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Was mein Leben reicher macht

Der Laden war fast leer. Nur eine Kundin wurde bedient. Ich stellte ich mich in einiger Entfernung geduldig auf. Wenig später betrat eine weitere Kundin das Geschäft, ebenfalls im  Seniorenalter. Nach kurzer Wartezeit wandte sie sich an mich: »Haben Sie es eilig?« – »Nein.« – »Schön, nicht wahr?« Und strahlte.

Heinz Wolfermann, Darmstadt

 

Was mein Leben reicher macht

Ich hüte meine beiden Enkelkinder, 11 und 13 Jahre alt. Josefine und Robin haben seit Langem zwei Zwerghasen. Meine Tochter hat einen Zettel geschrieben und ihn auf den Tisch geklebt: »Hasen füttern nicht vergessen!« Am nächsten Morgen großes Geheule: »Omi, Pünktchen ist weg, mein Zwerghase!« Im Zaun war ein Loch! Wir suchen überall, auch mit der Hilfe der Nachbarn; das Häschen bleibt verschwunden. Ich mache mir Sorgen und überlege, ob ich ein Ersatztier beschaffen soll. Aber da hat Josefine schon kurz und bündig das n von Hasen weggestrichen.

Karin Klopfer, Dürnau

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Geburtstag. In Gedanken zieht mein vergangenes Jahr an mir vorüber. Ich frage mein Bruderherz, was für ihn das Bedeutsamste, Schönste in diesem Jahr war. Er überlegt und antwortet: »Dass du deinen Freund gefunden hast.«

Miriam Hoffmann, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Auf dem Rückweg von einem Vortrag, den ich halten durfte, sitze ich am späten Abend im ICE. Als Dank hatte ich einen üppigen Herbstblumenstrauß erhalten. Bis nach Hause schafft er es nicht, denke ich noch so. Mit mir im Abteil sitzt eine sehr junge Ordensfrau, die aus ihrem Jahresurlaub zurück ins Kloster fährt und am nächsten Bahnhof den Zug verlassen wird. Sie arbeitet im Hospizbereich. Tod, Tränen und zerschlagene Hoffnungen sind ihr Alltag. Als ich sie frage, ob ich ihr mit den Blumen eine kleine Freude machen dürfe, ist sie zunächst etwas verlegen. Als sie dann mit dem Blumenstrauß aussteigt und ich ihr beim Gepäck behilflich bin, küsst sie mich im Vorübergehen auf die Wange und lächelt. Am Horizont berühren sich Himmel und Erde eben doch!

Ferdinand Reelsen, Borchen

 

Was mein Leben reicher macht

Ein sechsjähriger Junge bringt sein Meerschweinchen mit zur logopädischen Therapie. »Mit Rotauge übe ich immer mein ›sch‹«, sagt er. »Kannst du ihm jetzt auch das Sprechen beibringen?« Bei so viel Vertrauen wird mir warm ums Herz.

Marita Behr, Kargow, Mecklenburg

 

Was mein Leben reicher macht

Meine drei Frauen: die vor Jahren Angetraute und unsere beiden Töchter. Beim Wachwerden nach der langen Operation ihre Hände zu spüren, ihre Stimmen zu hören.

Dieter Steves, Hürth

 

Was mein Leben reicher macht

50 Jahre lang habe ich als Mann gelebt und war es irgendwie nie so richtig. Wie ein Rad, das unrund läuft. Seit einigen Monaten lebe ich jetzt als Frau und bin endlich in meinem Leben angekommen. Zum ersten Mal kann ich sagen: »Ich bin glücklich.«

Manfred (demnächst Monika) Forster, München