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Was mein Leben reicher macht

Das Telefon klingelt hartnäckig. Am anderen Ende sagt ein junger Mann: »Ich habe ihr Portemonnaie gefunden.« Ich bin sprachlos, hatte ich den Verlust doch gar nicht bemerkt. Eine Viertelstunde später klingele ich bei dem ehrlichen Finder und bedanke mich, schwer erleichtert. »Da nicht für!«, sagt er. Mein Blick fällt auf den Schriftzug auf der Fußmatte: »House of Love«. Was für ein Glück ich doch habe!

Peggy Günther, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Wie jedes Jahr die gemeinsame Trekkingtour übers norwegische Fjell mit Rucksack, Zelt und Verpflegung. Mit dabei sind meine beiden Söhne, sie sind 35 und 34 Jahre alt. Näher kann man sich und der Natur kaum kommen.

Wolfgang Buhk, Ellerbek, Schleswig-Holstein

 

Was mein Leben reicher macht

Ich sitze in unserem Garten, während nebenan die Nachbarskinder spielen. »Ich bin ein Tiger«, schlägt der vierjährige Jerome vor, doch seine Schwester entscheidet: »Nein, du bist jetzt ein normaler Mensch!« – »Was ist ein normaler Mensch?«, fragt Jerome zurück. Darauf die sechsjährige Fabienne: »Ein normaler Mensch ist ein Mann!«

Dieter Eckert, Kranenburg (Niederrhein)

 

Was mein Leben reicher macht

Vor dem Einschlafen an etwas Schönes zu denken. Früher war es das Gesicht meines ersten Enkelkindes, heute sind es Stimme und Gesicht meines Lieblingstenors Jonas Kaufmann.

Ursula Dumond, Saint-Genis-Laval, Frankreich

 

Was mein Leben reicher macht

Job weg. Exmann und Arbeitsagentur streiten, wer finanziell einspringen muss. Auf dem Amt sieben Termine bei sechs Leuten in fünf Wochen und immer noch kein Geld. Die Miete unbezahlt, der Dispo ausgeschöpft. Beim achten Termin sehen sich nacheinander zwei Mitarbeiter außerstande, mir wenigstens fünfzig Euro Barauszahlung zu gewähren. Keiner in meinem Umfeld, der sich darüber nicht empört. Eine ältere Dame sagt: »Jetzt ist Schluss! Wir essen immer um eins. Bis das geklärt ist, kommen Sie bitte zu uns zum Mittagessen.« Danke, Frau Fendel!

Claudia J. Vogelsang, Köln

 

Was mein Leben reicher macht

Ich fahre morgens gegen sieben von Emden in Richtung Leer. Nebel steigt aus den Wiesen auf, und vor mir schreiten schwarzbunte Kühe auf einer Brücke über die Autobahn. Dieses Bild ist seit Tagen mein »Bildschirmschoner« im Kopf.

Margaretha Burggraf, Emden

 

Ich kann nicht mehr

(nach Bertolt Brecht, »Sonett Nr. 19«)

Nur eines möcht ich nicht: gebunden sein.
Will dich nur hören, wenn du nichts beklagst.
Bin froh, wenn du zu manchem nichts mehr sagst.
Ich wünschte mir, dir ging es gut allein.

Und wärst du einsam, möcht ich dich nicht sehn.
Zum Urlaubmachen bin ich gern bereit.
Auch ohne dich verbring ich gerne Zeit.
Hab Angst, mit so viel Liebe umzugehn.

So gilt kein »Halt mich, gib mir deine Nähe!«
So gilt kein »bleib!« und nur ein »wolln mal sehn«.
Verantwortung, zu der ich nicht mehr stehe.

Du weißt, ich bin mit dir nicht wirklich frei
Das aber brauche ich, wie’s immer sei.
Ich kann nicht mehr, wie soll das weitergehn?

Heike Hagemeister, Heroldsbach, Oberfranken

 

Was mein Leben reicher macht

Der Mann kommt in Begleitung der Polizei zu unserer psychiatrischen Notaufnahme. Leicht ist zu erkennen, dass er zurzeit nicht mehr zurechtkommt. Er wirkt verzweifelt und will sich sofort in Behandlung begeben. Aber er macht sich Sorgen um seine beiden Kaninchen, die sein Ein und Alles sind. Spontan erklären die Streifenbeamten, sie würden sich um die Tiere kümmern, solange der Mann in der Klinik sei. Erleichtert rutscht es ihm da aus dem Mund: »Gute Bullen!« Recht hat er.

Michael Kämper, Hattersheim am Main