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Bulekater: Mein Wort-Schatz

Nasebohrend saß unsere Enkelin uns, den Großeltern, gegenüber, und auf die Frage: »Hast du einen Bulekater?« antwortete sie spontan ganz empört: »Nein!« Klang ihr das Wort zu schlimm, oder kannte sie es möglicherweise gar nicht? Wer benutzt diesen originellen Ausdruck für »Popel« schließlich noch? Wir!

Ob Bullekater, Pulekater – für uns ist’s der Obige!

Helga und Matthias Puck, Lübeck

 

Tüte mit Erinnerungswert

Beim Einkauf in einem alteingesessenen Geschäft für Saatgut in Wismar zauberte mir die Verpackung spontan ein breites Lächeln ins Gesicht. Fast ein Vierteljahrhundert nach der Wende erhielt ich dort eine Papiereinkaufstüte aus der ehemaligen DDR. Sofort wurden Kindheitserinnerungen wach, zum Beispiel an Brötchen, die nur fünf Pfennige kosteten und die wir immer in diesen Tüten nach Hause trugen. Die wie frisch aus der Fabrik wirkende Tüte erhält einen Ehrenplatz an meiner Küchenpinnwand!

Manuela Bolze, Wismar

 

 

Was mein Leben reicher macht

Am Isarstrand baden, sich mit der Strömung treiben lassen, das kühle Nass genießen und am Strand Steine gucken. Dann treten mein Allerliebster und ich uns gegenüber – beide eine Überraschung hinter dem Rücken verborgen: Wir überreichen uns gegenseitig einen Herzstein, gleichzeitig und jeweils völlig unerwartet.

Anke von Skerst, Unterhaching bei München

 

Memento mori

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Der Vater eines guten Freundes verstarb sehr plötzlich in Italien an einem Herzschlag. Glücklicherweise konnte ich kurzfristig hinreisen, um an der schönen, wenn auch traurig stimmenden Beerdigung teilzunehmen.

Vor dem Rückflug entdeckte ich in Bergamo dieses Graffito, das prägnanter die Reise und das Leben nicht hätte beschreiben können.

Johanna Mirring, Berlin

 

Ausgefuchst: Mein Wort-Schatz

Ein außergewöhnliches, obgleich schlichtes Wort ist ausgefuchst. Es ist nämlich fast so vielseitig wie das englische Wort cool. Im Normalsprech könnte man es zunächst mit den Begriffen »schlau«, »clever«, »listig« und »intelligent« übersetzen. Aber eigentlich ist »ausgefuchst« auch damit unzureichend beschrieben.
Denn erstens versprüht es einen unglaublichen Charme und Witz – egal, in welcher Situation – und besitzt damit auch einen hohen Ansteckungswert. Zweitens ist ein ironischer Gebrauch leichter möglich als bei dem Attribut »schlau«. Drittens kann es Bewunderung für schlaue, eben ausgefuchste Handlungen oder Menschen kundtun, ohne schleimig zu wirken.

Philip Dingeldey, Hersbruck, Mittelfranken

 

Was mein Leben reicher macht

Hausaufgabenbetreuung im Allerweltshaus in Köln. Das Angebot ist freiwillig und vorwiegend für Kinder mit Migrationshintergrund. Leider interessieren sich Serhat, Furkan und Ufuk aber mehr für mein Privatleben als fürs Lernen. Ich versuche sie noch einmal zu animieren: »Nächste Woche ist Klassenarbeit! Bringt bitte mal eure Mathesachen mit.« Zu meiner Verwunderung sitzen in der Woche darauf alle drei mit ihren Unterlagen am Tisch. Serhat zeigt mir eine Nachricht, die er den anderen beiden ein paar Stunden zuvor geschickt hat: »Ey, der Typ, der immer Party macht, will, dass wir heute unsere Mathesachen mitbringen!« Wir haben es geschafft, uns eine Stunde auf Mathe zu konzentrieren. (Für Albernheiten war dann auch noch Zeit.)

Jannis Huhn, Köln

 

iDings

(nach Hermann Hesse, »Stufen«)

Wie jedes Handy lauscht und jedes Knistern
geortet wird, fließt jede kleine Bitte,
fließt unser Reden auch und unser Flüstern
ins Cybermeer und wird dort ewig lauern.
Es muss der Mensch bei jedem seiner Schritte
bereit zum Abschied sein und seine Daten
in cooler Tapferkeit und ohne Trauern
zu schonungslosem Nutzen weitergeben.
In jedem iDings nisten gute Paten,
die uns beschützen vor dem eignen Leben.

Wir wollen unser Sein mit allen teilen,
uns tief ins kollektive Treiben mengen,
das Weltnetz will nicht fesseln uns und engen,
es will nur hören, kennen, wissen, peilen.
Kaum dass wir störrisch uns ins Ich versenken
und schweigen, jeder Fehltritt wird uns lehren:
Nur wer bewusst beim Geben ist und Schenken,
wird misslicher Gefahren sich erwehren.

Wir werden auch in unsrer Todesstunde
noch Bilder, Postings, Smileys twitternd senden,
denn Orwells Ruf an uns wird niemals enden …
Mach weiter, Mensch, gib alles und gesunde.

Oliver von Flotow, Aurachtal, Bayern

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn meine Freundin und ich als Betreuer einer Kinderfreizeit den Vierjährigen zuhören. Etwa wenn der Satz fällt: »Komm, wir spielen was – ich bin ein Ritter.« Und die Antwort der Spielkameradin lautet: »Okay – und ich bin deine Oma.« Es muss nicht alles logisch sein.

Tobias Reinecke, Backnang

 

Grashüpferhupf: Mein Wort-Schatz

Vor einigen Tagen habe ich einem Grashüpfer das Leben gerettet. Er war im Garten in die Wasserschüssel für meine Katzen gesprungen, und da wäre er allein wohl nicht mehr herausgekommen. Der Dichter Joachim Ringelnatz hätte ihm wahrscheinlich geraten, es mit einem Grashüpferhupf zu versuchen, wie in einem seiner Gedichte: »Und lass deine Melodien lenken von dem freigegebenen Wolkengezupf. Vergiss dich. Es soll dein Denken nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.«

Mit diesem Satz wollen wir in den Sommer hüpfen.

Walter Horka, Tulln, Österreich