Diese Kritzelei hat mein siebzehnjähriger Sohn Philip angefertigt, an einem Skatabend, bei dem er das Punktekonto führte. Er setzt sich darin mit dem Unglück in Japan auseinander. Vor gut einem Jahr hat er während seines Auslandsjahres selber ein schweres Erdbeben miterlebt: im chilenischen Ort Linares, etwa 250 Kilometer südlich von Santiago.
Meine portugiesische Frau Catarina habe ich 1999 während ihres Studiums in Nürnberg kennengelernt. Die Jahre danach haben wir zusammen in Nürnberg verbracht. Vor zwei Jahren zog es sie beruflich nach Amsterdam. Wir haben versucht, uns an den Wochenenden zu sehen, was aus verschiedenen Gründen sehr oft nicht funktioniert hat. Im Februar bin ich zur ihr gezogen. Es ist so schön, zusammen durch die Grachten zu fietsen und das Leben wieder zu zweit genießen zu dürfen, eigentlich zu dritt – unsere spanische Hündin lebt jetzt auch in Holland.
Als die Regierenden lange sich kannten
(und man darf sagen: die Bürger kannten sie gut),
kam ihnen der Wahlsieg plötzlich abhanden,
wie anderen Leuten ein Stock oder Hut.
Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
gaben Statements ab, als ob nichts sei,
eigentlich war ihnen zum Heulen,
aber die Presse war noch dabei.
Vom Fenster aus konnte man Kühltürmen winken.
Die Energie-Lobby war weg schon seit Viertel nach vier.
Am liebsten würden sie sich betrinken,
jedoch die Geier vom Fernsehen waren immer noch hier.
In der Parteizentrale am Ort
rührten sie in den Tassen.
Am Morgen saßen sie immer noch dort,
auch die Wahlstrategen sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.
Die giftgen Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Verseuchen an allen Enden.
O tückisch Duft, fataler Klang!
Nun, armes Herze, wird dir bang!
Nun wird sich alles, alles wenden.
Die Welt wird öder mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Strahlen will nicht enden.
Es strahlt das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, beginnt die Qual!
Wer kann das alles, alles wenden?
Hans-Otto Kaufmann, nach Ludwig Uhland „Frühlingsglaube“
„Meine Tochter, Stefanie, 5 Jahre alt, spielte mit einer Freundin vor der Tür. Als ich zum Essen rief, stand vor mir ein kleiner
Dreckspatz, den ich nur mit Mühe als m e i n Kind erkennen konnte: sie war dreckig von oben bis unten. Mein entsetzter Ausruf: “ Wie siehst Duuu denn aus?“ beantwortete sie mit einem strahlenden Gesicht: „Aber, Mutti, es war doch sooo schön!“
Ich habe sie mir geschnappt und das glückliche Kind an mich gedrückt. Jetzt gab es zwei glückliche Menschen.
Der (vermutlich) türkische Vater mit etwa 5jährigem Sohn, der knapp vor mir mit einem Wagen voll leerer PET-Flaschen den Supermarkt betritt und zum Rückgabe-Automaten will. Er sieht die drei Flaschen in meinem Korb und sagt sehr freundlich: „Bitte, gehen Sie vor, Sie haben weniger.“
Vor Kurzem fiel er mir wieder in die Hände, jener besondere Kalender, den mein Schwiegervater Wilhelm Hoyer in der Kriegsgefangenschaft mit einem Brennglas auf Holz geschrieben hatte. Es ist ein Fichtenbrett, 19 Zentimeter lang, 8,5 breit, einen Zentimeter dick. Und »Sommer 1945«? Es müssen die Monate von Juni bis September sein, denn hervorgehoben hat mein Schwiegervater den Sommeranfang am 21. Juni, dann den 25. Juli als Geburtstag seiner Tochter Christine (meiner Frau) sowie den 28. August, an dem meine Schwiegermutter Geburtstag hat. Auf der Rückseite hat mein Schwiegervater seinen Namen verewigt und den seines Kameraden Max Darpe, (wahrscheinlich) ihre Gefangenennummern und ihre Stationen in verschiedenen alliierten Gefangenenlagern. Ein Dokument aus einer schweren Zeit. Hans Walter Scheel, Itzehoe
Am Morgen nach meiner ersten Chemotherapie um sieben Uhr die Laufschuhe schnüren und mit einem guten Freund losjoggen. Wir sehen einen traumhaften Sonnenaufgang, hören die Vögel, ich fühle den Wind auf den kurz geschorenen Haaren. Wir laufen, reden, lachen und spüren nach neun Kilometern: Wir leben! Ulrike Geßner, Worms
Unser neuer Schrank für den Flur. An einem Samstagmorgen fahren wir nach Hamburg auf den Flohmarkt, bereit, viel Geld für einen schönen alten Flurschrank auszugeben. Wir werden nicht fündig. Auf dem Rückweg zum Auto aber steht ein schöer alter Schrank auf dem Fußweg. An ihm klebt ein Zettel: »Ich muss hier schnell weg!« Grau gestrichen, beherbergt das alte Ungetüm nun unsere Mützenberge. Vielen Dank! Corinna Lappat, Elmenhorst