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Was mein Leben reicher macht

Wenn ich abends im Sessel bei einem Glas Rotwein Anna Karenina lese, meine Mieze Meyer es sich auf meinem Schoß bequem macht und vor Wohlbehagen schnurrt und schnurrt und schnurrt…

Felix Krusen, Bonn

 

Nature morte

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Was macht Edvard Munchs Gemälde Der Schrei so be­sonders? Es ist das Elend der Menschenseele, das uns von der Leinwand aus anspringt. Ich musste daran denken, als ich bei einer Wanderung in Südtirol diesen Baumstumpf sah. Expressionismus pur, gefunden in der Natur.

Holger Hahn, München

 

Was mein Leben reicher macht

6.30 Uhr – unerbittlich klingelt mein Wecker. Das Signal für unseren Kater Felix. Er springt ins Bett, kuschelt sich in meinen Arm, und wir träumen zusammen zehn Minuten in den Tag hinein. Was für ein wohltuender Start in jeden neuen Tag!

Monika Rohde, Fuldabrück, Hessen

 

Selbst gemacht

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Jeder besitzt einen Schneebesen und darüber hinaus meist noch verschiedenste elektrische Rührgeräte. Aber einen Quirl? Ich habe einen, und zwar einen selbst gebastelten! Meine Großmutter, die zwei Weltkriege durchlitt und ihr Leben lang sparen musste, machte mir vor, wie das geht. Wenn der Weihnachtsbaum ausgedient hatte, schnitt sie seine Spitze ab, kürzte den obersten Astkranz und entfernte vom Rest fein säuberlich die Rinde. Übrig blieb glattes, hartes Holz – perfekt geeignet zum Eierquirlen. Das selbst ge­baute Kochwerkzeug ist zwar selten im Einsatz, aber als Erinnerung an meine kreative Oma aus meiner Küche nicht wegzudenken.

Ingetraut Seidler, Weil am Rhein, Baden­-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Der fremde Mann, der mir in einem Münchner Kaufhaus verschwörerisch zu­ raunt, ob ich einen Gutschein möchte. »Nein!«, wehre ich gewohnheitsmäßig ab. Er habe nichts gefunden, sagt er und drängt mir schließlich seine Gutschrift auf – die die Stiefel für meine Tochter um ein ganzes Stück erschwinglicher werden lässt.

Jenny Jost, Tübingen

 

Fasten

(nach Gottfried Benn, »Astern«)

Fasten, quälende Tage
nichts als Möhren, Broccoli, Lauch.
Mutig besteig ich die Waage,
doch nur grammweise schmilzt mein Bauch.

Noch einmal möchte ich werden
so schlank wie zur Konfirmation.
Nie mehr brat ich mir auf den Herden
Steaks in Holzfällerportion.

Noch einmal die ersehnten
Weine aus Baden oder vom Rhein,
die mich immer verwöhnten –
ich schenke sie heimlich mir ein.

Noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewissheit wacht:
Vorsätze, vor allem die guten,
überleben kaum eine Nacht.

Wolfgang Hauger, Leinfelden­-Echterdingen

 

Hirnscherben: Mein Wort-Schatz

Mein Wort­-Schatz ist mir in einem Hör­buch von Siri Hustvedt begegnet, der Begriff lautet: Hirnscherben. In der Geschichte geht es um eine Frau, die von einem Schicksalsschlag aus der Bahn ge­worfen wird. Rückblickend beschreibt sie das Durcheinander in ihrem Kopf, die unsortierten Gedanken mit just die­sem Begriff »Hirnscherben«. Ein treffen­des, ein in den Ohren klirrendes Wort, wie ich finde, für die bedrückende Empfindung, keinen klaren Gedanken fassen zu können.

Es steht jedoch auch für viele fragile Ge­danken, Bilder und Worte, die es wieder zusammenzusetzen gilt. Und vielleicht trauen wir uns sogar und fegen in der einen oder anderen Situation die Scher­ben einfach weg und machen den Weg frei für etwas Neues.

Corinna Andres, Neulussheim, Baden­Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Wir sitzen im Kreis. Ich führe die Subtrak­tion ein und habe den Eindruck, dass die Kinder alles gut verstehen. Auf meine Frage »Wer von euch möchte denn nun eine Minus­-Rechengeschichte erzählen?« meldet sich Joel. Erwartungsvoll nehme ich ihn dran. Er sagt: »Frau Lang­-Petroll, du hast heute sooo ein schönes T­-Shirt an.« Bestätigung von allen Seiten! So was erlebt man nur im ersten Schuljahr!

Ellen Lang-Petroll, Riedstadt, Hessen

 

Vergangenheitsbeseelt: Mein Wort-Schatz

Immer wieder höre ich ältere Menschen darüber jammern, dass früher alles besser gewesen sei. Diese Vergangenheitsbeseelten leben häufig im Saft der Erinnerungen. Man möchte ih­nen zurufen: Nutzt die Energie für das »Heute« und wehrt euch gegen Unrecht!

Wolfgang Schüler, Hameln

 

Was mein Leben reicher macht

In der Nacht vom Bahnhof nach Hause laufen, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Zeit, um den Blick und die Gedanken nach oben zu wenden. Die Antwort? Sterne.

Anika Spuhl, Speyer