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Wiedergefunden: Urlaubserinnerung

Es war der erste Urlaub, den ich mit meiner Frau gemacht habe, 1955, vor mehr als einem halben Jahrhundert. Wir fuhren nach Garmisch-Partenkirchen, ich war gerade 24 Jahre alt. Kürzlich habe ich die Hotelrechnung wiedergefunden, und sie erinnert mich an eine schöne Zeit mit meiner Frau, die inzwischen leider verstorben ist. „Pension“ hieß damals, was heute „Vollpension“ ist, und der D-Mark-Preis auf der Rechnung galt für zwei Personen! Das zeigt einmal mehr, was aus unserem Geld geworden ist.

Heiner Burkhardt, Rieschweiler

 

Wiedergefunden: Titelmusik

Als ich noch ein Kind war, schauten meine Eltern häufig Die Sprechstunde mit Antje Kühnemann im Fernsehen an. Und ich war schon damals fasziniert von der Titelmelodie der Sendung. Aber ich wusste nie, um welches Stück es sich handelt oder gar, wer sie interpretiert. In den letzten Jahren dachte ich immer wieder mal an diese Melodie, bis ich auf die Idee kam, beim Bayerischen Rundfunk nachzufragen. Und tatsächlich schrieb man mir, es handle sich um die Pop-Fassung des Präludiums in C-Dur von Johann Sebastian Bach, interpretiert durch Raymond Lefèvre. Über das Internet fand ich einen Händler, bei dem ich die Platte antiquarisch kaufen konnte; es scheint keine CD-Version zu geben! Auch das Original-Präludium von Bach habe ich mir inzwischen gekauft, und beide Versionen haben mir ­ je nach Stimmung ­ schon viele Glücksmomente beschert. Die Sprechstunde nämlich hat mit ihrer Titelmelodie damals den Grundstein für meine Liebe zu klassischer Musik gelegt!

Katharina Zöller, Weilheim in Oberbayern

 

Wiedergefunden: Pole Poppenspäler

© Heinz Bielstein

Vor 50 Jahren habe ich die Novelle als Schüler gelesen – heute als Hobby-Buchbinder das Buch für Freunde restauriert.
Heinz Bielstein, Wiesbaden

 

Wiedergefunden: Mein Traumkleid

Beim Stöbern in einer alten Eichenholztruhe entdeckte ich zwischen vergilbten Zeitungen einen uralten Versandhauskatalog. Welch ein Schatz! Und beim Blättern, ich konnte es kaum glauben, fand ich auf Seite fünf unter dem Slogan „Schöne Tage – neue Moden“ mein Kleid! Meine Mutter hatte es damals für mich bestellt.

© Repro Versandhaus Leipzig

Erinnerungen wurden wach: Sommer 1958, die DDR, erst wenige Jahre alt, wollte etwas bieten. Das Angebot der Versandhäuser erschien riesig im Gegensatz zu den erbärmlichen Auslagen in den kleinstädtischen Läden. Ein heißer Sommer, eine Kleinstadt nahe der Zonengrenze, ein junges Mädchen, 15 Jahre alt, blond wie das Mädchen im Katalog, flaniert mit Freunden durch die engen, staubigen Straßen, möchte gefallen in dem neuen Kleid, blau-weiß mit weißem Lackgürtel. Ein Gefühl wie auf dem Catwalk. Ein wunderbar sattes Gefühl in einer entbehrungsreichen Zeit. Ein kleines Glück in einer Diktatur voller Widersprüche. Bilder, mit leichter Wehmut gezeichnet von einer inzwischen 66-Jährigen.

Ute Krauel, Köthen (Anhalt)

 

Wiedergefunden: Teddy Theo

Seit Jahren habe ich nach Theo gesucht. Das letzte Mal hatte ich ihn 1999 gesehen. Und ich wusste: Er ist da – irgendwo in den unendlichen Weiten des Dachbodens. Verkramt in einem Umzugskarton. Oder etwa doch nicht? Theo ist nicht irgendein Relikt meiner Kindheit, er ist der Inbegriff meiner Kindheit. Er ist der erste Teddy, den ich selber mit meiner Oma genäht habe. Meine Oma hatte Theo sogar einen Seemannsanzug gestrickt und ich habe diese pelzige, na ja, etwas schiefe Etwas dann Theo Lingen getauft.

Jahrelang saß Theo in meinem Bett und siedelte später dann auf’s Sofa über. Wie das so ist, wenn man älter wird. Aufgrund diverser Umzüge, Studium und Aufenthalte im Ausland wanderte Theo 1999, ich glaube es war im Oktober, in einen Umzugskarton. Nur in welchen? Mittlerweile sehe ich ja ein, dass es durchaus sinnvoll ist, diese zu beschriften. Irgendwann wollte ich Theo irgendwie wiederhaben. Meinen Theo! Aber ich konnte ihn nicht finden.

Am letzten Wochenende war ich dann zum Sonntagskaffee bei meinen Eltern zu Besuch. Und mir fiel ein, dass auf dem Dachboden noch einige Umzugskartons von mir standen. Und siehe da, das Glück ist oftmals ganz nah: Gleich im ersten Karton schaute mich ein etwas verstaubtes pelziges Etwas mit verwunderten Knopfaugen an: Theo!

Sonja Schröder, Lingen

 

Wiedergefunden: Türmerlied

Von meinem Vater habe ich einen Teil seiner zahlreichen Bücher geerbt. Noch habe ich davon nicht alle gelesen.
Aus einem, das ich mir kürzlich vornahm, fiel ein winziger, sparsamer Zettel heraus, auf dem in der engen Handschrift meines Vaters steht:

Ihr glücklichen Augen,
Was ihr je gesehn,
Es sei, wie es wolle,
Es war doch so schön!

Ich habe diese Zeilen wiedererkannt: Es ist die letzte Strophe des Gedichts Türmerlied von Johann Wolfgang von Goethe. Und zwanzig Jahre nach dem Tod meines Vaters sind diese Worte eine Botschaft an mich.
Mein Vater, der sein Leben trotz Kämpfen und Leid geliebt hatte, dann aber in Verwirrung und Depression gestorben ist, will mir mit dieser Ermahnung sagen: „Danke auch du für alles – trotz allem!“

Birgit Schicci, Lerici, Italien