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Das ist Mein Ding

Den Duft von frisch gemahlenem Bohnen­kaffee verbinde ich mit Kindheitserinne­rungen in den Sechzigern: Es roch nach Wochenende, denn unter der Woche gab es nur »Muckefuck«, den Getreidekaffee. Irgendwann wich unser Ding dem tech­nischen Fortschritt, doch es bereicherte wenige Jahre später das Inventar meiner Kochnischen in diversen Studentenbuden und schließlich meine erste eigene Küche nach dem Studium. Eine Renaissance erlebte mein Ding im Kaufladen unserer drei Töchter. Heute genießen wir jeden Tag Bohnenkaffee, dafür aber biologischen Kaffee und fair gehandelt!

Sigrid Heuer, Vallendar bei Koblenz

 

Was mein Leben reicher macht

Der fürsorgliche Inhaber der »smoke & coffee corner«, wo ich meine Fahrkarten für den Zug zur Arbeit kaufe. Herr Schwai­zer hat die Uhr einige Minuten vorgestellt, damit seine Gäste, die einen Kaffee bei ihm trinken, ihren Zug pünktlich erreichen.

Helga Gülzow, Bremen

 

Was mein Leben reicher macht

Zwanzig Wochen waren wir mit unserem dritten Kind, dem kleinen Axel, schwanger und mussten ihn im September doch wie­der hergeben. Erschüttert und voller Trau­er waren wir und sind wir es noch immer, und dann zu Weihnachten in der Kirche: Ein fast einjähriges Kind neben mir und Oh du fröhliche!. Es zerriss mir fast das Herz. Zu Hause war ich gerade dabei, tränenreich abzustürzen, als es plötzlich an der Tür klingelte. Eine Nachbarin und Freundin kam herein, fröhlich und ein wenig ungestüm. Setzte sich an unseren Tisch und las uns ein Tannenweihnachts­gedicht von James Krüss vor. Wir lachten miteinander, und dann ging sie wieder.

Daniela Berninger, Jesserndorf, Unterfranken

 

Neujahrswünsche

(nach Joseph von Eichendorff, »Weihnachten«)

Nimmermehr vor Neid erblassen,
Heiterkeit in meinem Haus,
Freunde aller Altersklassen,
Anteilnahme statt Applaus.

Radeln schon im Morgengrauen,
Treuepunkte – Trübsal nicht,
Weitsicht, statt auf Sand zu bauen,
Cha­Cha­Cha bei Kerzenlicht.

Locker bleiben – nicht versauern,
Sommerwetter wie bestellt,
Rum mit Tee bei Kälteschauern,
Kölsche Tön’ bis Bielefeld.

Kuschelige Strandkorbplätzchen,
Sergeant Pepper’s Ohrenschmaus,
Wohldosierte Urlaubsschwätzchen,
Alltagsfreuden, Schluss, Punkt, aus!

Vincenz Keuck, Oerlinghausen

 

Was mein Leben reicher macht

Ich erzähle meiner fünfjährigen Nichte, dass ich zu Gast auf einer Hochzeit sein werde. Sie: »Wie heißt die Braut?« Ich: »Es gibt keine Braut, nur einen Bräutigam und noch einen Bräutigam. Es können ja auch zwei Jungs heiraten, weißt du?« Sie: »Ja, weiß ich. und zwei Mädchen auch!« Was bin ich froh, in dieser Zeit und in diesem Land zu leben!

Daniela Jakob, Stuttgart

 

Tausendsassa: Mein Wort-Schatz

Tausendsassa habe ich in letzter Zeit kaum noch gehört. Darunter verstand man umgangssprachlich einen Schwerenöter, einen Teufelskerl. Oder auch einen leicht­ sinnigen Menschen, ebenso wie einen Al­leskönner und Mordskerl. Für mich ist es ein Mensch mit vielen Begabungen. Und dieser Mensch kann männlich oder weib­lich sein. Ich finde, der Klang des Wortes »Tausendsassa« drückt schon die Kraft dieses Menschen aus.

Jürgen Bischof, Köln

 

Was mein Leben reicher macht

Lang ersehnter Regen über Jerusalem. Ich leiste hier seit vier Monaten Zivildienst im Österreichischen Hospiz. Auf der Veranda stehe ich im Trockenen und sehe zu, wie die Luft gewaschen wird. Raed, ein arabi­scher Kollege, tritt zu mir und sagt auf Deutsch: »Jetzt ist das Wetter richtig schön! Schau, wie schön es ist!«

Kilian Mehl, Jerusalem

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Frau, die dem alten Dorfschmied einen politisch gar nicht korrekten Werk­stattkalender – »so richtig mit Frauenslüüd unn so« – für mich abgeschnackt hat.

Erni Udlinger, Ihlienworth, Niedersachsen

 

Haudegen: Mein Wort-Schatz

»Komm her, alter Haudegen!« So for­derte mich kleinen Knirps mein Opa in den frühen fünfzigerer Jahren immer zu unseren Ring­- und Kitzelkämpfen auf. Dabei war er selbst einer, fast 90 Jahre alt, mit wucherndem Vollbart und einem Ohr­ring aus Flussgold wie ein Pirat. Wie aus einer ursprünglichen Hiebwaffe die Be­zeichnung für einen mutigen erfahrenen Kämpfer geworden war, darüber machte er sich wahrscheinlich keine Gedanken.

Peter Mandery, Limburgerhof, Rheinland­-Pfalz