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Cellophanpapier: Mein Wort-Schatz

Kürzlich hat Ansgar Book hier über das Stanniolpapier geschrieben. Seither geht mir das Cellophanpapier meiner Kindertage nicht mehr aus dem Sinn. Wir Fünfziger-Jahre-Kinder sind mit wenig aufgewachsen und haben die seltenen Bonbonpapierchen leidenschaftlich gesammelt, sorgfältigst geglättet, gefaltet und in Streichholzschächtelchen aufbewahrt. Diese Bonbonumhüllungen waren aus Cellophanpapier. Mit ihrer Hilfe wurde unsere kleine Welt ganz bunt.

Hanne Langen, Much, Bergisches Land

 

Was mein Leben reicher macht

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Homo-Ehen steuerlich gleichgestellt werden – und meine Kolleginnen bei der Arbeit (evangelische Kirche!) freuen sich offen und ehrlich mit mir. Abends dann gehe ich mit meiner Frau spazieren, zwischen uns unsere achtjährige Tochter. Wir sind Familie!

Karin Siebert, Bielefeld

 

Was mein Leben reicher macht

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Homo-Ehen steuerlich gleichgestellt werden – und meine Kolleginnen bei der Arbeit (evangelische Kirche!) freuen sich offen und ehrlich mit mir. Abends dann gehe ich mit meiner Frau spazieren, zwischen uns unsere achtjährige Tochter. Wir sind Familie!

Karin Siebert, Bielefeld

 

Was mein Leben reicher macht

Der morgendliche Blick aus dem Schlafzimmerfenster in Richtung Fahrradschuppen: Aus dem Nest, in dem vorgestern noch drei verlassene Eier lagen, ragt steil der Schwanz einer Amsel. Sie brütet doch!

Anne Schumann, Mainz

 

Was mein Leben reicher macht

Bügeleisen ausschalten. Wäsche stehen lassen. Ins Dachgeschoss verschwinden. Amateurfunkanlage einschalten und der »Musik« der Morsezeichen aus aller Welt lauschen. Weit entfernte Station hören. Morsetaste anschließen und senden. Verbindung zustande bekommen. Ein neuer Kontakt – vielleicht ein neuer Freund. Die Welt im Dachgeschoss haben: ein Gefühl von Weite und Freiheit.

Harald Harders (DJ2II), Bremen

 

Nu: Mein Wort-Schatz

Ein in der Dresdner Gegend geläufiges und beinahe universell einsetzbares Wort ist die Partikel »Nu!« (mit breitem, kurzem u). Dazu ein Beispiel, erlebt neulich in der S-Bahn: Die Schaffnerin kontrolliert die Fahrkarten. Ein Jugendlicher mit iPod- Stöpseln im Ohr beginnt, während sie vor ihm steht, in aller Ruhe alle seine Taschen nach der Fahrkarte abzusuchen, bis er sie schließlich findet und ihr hinhält. Sie wirft einen langen Blick darauf und entgegnet in einem Tonfall, worin Gutmütigkeit, leichtes Genervtsein und doch viel Gleichmut mitschwingen, nichts als: »nu!« Mit diesem einen Wort war alles gesagt: »Danke, die Fahrkarte ist in Ordnung. Das hätte schneller gehen können. Beim nächsten Mal nicht so weit wegpacken!« Aber wo könnte man es ökonomischer ausdrücken als in Dresden, womöglich kombiniert mit den nicht minder originären »ni« (Verneinung) und »nor« (Rückversicherung)? Dann hätte die volle Antwort der Schaffnerin geheißen: »Nu, awwor nähschdes-Mah ni so lahm, nor?«

Christian Quinque, Leipzig

 

Was mein Leben reicher macht

Das immerfort öde, armselige, fantasielose Phrasengedresch, mit dem Regierungen unterschiedslos ihre Hilflosigkeit zu kaschieren versuchen. Es tut mir wohl, weil es mein bescheidenes Sein im Vergleich zu unheimlicher Größe hebt.

Hermann Polz, Wien

 

Zeitsprung: Ein Haus in Afrike

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Äthiopien, ach, Äthiopien! Das Land, in dem ich als Sohn eines Kaffeehändlers geboren wurde und die ersten sieben Jahre meines Lebens verbrachte, hat mich immer fasziniert, interessiert und gefesselt. (Das Bild von damals zeigt mich zwischen meinem Bruder und meiner Mutter.) Nach über 40 Jahren war es schließlich so weit: ich reiste wieder nach Addis Abeba und fand sogar unser altes Haus wieder. Vieles hat sich seitdem verändert: Das Haus ist jetzt die Zentrale einer Logistikfirma. Der Garten wurde der Straßenverbreiterung geopfert, und die Türen und Fensterläden sind nicht mehr grün, sondern blau. Geblieben ist aber die vertraute Struktur der Steine. Und die Treppe mit dem breiten Absatz.

Ion Linardatos, Hamburg

 

Die Kritzelei der Woche

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Deutschunterricht, Dienstagvormittag. Impression, Analyse, Interpretation – Gedichte können sehr trocken sein. In solchen Momenten greift man doch gerne zum Kugelschreiber und lässt seiner Fantasie freien Lauf. So ging es mir zumindest, und das kam dabei heraus.

Enya Buchner, Forchheim