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Was mein Leben reicher macht

Mein Nachbar, ein älterer Herr, der sich bei meinem Mitbewohner erkundigt, ob es mir denn gut gehe. Er habe mich schon so lange nicht mehr gesehen oder Klarinette üben hören. Das nächste Mal werde ich es ihm sagen, wenn ich länger außer Haus bin, damit er sich keine Sorgen macht.

Karolin Schröer, Freiburg

 

i-Dötzchen: Mein Wort-Schatz

Heutzutage treten die Sechsjährigen als Abc-Schützen oder als Schulanfänger in die Grundschule ein. Den fast zärtlichen Namen i-Dötzchen, der aus meiner Kindheit im Bergischen Land stammt – als das Schulleben mit Schiefertafel und Griffel begann –, habe ich bis jetzt nicht vergessen.

Karl-Josef Mewaldt, Buxheim (Schwaben)

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Helfer in der Not, der heldenhaft hinter meinem davongaloppierenden Pferd herrannte, es in einer Kurve überholte, sich vor das Tier stellte und es zum Stehen brachte!

Mira Bettels, Alheim, Hessen

 

Internationale Küche

Wir flanierten über die Promenade von Binz auf Rügen. Stimmengewirr, da schnappte ich die Worte einer älteren Dame auf. »Überall diese ausländischen Wörter«, beschwerte sie sich, »was bitte ist denn ein Kaffee togo?« Im Vorübergehen hatte die Gute das Schild »Kaffee to go« wohl falsch interpretiert. Seither gönnen wir uns immer wieder einen leckeren Kaffee togo!

Julia Panke, Kerpen

 

Was mein Leben reicher macht

Besuch bei meinem Arzt. Auf meiner Karteikarte entdeckt er, dass ich gerade Geburtstag hatte. Da holt er eine Gitarre aus dem Schrank und beginnt, Happy Birthday zu singen. Eine Geste, die nicht über die Krankenkasse abgerechnet werden kann, aber viel zu meinem super Blutdruckwert beigetragen hat …

Renate Müller, Hildesheim

 

Was mein Leben reicher macht

Dass ich für meine alte Espressomaschine eine neue Dampfdüse gefunden habe, in einer winzigen Reparaturwerkstatt, ohne die Artikelnummer zu kennen. Jetzt gibt es wieder den perfekten Cappuccino.

Wolfgang Klein, Hamburg

 

Strandtag

(Nach Christian Friedrich Hebbel, »Herbstbild«)

Dies ist ein Strandtag, wie ich keinen sah!
Die Luft steht still, sogar am Wassersaum,
Und dennoch strömt von fern und nah
Die Badeschar in diesen Meeresraum.

Der Parkplatz voll, die Taschen schwer,
die Parkuhr klemmt, das ist nicht fair.
Die Treppe steil, sie führt zum Meer,
Da stapft hinauf ein Menschenheer.

Die Leiber liegen dicht bei dicht,
Ein Fleckchen frei? Wohl eher nicht.
Erschöpft sinkt Mutter in den Sand,
Vater ist stolz, weil er dies Plätzchen fand.

Oh stört es nicht – das ist Familienglück,
Zumindest in dem Blick zurück.
Im Augenblick denkt jeder nur:
Ach, so ein Strandtag stresst doch pur!

Sibylle Korber, Odenthal

 

Internationale Küche

In einem Restaurant in Billund fanden wir folgendes Dessert: Rote Grütze, wirt mit Sahne serviert. Unsere Kinder wollten dann doch lieber Eis.

Maria Bieler, Wissen, Rheinland-Pfalz

 

Zeitsprung

 

60 Jahre liegen zwischen den beiden Bildern von meinem Bruder und mir, 60 Jahre eines Lebens mit Trisomie 21. Eine Schulausbildung gab es deshalb für Hermann nicht. Aber mein Bruder hat eine Begabung für die Musik, und alles, was er musikalisch erreicht hat, hat er sich selbst beigebracht. Schon als Dreijähriger spielte er auf der Mundharmonika. Später suchte er sich Melodien auf dem Klavier zusammen und erarbeitete sich auf dem Akkordeon ein großes Repertoire. Immer wieder bereicherte er kirchliche Veranstaltungen mit seiner Musik und seiner Fröhlichkeit. Inzwischen spielt er auch Schlagzeug in einer integrativen Band. Er hatte großes Glück. Er wurde in die Zeitspanne hineingeboren zwischen Hitlers Euthanasie und der heutigen Pränataldiagnostik – der häufig ein Abbruch der Schwangerschaft folgt.

Dorothea Vierhuff, Burgdorf, Niedersachsen