Ein Bekannter zeigte mir kürzlich die neueste Errungenschaft seiner Autosammlung. Auf meine Frage, was das Schätzchen denn gekostet habe, meinte er, der Preis sei hoch gewesen, aber er habe noch ein wenig gefuggert, dann wäre die Sache für ihn rund gewesen. Diesen Ausdruck habe ich seit meiner Jugend nicht mehr gehört, da war er bei uns in der Gegend sehr gebräuchlich. Die Ableitung ist einfach, Namensgeber ist das Augsburger Kaufmannsgeschlecht der Fugger. Man könnte nun meinen, dass »gefuggert« soviel wie »gehandelt« bedeutet, im Sinne von generell um den Preis handeln. Es war allerdings, wenn mich meine Erinnerung nicht im Stich lässt, so, dass erst heftiges Feilschen als Fuggern bezeichnet wurde. Die moderne Form des Fuggerns findet heute auf einer bekannten Internetauktionsplattform statt: Preisvorschlag, Gegenvorschlag, Gegengegenvorschlag…
Früher, als man noch 2CVs oder Vaters altes Auto fuhr, da gurkte man noch »runter« in den Süden oder »hoch« in den Norden. Heute gurkt man nicht mehr. Heute fährt man sicher und navigationsgesteuert. Gurken zeugt von atemberaubendem Durchbrettern schöner Landschaften (mit circa 100 Sachen) und von unkomfortablem Reisen mit zahlreichen Ablenkungen durch nette Begegnungen und Picknicks. Warum das »gurken« hieß, das weiß ich nicht. Nur eine Sehnsucht nach diesem ziellos zielorientierten Gegurke habe ich noch in mir.
Kürzlich sah ich bei uns einen Linienbus mit grün-weißer Werbung, die die ganze Fensterfläche überzog. Hineinsehen geht nicht, Hinausschauen wohl schon. Da fiel mir ein, dass es in meiner Jugendzeit grüne Zeislerwagen gab, bei denen es ebenso war: Wer da drin saß und von einer Strafanstalt in die andere gefahren wurde, den sollte niemand sehen, aber durch kleine vergitterte Fenster herauszuschauen war wohl schon möglich.
Mit einer alten Dame sprach ich über die letzten Kriegstage in Besenfeld, einem kleinen Schwarzwaldort in der Nähe von Freudenstadt. Sie erzählte mir, wie deutsche Soldaten vor den Franzosen flüchteten, an dem Tag, als Freudenstadt in Schutt und Asche gelegt wurde: »Sie kamen aus dem Wald, zerlumpt und mit dem bisschen Gewehr in der Hand.« Dieser Ausdruck sagt so vieles über die Situation aus, über die Lächerlichkeit des letzten Widerstandes, über schweres Geschütz, Bomben und ebendieses bisschen Gewehr. Die alte Dame hätte die Situation nicht besser schildern können.
Es wird Frühling, und eines der Wörter, die im Frühling (jedenfalls im vorderen Odenwald) so nötig gebraucht werden wie ein Jäckchen, ist: Flick. Wer sich nämlich von den hellen Sonnenstrahlen und dem fröhlichen Grün verleiten lässt, sich allzu sommerlich-luftig zu kleiden, der ist manchmal zu flick angezogen. Es ist dann oft doch frischer, als man gedacht hat, man fröstelt und holt sich einen Bips. Ach, und wenn man dann noch zu viel Maibowle genießt, ist einem am nächsten Tag möglicherweise gar nicht gut, irgendwie unwohl, man fühlt sich ganz komisch, Äbsch eben.
Nach einem Einkauf im hiesigen Eine-Welt-Laden bot mir die Verkäuferin einen Espresso an. Als sie ihn mir an einem Stehtisch servierte, wies sie mich noch auf den dort bereitstehenden Zubiss hin. Den Ausdruck, so erklärte sie mir, als ich ein fragendes Gesicht machte, habe sie von ihrem Großvater übernommen. Es handelte sich um Gebäck.
Es muss etwa 30 Jahre her sein, dass meine Kinder dieses Wort erfanden. Wir machten uns auf den Weg von Kiel nach Plön (etwa 30 Kilometer), und sie wollten einen Picknickkorb packen: »Ja, wir brauchen Wegverzehrung!«
Ich bin in Berlin geboren, aber in Norddeutschland aufgewachsen und entwickelte eine ausgeprägte Affinität zu Hamburg, dem Hafen und den dazugehörigen Ausrüstungsgeschäften. Wir trugen schwere Dufflecoats, rauwollene Rollkragenpullover, und vor allem einen Zampel. Das war der Beutel, in dem die Schauerleute im Hafen bei der Arbeit alles Notwendige bei sich trugen – und nach Feierabend ein bisschen Kaffee, Tabak und Rum mit nach Hause brachten. Bis heute benutzen meine Frau und ich diesen Begriff für Nylontragetaschen, die wir zusammengefaltet für unvorhergesehene Einkäufe mit uns führen.
Welch regionale Vielfalt, welchen Ideenreichtum zeigen die Beiträge der vergangenen Wochen bezüglich des Vokabulars für ein einfaches Gemüsemesser! Man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Zufällig bin ich beim Lesen des Romans Kruso von Lutz Seiler auf eine weitere Variante gestoßen. Auf Seite 56 wird vom Zwiebelschälen erzählt, wobei die Hauptperson des Romans, Edgar, versucht, die Handgriffe seiner Mutter zu imitieren, »ihr blitzschnelles Hantieren mit dem Kleinspitzen, wie sie das »rasierklingenscharfe Messer mit dem ausgeblichenen Holzgriff und der bis auf wenige Millimeter heruntergeschliffenen Klinge nannte«.
Als geborener Sauerländer kenne ich das Hürmeken, was wohl dem hier im Wortschatz bereits angesprochenen Hümmelchen entspricht. Es gibt unendlich viele Schreib- und Sprechweisen. Schon im Nachbardorf wird man als Buiterling (Fremder) erkannt, wenn man das »R« mitspricht, da es dort Hümmeken heißt. Man sagt auch Schällemess oder Schällmessken und braucht es ebenfalls für Kartoffeln oder Äpfel. Und Dönches oder Döntjes? Das sind Anekdoten, die im Sauerland Dönekes heißen. Es gibt übrigens das Döneken, eine Frau habe ihren Mann, einen Buiterling (hier: Zugezogenen), mit einem Hürmeken umbringen wollen…