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Gemach: Mein Wort-Schatz

Durch unsere neue Französischkollegin wurde ich auf ein Wort aufmerksam, welches mir lange nicht begegnet war. Auf die Frage im Vorstellungsgespräch, wie sie sich bei Unruhe in einer Klasse verhalten würde, antwortete sie, es gebe im Deutschen doch die schöne Aufforderung gemach! Magali ist Französin, und es war wunderbar, gerade von ihr diesen Ratschlag zu hören, den wir in unserem hektischen Alltag sicher öfter befolgen sollten. Man kann sich das Wort gemächlich und gemütlich auf der Zunge zergehen lassen und fühlt sich gleich ruhiger. Vor allem das »m« klingt weich und fließend. Und so bezog sich das Substantiv Gemach ja zunächst auch auf einen behaglichen, bequemen Raum, in dem man in Muße dem Müßiggang frönen konnte.

Adelheid Herkenrath, Wuppertal

 

Gebraucht

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Ein Bild von einer der edlen Straßen Münchens, der Brienner Straße. Auch wenn sich hinter dem Angebot nur ein Gebrauchtkleiderladen verbirgt: Vielleicht wird gerade in dieser Straße mehr Liebe gebraucht, als wir ahnen.

Christiane Duin, München
Jakob Timmermann, Wolfenbüttel

 

Was mein Leben reicher macht

Bei jeder Vorstellung von König Lear am Burgtheater in der berührenden Schlussszene den grandiosen Klaus Maria Brandauer aus nächster Nähe zu erleben. Welch Freude und Privileg, Komparse zu sein bei diesem Glücksfall von Theaterkunst!

Harald Retschitzegger, Wien

 

Ridikül: Mein Wort-Schatz

Bei Theodor Fontane, den ich gerne immer wieder lese, habe ich vor langer Zeit und immer wieder das schöne, aber nicht mehr gebräuchliche Wort Ridikül eigentlich recht häufig gefunden. Es ist so fremd für uns, klingt aber so hübsch! Ich habe es in meinen eigenen Wortschatz bisher nicht aufgenommen, weil ich wohl mit etwas Unverständnis rechnen müsste, habe mich aber gefreut, jetzt in einem Kreuzworträtsel dieses Wort als Lösung für die Frage nach dem veralteten Wort für »lächerlich« gefunden zu haben.

Hermann Sander, Osnabrück

 

Zum Ball beim Kaiser

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In den Unterlagen meines Großvater fand ich kürzlich die Einladung an den jungen Leutnant zum kaiserlichen Ball im Berliner Stadtschloss im Januar 1899. Dazu heißt es im Begleitschreiben: »Die Vorfahrt ist … von der Schloßfreiheit her durch Portal Nr. 3 bei der gegenüber der Wache belegenen Höllen-Treppe.« Ich frage mich, ob es beim Wiederaufbau des Schlosses wieder eine Höllentreppe geben wird.

Adalbert Hoffmann, Telgte, Nordrhein-Westfalen

 

Was mein Leben reicher macht

Die Sonne brennt, der Himmel ist nur von ein paar Schäfchenwolken durchsetzt, und ich spüre den warmen Talwind im Nacken: Ich stehe mit dem Rücken zum Tal. Ich ziehe an den A-Leinen meines Gleitschirms. Er steigt hoch, ich kontrolliere die Kappe, drehe mich um, mache drei Schritte, bremse den Schirm an und – fliege. Nun habe ich viel Zeit, den dunkelblauen Atlantik mit seinen Schaumkronen, den Norden der Insel mit dem Vulkan La Corona und das verschlafene Dorf Arrieta zu betrachten, wo ich seit Jahren mit meiner Frau den Winter verbringe.

Berthold Bittkowski, Arrieta, Lanzarote

 

Kreuzfahrt

(nach Johann Wolfgang von Goethe, »Mignon«)

Kennst du das Schiff, die Meere pflügt es kühn,
Wo Geister, zahllos, sich um dich bemühn,
Wo selbst des Schiffes Schraube sich um dich nur dreht,
Ein Herr im Dinnerjacket auf der Brücke steht.
Man will dein Wohl.

Damit! Damit
Den Alltag du vergisst vor Hua Hin.

Kennst du sein Reich? Eng, schwankend. Mach
Dir nichts vor: Kabinen hundertfach!
Dein Leid fängt oft mit sanftem Rollen an,
Wenn die Zyklone sich von Weitem nahn
Dem abgelegensten Atoll.

Dahin! Dahin
Die Zeit, da lockend noch die Sonne schien.

Kennst du den Gast? Im Deckchair liegt er träg,
Von Backbord tönt die Bordkapelle schräg,
Sein Cocktailglas ist leer – er voll Entdecker-Mut:
Vom Abenteuer-Feuer noch ein Rest an Glut.
Cheers, Prost und Skål!

Dafür! Dafür
Kann man doch mal sein Konto überziehn!

Kurt Wagner, Bonn