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Was mein Leben reicher macht

Der (vermutlich) türkische Vater mit etwa 5jährigem Sohn, der knapp vor mir mit einem Wagen voll leerer PET-Flaschen den Supermarkt betritt und zum Rückgabe-Automaten will. Er sieht die drei Flaschen in meinem Korb und sagt sehr freundlich: „Bitte, gehen Sie vor, Sie haben weniger.“

Anke Dipper, Harburg/Schwaben

 

Was mein Leben reicher macht

Am Morgen nach meiner ersten Chemotherapie um sieben Uhr die Laufschuhe schnüren und mit ei­nem guten Freund losjoggen. Wir sehen einen traumhaften Sonnen­aufgang, hören die Vögel, ich fühle den Wind auf den kurz geschore­nen Haaren. Wir laufen, reden, lachen und spüren nach neun Kilo­metern: Wir leben!
Ulrike Geßner, Worms

 

Was mein Leben reicher macht

Unser neuer Schrank für den Flur. An einem Samstagmorgen fahren wir nach Hamburg auf den Floh­markt, bereit, viel Geld für einen schönen alten Flurschrank aus­zugeben. Wir werden nicht fündig. Auf dem Rückweg zum Auto aber steht ein schöer alter Schrank auf dem Fußweg. An ihm klebt ein Zettel: »Ich muss hier schnell weg!« Grau gestrichen, beherbergt das alte Ungetüm nun unsere Mützen­berge. Vielen Dank!
Corinna Lappat, Elmenhorst

 

Was mein Leben reicher macht

Philipp Poisels Album Wo fängt dein Himmel an? höen, an meinen Freund Morten in Norwegen den­ken und mir sicher sein, dass sein Himmel weit genug reicht …
Friederike Rotberg, Marl

 

Was mein Leben reicher macht

Dass die Liebe die Bürokratie er­weicht hat. Nach monatelangem Papierkrieg mit Botschaften, Aus­länderbehörden, Arbeitgebern und Fluglinien bekommt mein Freund ein Schengen­ Visum. »Täschung, Fälschung, Verschleierung«, stand in den Gesichtern kubanischer und deutscher Bürokraten. »Hoffnung, Träume, Zukunft, Familien ken­nenlernen«, haben wir tausendfach geantwortet.
Denise Koch, Hannover

 

Was mein Leben reicher macht

Meine vier starken Frauen: Nina in der Ausbildung. Merle, für ein Jahr allein in Australien. Anna, auf dem Weg zum Abi. Claudia, die Liebe meines Lebens.
Michael Blohm, Tornesch

 

Was mein Leben reicher macht

Weltuntergangsstimmung und gro­ße Traurigkeit in diesem Jahr an meinem Geburtstag: Erdbeben, Tsunami, Atomunglück. Krieg. Doch drei ältere Damen mit so­ genannter geistiger Behinderung singen für mich ganz allein Lobe den Herren. Auch wenn mir das Lob Gottes gerade sehr fernliegt: Mir geht das Herz auf!
Inge Ostertag, Lübeck

 

Was mein Leben reicher macht

Noch vor ein paar Tagen hätte ich geschrieben: »Dass wir uns nach zehn gemeinsamen Jahren endlich trauen, unser geliebtes Hamburg für drei Jahre zu verlassen, um mit unserer wundervollen Tochter an die deutsche Schule nach Tokyo/Yokohama zu gehen.« Und jetzt die Ereignisse in Japan! Unser ganzes Mitgefühl gilt dem japanischen Volk und allen Betroffenen. Die Frage nach unserer persönlichen Zukunft rückt in den Hintergrund. Ich bin dankbar dafür, dass ich durch die emotionale Verbunden­heit zu meinem Mann gelernt habe, von den eigenen Lebensumständen abzusehen und wahres Mitgefühl aufzubringen, ohne die eigene Si­tuation bedauern zu müssen.

Sonja Clasing, Hamburg