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Was mein Leben reicher macht

Am Sterbebett meiner Mutter versuchte ich zu scherzen: »Du darfst nicht gehen, ohne dein Käsekuchenrezept zu verraten.« Meine Mutter lächelte ganz fein, konnte aber nicht mehr sprechen. Ein paar Tage später fand ich in ihrem Nachlass ein kleines handgeschriebenes Büchlein – darin auch ihr Käsekuchenrezept.

Ute Kretschmer-Risché, Rastatt

 

Selbst gemacht

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Hier in Hessen, aber auch in anderen Gegenden Deutschlands, werden zurzeit Äpfel zu einem hochwertigen Flüssigprodukt veredelt. Ob dies nun Most, Äppler, Vietz oder Stöffche genannt wird: der Herstellungsprozess ist immer ähnlich. Die Äpfel – möglichst viele verschiedene Sorten – waschen, mahlen, pressen und den Saft behutsam vergären. Während der Gärung ist er durch die Hefe trüb. Unser Wein wird üblicherweise bis Weihnachten gelagert (bis dahin hat er sich geklärt) und am Heiligabend erstmals verkostet. Auch wenn man sich, wie ich als Zugereister, an den Geschmack erst gewöhnen muss, an heißen Abenden im Sommer gibt es nichts Besseres als hausgemachten Apfelwein – wenn er denn nicht vorher weggetrunken wurde.

Johannes Albrecht, Wöllstadt, Hessen

 

Was mein Leben reicher macht

Texel 2013 mit Tina. In der Nacht liegt sie neben mir, einem Engel gleich. Ich kann nicht schlafen und schaue sie über Stunden an. Ich streichele ihr Haar, ihre Stirn. Am Morgen wacht sie auf, blinzelt mich an und fragt verschlafen: »War was?« – »Nein. Alles okay.« Es war eine der schönsten durch- wachten Nächte meines Lebens, denn ich hatte ein lebendes Gemälde neben mir. Den Menschen, den ich (55 Jahre) schon sooooooo lange liebe.

Sven Kliemann, Zeven, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Der Regenbogen, den ich an einem grauen Herbsttag vor einer Wolkenlücke entdecke. Sein Ende scheint das Dach der Uni-Bibliothek Dresden zu berühren, zu der ich gerade unterwegs bin, um an meiner Bachelor-Arbeit zu schreiben.

Eva Thieme, Pesterwitz, Sachsen

 

Grab der Urgroßtante

Im Jahr 1882 wanderte die 20-jährige Magdalena Drexler aus dem damals bettelarmen Dorf Bischoffingen am Kaiserstuhl in die USA aus. Dort heiratete sie 1887 den ebenfalls aus Süddeutschland stammenden Metzger Georg Gutjahr und er- öffnete mit ihm zusammen eine Fleischerei in New York – die allerdings nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgegeben werden musste.

131 Jahre nach der Ausreise nun der erste Besuch eines Verwandten aus der alten Heimat: Es war ein sehr bewegender Moment, als ich nach längerer Suche in Morristown, New Jersey das Grab meiner Urgroßtante fand.

Paul Sacherer, Gottenheim, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Bei plötzlich schleusenartigem Regen stehe ich mit meinem Einkaufswagen am Ausgang des Supermarktes. Neben mir ein mir unbekannter Herr. Während ich weiter auf das Nachlassen des Regens warte, geht er zum Parkplatz, kommt mit zwei Schirmen zurück, begleitet mich zu meinem Auto und wartet, bis ich meinen Einkauf verstaut habe. Wo findet man noch solche Kavaliere?

Gabriele Schaider, Bensheim, Hessen

 

Karriereleiter

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Dieses Bild knipste ich kürzlich bei einer Spaziertour durch Berlin. Es handelt sich um den Treppenaufgang der Humboldt-Uni – mit Warnhinweisen für aufstiegsorientierte Nachwuchsakademiker.

Harald Michelbach, Nordheim, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

16,3 Festmeter Langholz Buche! Erst ein eindruckvoller Berg; jetzt in wochenlanger Arbeit gesägt, gespalten, aufgeschichtet und abgedeckt. Und mein inzwischen 88 Jahre alter Vater war bei all der Arbeit unermüdlich dabei!

Helmut Müller, Albstadt

 

Was mein Leben reicher macht

Mit meiner zweijährigen Tochter in Fantasiewelten zurückzukehren – dank meiner Eltern, die alle unsere Kinderbücher 30 Jahre lang aufbewahrt haben!

Stephanie Fernandez Lesage, München