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Was mein Leben reicher macht

Mein Enkel feiert seinen zwölften Geburtstag. Ich fahre ihn ausnahmsweise zur Schule, weil er so schwer beladen ist mit einer Kuchenbox voller Muffins – es duftet köstlich nach Schokolade! Ich: »So schade, dass die alle in die Schule sollen!« Er: »Keine Sorge, Oma, ich bewahr dir ein Muffin auf!« Ich lächle nur. Nachmittags, nach 60 Minuten Schulweg in U-Bahn und zwei Bussen, taucht mein Enkel vor meinem Fenster auf und schwenkt triumphierend die Box mit dem Schokomuffin: »Oma, hab ich es dir nicht versprochen?!«

Ute Reincke, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Gerade ist der vollste Mond des Jahres aufgegangen. Ich sehe ihn von meinem Fenster aus, als mein Telefon klingelt. Zu dieser nächtlichen Stunde kann es nur mein einstiger Lebenspartner – inzwischen vertrauter Freund auf 500 Kilometer Entfernung – sein. Ich hebe ab und sage nur: »Ich sehe ihn auch.« Nach 46 Jahren weiß man, wie der andere tickt.

Mechtild Becker, Pritzwalk, Brandenburg

 

Was mein Leben reicher macht

Auf dem Gehweg einer Wohnstraße entdecke ich eine Seniorin, die sich per Roller fortbewegt: Roter Lenker und kräftige Räder! Gut gelaunt wirft die alte Dame ihr Schwungbein vor und zurück. Als ich staunend stehen bleibe, ruft sie mir zu: »Wollen Sie auch mal fahren?« Ich – selbst bereits in den Siebzigern – setze zur Proberunde an: wunderbar!

Gerda Held, Oerlinghausen, Nordrhein-Westfalen

 

Was mein Leben reicher macht

Am Isarstrand baden, sich mit der Strömung treiben lassen, das kühle Nass genießen und am Strand Steine gucken. Dann treten mein Allerliebster und ich uns gegenüber – beide eine Überraschung hinter dem Rücken verborgen: Wir überreichen uns gegenseitig einen Herzstein, gleichzeitig und jeweils völlig unerwartet.

Anke von Skerst, Unterhaching bei München

 

Was mein Leben reicher macht

Hausaufgabenbetreuung im Allerweltshaus in Köln. Das Angebot ist freiwillig und vorwiegend für Kinder mit Migrationshintergrund. Leider interessieren sich Serhat, Furkan und Ufuk aber mehr für mein Privatleben als fürs Lernen. Ich versuche sie noch einmal zu animieren: »Nächste Woche ist Klassenarbeit! Bringt bitte mal eure Mathesachen mit.« Zu meiner Verwunderung sitzen in der Woche darauf alle drei mit ihren Unterlagen am Tisch. Serhat zeigt mir eine Nachricht, die er den anderen beiden ein paar Stunden zuvor geschickt hat: »Ey, der Typ, der immer Party macht, will, dass wir heute unsere Mathesachen mitbringen!« Wir haben es geschafft, uns eine Stunde auf Mathe zu konzentrieren. (Für Albernheiten war dann auch noch Zeit.)

Jannis Huhn, Köln