile, hieß es ursprünglich falsch: „Tagelang Wünsche projizieren“. Das war vom Verfasser so nicht intendiert und brach mit der Metrik. Wir haben die Zeile nachträglich korrigiert.

 

Was mein Leben reicher macht

Gelegentlich fotografiere ich. Schon lange wünschte sich meine Mutter daher einen selbst gemachten Kalender unserer mittelsächsischen Heimat von mir. Heimat? Die Region, mit der ich bereits eine gewisse Tristesse verband, bevor ich sie vor einiger Zeit verließ. Einen ganzen Tag verwendete ich darauf, die in meinen Augen eher unspektakulären Fotos herauszusuchen, sie digital etwas nachzubearbeiten, sie zu Kalenderblättern zusammenzustellen und den Druckauftrag abzuschicken. Als der Kalender dann eintraf, war ich total überrascht: Wie schön unsere Heimat doch ist!

Martin Gronau, Wien

 

Schlendrian: Mein Wort-Schatz

Wie oft hörte ich als Kind jemanden monieren, »da ist der Schlendrian drin«, und versuchte mir diesen Schlendrian als jemanden vorzustellen, der mit Händen in den Taschen und womöglich laut pfeifend den Bürgersteig runterbummelt. Noch heute, wenn etwas zu langsam geht, obwohl der Chef vielleicht nicht auf Gemütlichkeit steht, denke ich an diese streikende Proletenfigur, den Schlendrian, wie er in sich und den Moment verliebt die Straße entlangschlendert.

Mit freundlichen Grüßen und dem Rat zu gemütlicher Entschleunigung
Ihr frisch gefeuerter

Jochen Heine, Bad Münder, Niedersachsen