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Was mein Leben reicher macht

Mit meiner Freundin Christiane verbringe ich heiße und sonnige Tage in Lacanau-Océan an der Atlantikküste. Am vorletzten Morgen, ihrem Geburtstag, weckt sie mich mit Milchkaffee am Bett. Wann hatte ich das zum letzten Mal?

Susanne Lohmann, Bad Salzuflen

 

Aus meinem Garten

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Die Stockrosen blühen! Mit ihren fein geäderten, zartrosafarbenen Blättern öffnen sich die Blüten ganz zur Sonne hin. Ich hatte die samen im garten meiner groß- mutter gesammelt – wohl wissend, wie krank sie ist und dass sie bald vergangen sein würde, zusammen mit ihrem wunderbaren Blumengarten. Im vergangenen Jahr habe ich die samen auf meinem Balkon in die Erde gegeben. Bald wuchsen die kleinen Sprösslinge zu grünen Pflänzchen heran, und einige von ihnen überstanden sogar den langen Winter draußen, um schließlich, in ihrem zweiten Jahr, zu blühen – genau ein halbes Jahr nach dem Tod meiner Großmutter.

Franciska Klein, Freiburg im Breisgau

 

Was mein Leben reicher macht

Kürzlich in einem Hochhaus am Stadtrand von Berlin. Ich habe einen Besuch abzustatten, in der 8. Etage. Dabei fahre ich nicht gerne Fahrstuhl. Meistens spreche ich mit den Mitfahrenden, um meine Ängste zu zerstreuen. So auch diesmal. Im Fahrstuhl steht breitbeinig ein junger Mann in Kraftprotzkluft, Baseballcap, mit nicht gerade einladendem Gesichtsausdruck. Mein »Hallo!« erwidert er müde, und ich, mutig: »Ich find das blöd, dass hier kein Spiegel in den engen Kästen ist. Wenn der Fahrstuhl mal stecken bleibt, kann man sich wenigstens selber sehn!« Der junge Mann, nach einer kurzen Pause: »Für die meisten Menschen wär dit aber nich jut!« Ich muss lachen, und er lächelt mir zu.

Thea Bommer, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Ein Dorf am Jakobsweg. 1100 Meter hoch, 30 Einwohner. »Meine« Herberge hat 25 Betten, ich bin die hospitalera, die Herbergsmutter. Die Pilger bekommen ein Bett, Abendessen und Frühstück. Aber Arbeit und Strapazen sind vergessen, wenn im Gästebuch steht: »Renate, Du bist der Hammer!«

Renate Babrikowski, Quickborn

 

Was mein Leben reicher macht

Meine vierjährige Tochter, ohne die ich wohl nie herausgefunden hätte, wie sensationell gut ein frisch gemachtes Zitronen-Eis an einem heißen Sommertag schmeckt. Nach einer gemeinsamen Radltour machte sie mich zum Glück darauf aufmerksam.

Dan Bauerfeind, München

 

Was mein Leben reicher macht

Ein wunderschönes Konzerterlebnis: Ein himmlischer Dirigent, hochbegabte Sängerinnen und Sänger, hinreißende Kompositionen, herrliche Akustik. Vollkommen harmonische Klänge, obwohl jeder Solist ein anderes Lied schmettert. Und ich in der ersten Reihe – beim Vogelkonzert in meinem Garten, morgens um halb fünf.

Ulrike Heisig, Lichtenstein-Göllesberg, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Mann, wenn er mich nach 28 Ehejahren dazu einlädt, mit ihm auf unserer Dachterrasse zu »himmeln«. Wir haben uns die Sterne angesehen, über alte Zeiten gesprochen und dort geschlafen. Wie zu Anfang unserer Ehe.

Ingrid Hackmann, Meppen

 

Was mein Leben reicher macht

Seit einigen Tagen beobachte ich einen Waldkauz in der Nähe meines Hauses und höre, wenn es dunkel wird, das Rufen zweier Jungtiere. Eines Abends fliegt eines ganz in meiner Nähe auf einen Pflaumenbaum. Mit seinen großen Augen sieht mich der Kauz an, und ich sehe ihn an.

Sigrun Atzler, Lüneburg