Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

Die Elster, die mir für ein Stück Brot glitzernde Fundstücke hinlegt. Heute war es der Perlenohrring meiner Nachbarin, den sie – wie sich herausstellte – vor Monaten verloren hat.

Martha Unterholzner, Meran, Südtirol

 

Was mein Leben reicher macht

Zusammen mit Freunden an der Sternwarte in den Spätsommerhimmel zu schauen: Durch ein Fernrohr bewundern wir die Diamanten auf dem schwarzen Samt der Nacht. Zum Abschluss noch ein verzaubernder Blick auf die Monde des Jupiters. Die Vielfalt des Universums erfüllt mich noch tagelang.

Ralph Brinks, Hagen

 

Was mein Leben reicher macht

Independence Day in Chicago. Eingeladen von unserem Jüngsten, erleben wir das riesige Feuerwerk am Lake Michigan – und sitzen danach fest: Außer uns wollen noch zwei Millionen Besucher nach Hause. Gelassen sitzt unser Sohn am Steuer, aber ich werde kribbelig. Da legt er seinen Arm um meine Schulter: »Dad, entspann dich!« – Ein Glücksgefühl: Aus unserem kleinen »Huppeditz« ist ein souveräner, liebevoller Freund geworden.

Günter van Mark, Herford

 

Was mein Leben reicher macht

Gerade will der Busfahrer losfahren, da jagt eine schwer bepackte Frau heran. Hastig sucht sie das Fahrgeld. In den Manteltaschen, den Plastiktüten, aber umsonst. »Mein Portemonnaie! Um Gottes willen?«  – »Nur die Ruhe bewahren«, versucht der Fahrer die Frau zu beruhigen. »Zwei fünfzig «, dienstlicht er dann. »Ich find mein Geld nicht!« Sie bittet ihn, die Tür zu öffnen um auszusteigen. »Lassen Sie’s gut  sein«, brummelt der Fahrer, »und nehmen Sie endlich Platz!« Während er nach links schaut, ob die Fahrbahn frei sei, meinte er lakonisch: »Ich fahre auch immer schwarz.«
Holger Hartenstein, Salzatal, Sachsen-Anhalt

 

Stuttgart 21

(nach Friedrich Hölderlin, »Hyperions Schicksalslied«)

Ihr wohnet droben im Licht
Auf halben Höhen, ihr
Stadtplaner, Investoren!
Frisch umsäuseln euch
Lüfte leicht,
Ihr fahrt Mercedes.

Schicksalhaft, weil sie wissen,
Atmen die Mächtigen.
Blind bewahrt
In edelen Villen,
Erträumen sie
Zukunft.
Und ihre Augen
Blicken am Unheil
Immer vorbei.

Doch uns ist gegeben,
An keiner Stätte zu ruhn
Es fahren tief unten
Die einfachen Menschen,
Blindlings wie Rohrpost
Von Bahnhof
Zu Bahnhof geworfen,
Atmen Tunnelluft
In tiefer Station.

Siegfried Busch, Mössingen, Baden-Württemberg

 

Zeitsprung

s100-zeitsprung-damals

s100-zeitsprung-heute

Im Mai 1963 wurden wir in der Evangelischen Kirche von Breithardt im Taunus konfirmiert, konnten also kürzlich goldene Konfirmation feiern. Und wir schätzen uns glücklich: Alle Konfirmanden von damals leben noch, und alle, die geheiratet haben, sind noch mit demselben Partner zusammen. Wie vor 50 Jahren stellten wir uns neben der Kirche auf und fragten uns dabei, was sich in der Zwischenzeit verändert hat. Also: In der Mitte, wo früher ein Pfarrer stand, steht jetzt eine Pfarrerin. Der große Baum im Hintergrund ist nicht mehr da. Das Schulgebäude links steht noch, wird aber nicht mehr als Schule genutzt. Die Fachwerkscheune wurde abgerissen; an ihrer Stelle steht nun ein Gemeindezentrum. Die Kirche hat neue Fenster und ein neues Dach bekommen. Am meisten haben wir uns, am wenigsten hat sich der mehr als tausend Jahre alte Kirchturm verändert.

Roland Ziss, Wiesbaden

 

Die Kritzelei der Woche

s84-kritzelei

Während eines Telefongesprächs mit einem guten Freund über Zukunftspläne, Träume und Ideen hatte ich den Artikel eines alten Magazins über meine Generation und ihre twenty­ something crisis im Kopf und unter dem Kugelschreiber.

Katja Müller, Lüneburg