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Was mein Leben reicher macht

Am Abend müde und abgekämpft nach Hause kommen und ein Päckchen aus Wien vorfinden. Inhalt: eine original Sachertorte, ein Fläschchen Sekt und ein Gruß von meiner lieben Freundin Maria.

Heidrun Becker, Zürich

 

Was mein Leben reicher macht

Beim Besuch meiner 90-jährigen Mutter gemeinsam mit meiner Frau Rommé zu spielen. Meine Frau stammt aus Indien, und Kartenspielen galt ihr bisher als Teufelswerk. Doch zu meiner Überraschung bat sie mich im vergangenen Jahr, ihr das Spiel zu erklären. So sitzen wir jetzt beisammen, und je nach Spielsituation ärgern wir uns, jauchzen wir oder bluffen – fast wie zur Kinderzeit.

Klaus Haller, Ostfildern-Kemnat

 

Was mein Leben reicher macht

An einem dieser goldenen Oktobertage wandere ich im Hochschwarzwald und bin so überwältigt vom Blick über Berge und Täler, dass ich mich prompt verlaufe. Ich frage die Bewohnerin eines einsamen Forsthauses, wo ich denn gelandet sei. Sie kocht mir erst einmal Kaffee und bringt mich dann mit ihrem Auto auf den richtigen Weg. »Man soll doch jeden Tag etwas Gutes tun«, erklärt sie mir strahlend, »und heut sind Sie dran!«

Elke Habel, Grenzach-Wyhlen

 

Was mein Leben reicher macht

Bob, assistant principal der Highschool, mit der uns ein Schüleraustausch verbindet, und drei Wochen lang mein fürsorglicher Gastgeber‚ ließ es sich nicht nehmen, mich persönlich zum Chicagoer Flughafen zu bringen. Mit englisch-trockenem Humor begabt und eher unamerikanisch spröde, sagt er zum Abschied »Goodbye« und – zum ersten Mal – »my friend«. Alle pathetischen »We’ll miss you« anderer Kollegen in Saint Charles habe ich tränenfrei als rituelle Kommunikation abgehakt. Aber Bobs Worte beschäftigen mich während des Rückflugs über sieben Zeitzonen hinweg.

Andreas Goletz-de Ruffray, Ammersbek

 

Was mein Leben reicher macht

Frühmorgens auf dem Weg zur Arbeit. Ungemütliches, graues Herbstwetter. Ich bemerke den missmutigen Fahrer einer kleinen Straßenkehrmaschine. Ein kleiner Junge beobachtet staunend, wie die Besen die Blätter aufwirbeln und zusammenkehren. Seine Augen leuchten, das ganze Gesicht strahlt, er lächelt
dem Fahrer zu. Dieser lächelt zurück und fährt eine kleine Extrarunde für ihn. Auch mein Tag hat etwas Sonne abbekommen.

Gabriele Wilms, Kiel

 

Was mein Leben reicher macht

Der Brotzeitmann! Jeden Tag, pünktlich um halb zehn, besucht er meinen Arbeitsplatz im Großraumbüro. Er hat belegte Semmeln, Birchermüsli, Brezeln und andere Leckereien dabei, mit denen sich ein Tag im Büro viel leichter überstehen lässt. Außerdem hat er immer Zeit für ein Schwätzchen, mal über privates, mal über die große Welt der Wirtschaft und Politik. Mit seiner fröhlichen Art und seinem guten Essen macht er meine Tage reicher.

Johannes Glas, Jena

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Mann und ich schlafen tief und fest, da krabbelt unsere sechsjährige Tochter ins Bett. Wir nehmen sie in unsere Mitte, kuscheln und sagen ihr, sie müsse aber ganz still sein, damit wir wieder einschlafen könnten. Das klappt nicht, sie ist wach. Wir sagen ihr, dass es Nacht sei und wir sehr müde seien. Da fängt sie an, für uns zu singen: LaLeLu, Guten Abend, gut Nacht, Schlaf Kindlein schlaf … Als wir am nächsten Morgen aufwachen, liegt auch unsere große Tochter mit im Bett. Sie ist zwölf.

Nina Soest, Wiehl

 

Was mein Leben reicher macht

Ich bremse scharf und fahre noch schnell an die Tankstelle. Wahnsinn, acht Cent billiger als gestern! Ich genieße das tolle Gefühl beim Gurgeln des einlaufenden Benzins und muss plötzlich lachen. Mir wird klar, dass nicht die 2,14 Euro mich reicher gemacht haben, sondern die Erkenntnis über mich selbst.

Beate van Kempen, Langenfeld