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Was mein Leben reicher macht

Am Morgen mit der Schwebebahn zu meinem alten, neuen Arbeitsplatz zu schweben. Nach 18 Monaten als BuFDi in der Kinderbibliothek hatte ich das unerwartete Glück, dort als Bibliothekarin arbeiten zu können – und das mit 58 Jahren.

Anke Wirths, Wuppertal

 

Trügerische Hoffnung

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»Nur 168 Tage!« Diese Postkarte schrieb mein Onkel im Frühjahr aus dem Militärdienst in einer Kaserne im lothringischen Forbach an seine Familie in Erkrath bei Düsseldorf.

Es sollte anders kommen. Nach Ausbruch des Krieges kam er an die Westfront und starb bald darauf – wie es offiziell hieß – den Heldentod. Zuvor war bereits mein Großvater, Schneidermeister und Ernährer der Familie, verstorben. Meine Großmutter verlor kurzzeitig den Verstand und kam in die Heilanstalt Grafenberg. Das war vor ziemlich genau hundert Jahren, als der Rekrut Willi Kloft noch dachte, bald in die Heimat entlassen zu werden.

Hans Kloft, Bremen

 

Was mein Leben reicher macht

Ich bin gerade umgezogen. Und Lucy, die hiesige WG-Katze, hat mein Zimmer sogleich zum Lieblingsort erkoren. Eng angeschmiegt schläft sie jeden Abend mit mir ein und hinterlässt mir morgens ein Dutzend rot-weiße Haarknäuel auf schwarzer Garnitur. Es muss Liebe sein!

Elisabeth Schindler, Marburg

 

Buffer: Mein Wort-Schatz

Vor einiger Zeit fand ich auf dieser Seite den Beitrag aus Österreich, wo die Fußballfans (und wohl auch der Einsender selbst) hofften, dass die Stars ihre »Schussstiefel« anhaben würden. Ich erinnere mich, dass wir in Hamburg früher, wenn wir uns zum Bolzen trafen, fragten: »Hast du deine Buffer auch mit dabei?« Das waren noch Stiefel mit harten Kappen, wie sie heute die Sicherheitsschuhe haben.

Klaus-Detlev Voelcker, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Schachcomputer, der unlängst gegen mich aufgeben musste, obgleich ich das drohende Matt kaum hätte verhindern können. Den tragischen Schwächetod der Batterien im Gehäuseinnern erlaube ich mir grinsend zu verschweigen.

Dirk Honig, Flensburg

 

Was mein Leben reicher macht

Die Familie sitzt an Opas Geburtstagstafel. Er erzählt von einem intoleranten Mitmenschen, über den er sich geärgert hat. Mein Mann kommentiert das mit den Worten: »Nee, nee, die Welt ist schlecht!« Unsere siebenjährige Tochter, die in ihrem kurzen Leben bereits zwei Chemotherapien und eine Knochenmarktransplantation über sich hat ergehen lassen müssen, ruft empört: »Papa, das Leben ist schön!«

Manuela Jaeger-Riehm, Neuss

 

Zeitsprung: Auswanderer

Die Aufnahme links stammt aus einem für mich sehr kostbaren Familienalbum und zeigt meinen Großvater, Wilhelm Haslbeck, im Jahr 1935 in Buenos Aires, wohin er als junger Mann seiner Mutter gefolgt war. Meine Familie lebte eigentlich in Lengfelden bei Passau. Doch auf dem bayerischen Land war es für meine Uroma als ledige Mutter und ihren unehelichen Sohn nicht unbedingt einfach in den Jahren der Weltwirtschaftskrise. Deshalb ging sie nach Argentinien, wo sie sich als Dienstmädchen verdingte, und er kam nach, nachdem er zu Hause seine Schreinerlehre abgeschlossen hatte und arbeitete auf dem Bau. So konnten sie sich als Auswanderer endlich eine Existenz aufbauen. Tragischerweise fassten sie kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs den folgenschweren Entschluss, nach Passau zurückzukehren. Mein Großvater wurde daraufhin prompt eingezogen und kam ausgehungert und magenkrank aus dem Krieg zurück – wovon er sich nie mehr erholte. Das rechte Bild entstand am Bahnhof Retiro in Buenos Aires, als ich 2007 mit dem Album im Gepäck aufbrach, um mehr über den Großvater herauszufinden, den ich leider nicht kennengelernt habe: Er starb, als ich gerade ein halbes Jahr alt war.

Gwendolyn Windpassinger, Nizza