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Was mein Leben reicher macht

Mein Mann, der seit 37 Jahren Abend für Abend – sofern wir zu Hause sind – für uns beide Obst schält und fein säuberlich in Schnitzen auf dem Teller platziert. Das gemeinsame Verspeisen fehlt mir, wenn er auf Reisen ist.

Berta Orhon, Istanbul

 

Was mein Leben reicher macht

Wer kennt es nicht, das wütende Gehupe und Geschimpfe, wenn man an einer grünen Apel nicht sofort anfährt? Wie wohl tat mir die freundliche Stimme einer Dame, die den träumenden Busfahrer mit der Frage zur Weiterfahrt ermunterte: »Mögen Sie dieses Grün nicht?«

Margit Schunck, Münster

 

Was mein Leben reicher macht

Den norddeutschen Abendhimmel anschauen. Die Sonne taucht langsam hinter den Horizont. Alle zehn Sekunden ein neues farbiges Wolken-Gemälde. Unbeschreiblich.

Wolf Warncke, Tarmstedt, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

In der Essener U-Bahn lese ich die neue Ausgabe von ZEIT Geschichte mit dem Titel Der Islam in Europa. Da lächelt mich überraschend eine muslimische Studentin ganz offenherzig an. Ich gehe davon aus, dass das Lächeln dem Zeitschriftentitel galt und nicht mir. Vielleicht aber auch der Kombination aus beiden.

Jörg Mirbach, Essen

 

Was mein Leben reicher macht

Nach einer langen Zugfahrt auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause, in jeder Hand schweres Gepäck. Plötzlich reißt der Henkel einer Tragetasche. Wie gerufen hält ein Taxi an, und der freundliche Fahrer hilft mir, das Gepäck im Kofferraum zu verstauen. Ich muss ihm mitteilen, dass ich leider kaum Bargeld bei mir habe. »Kein Problem!«, antwortet er, und fährt, damit der Betrag auf dem Taxameter nicht weiter ansteigt, auf dem letzten Stück des Weges rückwärts in meine Wohnstraße hinein.

Melanie Klein, Münster

 

Was mein Leben reicher macht

Vollgepackt mit Einkaufstüten laufen mein Freund und ich von der Tram-Haltestelle zu seiner Wohnung. Es regnet wie aus Kübeln, und wir teilen uns nur einen kleinen Schirm. Neben uns hält ein Auto, und eine Frau fragt, ob sie uns ein Stück mitnehmen kann. Wir lehnen dankend ab und gehen die letzten 200 Meter fröhlich durch den Sommerregen nach Hause.

Maike Hölscher, München

 

Was mein Leben reicher macht

Vor drei Wochen bin ich mit dem Fuß umgeknickt und gehe seither auf Krücken durch meinen Kiez. Immer wieder kommt es vor, dass mir wildfremde Menschen aufmunternd zulächeln, den Weg frei machen oder alles Gute wünschen. Gestern begegnete mir ein junger Mann, ebenfalls auf Krücken. Als wir auf gleicher Höhe waren, sagten wir beide gleichzeitig »Gute Besserung«. Ich kam danach nur langsam nach Hause: Ich musste immer wieder stehen bleiben, um zu lachen.

Florence von Bodisco, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Neulich als frisch Zugezogene in einem kleinen Dorf in Westfalen. Hektisch gehe ich aus dem Haus und will mit dem Auto zur Arbeit fahren. Erneut fällt mir auf, dass die Glocken mittwochmorgens anders läuten als an den anderen Tagen. Eine Dame mit Gesangbuch in der Hand geht vorbei, und ich frage sie. Ja, es sei immer Wortgottesdienst, mittwochs früh. Leider fehle mir jetzt die Zeit für Besinnliches, entgegne ich. »Fahren Sie vorsichtig!«, meint die Dame und fügt nach ein paar Schritten hinzu: »Wissen Sie was, ich bete einfach für Sie mit!«

Kirsten Reckeweg, Eikeloh

 

Was mein Leben reicher macht

Im Gespräch mit meinem fünfjährigen Enkel verwende ich einen Kraftausdruck, der mit »Sch« beginnt. Sagt Manolo: »Opa, das darf man doch nicht sagen! Nur im Auto!«

Frank Laier, Stuttgart