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Zeitsprung: Gutes Rad

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Das linke Bild zeigt mich im Jahre 1953 auf meinem NSU-Fahrrad bei einem Fahrradrennen der katholischen Jugendgruppe. Die Wertung wurde damals in zwei Kategorien vorgenommen: Fahrrad mit und Fahrrad ohne Gangschaltung. Zu der Zeit war eine Gangschaltung ein teurer Luxus. Das Foto hat meine Söhne auf die Idee gebracht, mir zum 75. Geburtstag ein original NSU-Fahrrad aus der damaligen Zeit zu schenken! Auch wenn ich damit nicht mehr ganz so schnell flitze wie vor 60 Jahren, ist es mir inzwischen unentbehrlich für meine täglichen Einkaufsfahrten in die Stadt. Dort bin ich schon mehrfach auf mein »Schätzchen« angesprochen worden.

Klaus Breidenbach, Neuss

 

Zeitsprung: Gruppenbild mit Künstler

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Zu Besuch in Amsterdam, wollte ich im frisch renovierten Rijksmuseum Rembrandts Nachtwache von 1642 sehen. Leider war es mir unmöglich, alleine davorzustehen. Wenn man bedenkt, dass das berühmte Werk im 20. Jahrhundert gleich mehrmals Opfer randalierender Besucher wurde (zweimal wurde es mit dem Messer, einmal mit Farbe, einmal sogar mit Schwefelsäure attackiert), freut man sich natürlich, dass Gäste dort weiter in so großer Zahl willkommen sind. Allerdings mindert die Belagerung ein wenig den Kunstgenuss. Während ich also in der Menge anstand, kam mir die Idee, die Menschenmassen (inklusive meiner Person) ins Bild zu integrieren, um meinen Lieben zu Haus einen Eindruck zu vermitteln. Rembrandt hätte vermutlich nichts gegen meine Fotomontage einzuwenden gehabt, angeblich soll er sich im Hintergrund des Bildes ja auch selbst verewigt haben …

Jürgen Rajh, Graz

 

Zeitsprung: Brüderlein und Schwesterlein

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Als meine Enkeltochter vier Jahre alt war, bekam sie einen Bruder, den sie auf dem linken Bild liebevoll beäugt – vielleicht in der unbewussten Vorfreude, jemanden zu haben, über den sie bestimmen könne. Er setzte sich aber bald selbstbewusst zur Wehr, was beider Entwicklung sicher guttat. Als sie nach bestandenem Abitur für einige Zeit in die USA flog, entstand am Flughafen ein Abschiedsbild (rechts), das – wie ich finde – alles sagt.

Jürgen Wallenstein, Berlin

 

Zeitsprung: Bienenleben

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Wir sind Hobby-Imker und versuchen, unseren Bienen (30 000 Stück) in einem gepachteten Garten am Stadtrand von Ludwigsburg das zu bieten, was ihnen in der modernen Landwirtschaft fehlt: Raum und Vielfalt. Das linke Bild zeigt, wie meine Frau im Mai mit noch leeren Rahmen den Bienenstock einrichtet. Im Juli (rechte Aufnahme) ist er dicht besiedelt und auch schon mit Honig und Pollen gefüllt. Der Rauch, den man links im Bild sieht, dient dazu, den Fluchtreflex der Tiere auszulösen. Sie ziehen sich dann in den Stock zurück – statt die Imkerin anzugreifen. Ende August dann haben wir den Honig geerntet – 13 Kilo – keine schlechte Ausbeute nach der verregneten Obstblüte. Die Bienen bekamen zum Ausgleich reichlich Zuckerwasser, schließlich soll unser Volk im Winter nicht verhungern!

Michael Buob, Ludwigsburg

 

Zeitsprung: Diesmal ohne Blumen

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Im Sommer 1960 haben meine Mutter und mein Vater in Bad Marienberg im Westerwald geheiratet. Für unser alljährliches Familienwochenende sind wir (ihre drei Kinder) dieses Frühjahr mit unseren nun schon 85-jährigen Eltern nochmals dorthin gefahren, um mit ihnen in alten Spuren zu wandeln. Als wir uns die Kirche ansahen, kam zufälligerweise das Küsterehepaar vorbei und schloss sie für uns auf. Nach der Besichtigung hatten wir spontan die Idee, das Hochzeitsfoto nachzustellen. Gerade rechtzeitig: Zwei Tage später wurde die Kirche zur Renovierung eingerüstet.

Karin Weber, Kassel

 

Zeitsprung: Schullaufbahn

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Auf dem ersten Foto sehen Sie meine Frau Renate bei ihrer Einschulung im Jahre 1956. Sie steht vor ihrem Elternhaus – das auf dem Foto nicht zu sehen ist – auf der Straße namens Pastorsbusch in St. Tönis bei Krefeld. Im September 2012 habe ich meine Frau an ihrem letzten Schultag fotografiert – nach mehr als vierzig Jahren Lehrertätigkeit. Und zwar auch auf dem Pastorsbusch. St. Tönis heißt inzwischen Tönisvorst. Und statt der Schultüte hält meine Frau ihre Schultasche in den Händen.

Friedhelm Krist, Tönisvorst

 

Zeitsprung: Verdreht

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Schwammerlsuchen in der Steiermark. Den Blick geschärft – nicht nur für Pilze, sondern für alles, was im Verborgenen blüht –, sehe ich an einem Haus wunderschöne alte Metallbuchstaben: »Putzerei«. So heißt in Österreich die Chemische Reinigung. Vergilbte Scheiben verraten: Es war einmal. Im Gemeindeamt frage ich nach dem Hausbesitzer, und einen Anruf später bin ich im Tausch gegen einen Blumenstrauß und ein Kochbuch stolze Besitzerin von acht Buchstaben. Aber was mach ich jetzt damit? Es ist, als hätte ich vor lauter Eifer zu viele Schwammerln gesammelt. Ich lege, drehe und wende. Und mit einem Mal liegt sie vor mir: die pure Zeit.

Caroline Kleibel, Salzburg

 

Zeitsprung: Lutz aus Jößnitz

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Vor 51 Jahren standen mein Cousin Lutz und ich in festlicher Kleidung vor dem damaligen Kindergarten in Jößnitz bei Plauen. Den Blumenstrauß in meinem Arm hatte meine Tante zur Namensgebung ihres Sohnes Thors­ten binden lassen. Mein Vater und ich waren zur Familienfeier in die DDR gefahren. Meine Mutter konnte leider nicht dabei sein, weil sie zehn Jahre zuvor aus der DDR geflohen war. Das aktuelle Foto entstand, als mein Mann und ich meine heute 82 Jahre alte Mutter zum Klassentreffen nach Plauen chauffierten und wir uns mit unseren Cousins trafen. Lutz war gleich für die »Zeitsprung«-­Idee zu haben und besorgte sogar einen Blumenstrauß. Wie un­terschiedlich wir die Jahre zwischen den beiden Bildern doch erlebt haben!

Katrin Monauni, Tübingen

 

Zeitsprung: In Shanghai

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Das obere Bild zeigt meinen Großvater Oskar im September 1934 vor seinem Wohnhaus im französischen Viertel von Shanghai. Es muss heiß gewesen sein an diesem Tag. Seit 1906 lebte mein Großvater als Kaufmann in China, verließ Shanghai 1937 nach dem japanischen Einmarsch für immer, träumte aber bis zu seinem Tod im Jahr 1947 weiter von einer Rückkehr. Im vergangenen Jahr habe ich Shanghai besucht und mich – achtzig Jahre nach meinem Großvater – vor dem Haus fotografieren lassen. Und so gewaltig die Veränderungen in Stadt und Land auch sind: Das Haus im Art-déco-Stil ist das gleiche geblieben. Was mir durch den Kopf ging? Wie gut es uns als Enkelgeneration doch geht!

Rolf J. Langhammer, Flintbek

 

Zeitsprung: Sternenspuren

Beim Fotografieren fasziniert mich die Veränderung der Natur im Zeitablauf. Das Bild links habe ich im November 2011 an einem Bergsee in Tirol aufgenommen. Der Berg im Hintergrund ist die Hohe Salve. Die Wolken werden vom Licht der Stadt Wörgl beleuchtet. Das Bild rechts zeigt die Spuren der Sterne am Himmel rund um den Polarstern. Es entstand in den 150 Minuten nach der ersten Aufnahme durch eine Serie von Belichtungen im 30-Sekunden-Takt, die, übereinandergelegt, die Bewegungen der Himmelskörper dokumentieren.

Thomas Laiminger, Brixen, Österreich