Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

Ich habe Wochenenddienst in der ambulanten Pflege. Alle schlafen noch. Durch das Badezimmerfenster fließt die Stille. Auf einmal das Rauschen von Gasbrennern am Himmel. Ein wunderschöner Ballon schwebt dicht an meinem Fenster vorbei.

Jutta Noka, Langenbrettach, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Ein Straßenverkäufer bietet ein Straßenmagazin für Obdachlose an. Zwei Teenager meinen kichernd: »Was sollen wir denn damit?« Darauf der Verkäufer: »Lesen! Buchstaben beißen nicht!« Das werde ich mir für meine Schüler merken!

Birgitt Velmer, Dortmund

 

Was mein Leben reicher macht

Dass mein gerade in den USA als Au-pair arbeitender Sohn – von Natur aus eigentlich eher lesefaul – wegen Blizzard mit Fahrverbot und Internetausfall einen 450-Seiten-Roman liest und mich später per Skype wissen lässt: »Total cooles Buch, das du mir da geschickt hast.«

Gabriele Stengelin, Oberrot, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Am letzten Tag des Auslandssemesters in Florenz warte ich auf den Zug. Plötzlich kommt eine Mail: Ich bin zum Praktikum in Venedig angenommen. In einem Monat werde ich wieder in italien sein!

Maria Aresin, Leipzig

 

Was mein Leben reicher macht

Omis in den Arm piksen und dabei ihren Lebensgeschichten lauschen; bei kleinen Jungs hören, ob das Frühstück im Bauch angekommen ist; mich daran erfreuen, wenn ein Opi im Demenztest schreibt: »Life is good always!«

Svenja Hahne (Medizinstudentin im PJ), Dunedin, Neuseeland

 

Was mein Leben reicher macht

Im Dezember hatte ich die Nistkästen im Garten gereinigt. Nun überraschte mich der Frühling, und ich hängte die Kästen schnell wieder auf. Vom letzten hatte ich mich gerade entfernt, als ein Blaumeisenpärchen schon Besitz ergriff von seiner neuen Behausung.

Hartmut Liebich, Röttenbach, Franken

 

Was mein Leben reicher macht

Nach langer Zeit auf die Rettungswache zurückzukehren, wo ich während des Studiums viele Jahre gearbeitet habe. Alte Weggefährten, die einfach nur sagen: »Mensch Junge, lange nicht gesehen. Kaffee? Zigarette?« Wer ich heute bin oder was ich habe – hier spielt das alles keine Rolle.

Sascha Bechmann, Düsseldorf

 

Was mein Leben reicher macht

Am Steuer vor dem Zebrastreifen. Zwei Kindergärtnerinnen – jede mit Kindern an der Hand – überqueren die Straße. Eine schier endlose Zweierreihe kleiner Wichtel. Plötzlich stockt der Zug: Die Kinder haben ein Spiel entdeckt. Sie hüpfen jeweils zu zweit von Streifen zu Streifen. ich denke an meine Kindergartenzeit, als Straßen noch nicht lebensgefährlich waren.

Florian Schirmer, Buchholz in der Nordheide