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Was mein Leben reicher macht

Das Ultraschallbild vom ungeborenen Kind meiner Freundin: Im Sommer wird sie mit neuem Partner noch einmal Mutter. Und die Freude in ihren Augen, die so lange verschwunden war!

Sabine Möller-Dinklage, Geldern

 

Schnarchen

nach Hermann Hesses „Stufen“

Wie mancher Manne schnarcht und Ruh
Der Unruh weicht, sägst jede Nacht auch Du
Unzähl’ge Bäume und die Frau beginnt zu lauern
Zur Unzeit gar – das darf nicht ewig dauern.

Es muss die Frau bei jedem Schnarchesrufe
Bereit zum Abschied sein und sich abwenden,
Um sich statt Tapferkeit und ohne Kummer
Straff’ren Gaumensegeln zuzuwenden.
Denn jedem Grunzen wohnt ein Schweine inne,
Das uns abtörnt und hilft, zu gehen.

Statt wenig heiter fortan still zu leiden,
Befreien wir uns vom Schnauben und vom Knattern
Des Zungengrundes wiederkehrend Flattern
Wolln nun entspannen, Dämmernächte meiden.
Kaum warn wir wohlig schlummernd an der Schulter
Und traulich eingenickt, da folgt Erschrecken
Nicht mehr bereit zu abendlicher Folter
Kein lärmendes Getös soll uns mehr wecken.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Manch‘ Frau solch Krach entgegen senden,
Doch für mich wird das nun endlich enden…
Wohlan Frau, nimm Dir’n Neuen und gesunde!

Silke Mardorf, Hannover

 

Deutschland, Lager-Land

In Passau gibt es vier Asylbewerberheime. Wir, ein Team von StudentInnen der Passauer Uni und ich als ehemalige Ärztin, bieten den Flüchtlingen aus Afghanistan und Afrika kostenlosen Deutschunterricht an. In den zum Teil weit abgelegenen Lagern wohnen meist junge Männer, die von dem Familienclan als Hoffnungträger nach Deutschland geschickt werden. Viele haben erhebliche Traumata hinter sich: Bruder aus dem Hinterhalt erschossen, ständiger nächtlicher Raketenbeschuss der Taliban auf US-Stützpunkte, willkürliche Gefangennahme auf der Straße weil man keinen Bart trägt.

Bis zu sechs Menschen teilen sich ein kleines Zimmer, in einem der Heime ist nur eine Toilette für zehn Menschen vorhanden. Vor allem hier in Bayern sind die Lebensbedingungen sehr bedrückend: Die Lager sind zum Teil weit von einander und vom Zentrum entfernt und schlecht zu erreichen. Der letzte Bus fährt um 19 Uhr hinauf. Sie dürfen nur mit Einladung und amtlicher Genehmigung reisen, für die Bearbeitung fallen 10 Euro an. Von ihren 40 Euro Taschengeld im Monat benötigen sie 35 Euro für die Bustickets zu den Deutschstunden, die wir ihnen ohne Bezahlung anbieten.

Zunehmend lehnen sich die Asylbewerber gegen solche Zustände auf. Lieber hätten sie Geld für Kleidung und für selbst ausgesuchtes Essen statt Essensmarken. Die Ungewissheit: Kann ich bleiben? Wie geht es meiner Familie? Das Verbot, Arbeit zu suchen, zerrt an ihren Nerven, an ihrem Gemüt. Fast alle Afghanen bekommen Ablehnungsbescheide, gegen die sie zwar Rechtsbeistand suchen können – aber woher das Geld nehmen? Etliche werden depressiv, durch den Druck und durch die Ungewissheit, mangelnde Kontakte hier und zu den Angehörigen. Etliche kommen auch mit Erkankungen hier an, die in ihrem Land vernachlässigt wurden.

Gefragt, was ihn am meisten stört an an diesen Verhältnissen, antwortet ein junger Bauer aus Afghanistan: „Mich stört nicht viel, ich bin ein Mensch und ich liebe Menschen „. Dass sich trotz den widrigen Umständen zwischen den Bewohnern und unserem Team ein so erfreuliches Vertrauensverhältnis entwickelt hat, ist erfreulich und ermutigend.

Hier hat sich das Bündnis für die Rechte der Flüchtlinge gebildet, so wie im übrigen Teil von Deutschland (Pro Asyl, refugio – für misshandelte Frauen, die Karawane, Lagerland etc.)

Dr. Anne Hahn, Passau

 

Lieber Herr Minister Zahi Hawass,

KHALED DESOUKI/AFP/Getty Images

als Generalsekretär der ägyptischen Altertümerverwaltung (und momentan sogar Mitglied der umgebildeten Regierung) werden Sie jetzt sicher glücklich sein, daß die Nofretete noch immer in Berlin ist! Seit Jahren haben Sie ihre Rückgabe gefordert. Aber jetzt müssen Sie doch selber zugeben: Hinter Panzerglas im Neuen Museum ist dieser Schatz erst einmal sicherer aufgehoben ist als im Museum am Tahrir-Platz in Kairo. Alles Gute auch für Sie!

Schöne Grüße, Heinz Friege, Remscheid

 

Skifreude

Sonne, Schnee, Winterberglandschaft. Vom Sessellift aus sehe ich zwei Skifahrer und erkenne meine Söhne, wie sie neue Spuren in den Tiefschnee wedeln. Elegant, sportlich, man kann ihre Lebensfreude förmlich sehen. Welch ein Glücksgefühl, wenn ich an ihre ersten Versuche auf Skiern denke!

Elisabeth Weber-Strobel, Heidenheim

 

Wiedergefunden: Das Chorkind

Heute morgen leite ich wie jeden Freitag die Kinderchorprobe in der Grundschule. Vor Beginn der Stunde kommt eine junge Frau herein, in der ich ein ehemaliges Chorkind erkenne. Sie bleibt als neue Praktikantin die Chorprobe über bei uns und wünscht sich später ein Lied, das sie als Kind im Chor sehr gern gesungen hat. Ich erfülle diesen Wunsch gern, und als wir gemeinsam singen, leuchten ihre Augen, als würde sie für einen Augenblick wieder ein Kind. Nach dem Lied springt sie vom Stuhl und bedankt sich überschwänglich – Wie tief uns Musik doch berühren kann!

Dieter Böttcher, Kaarst

 

Durch Schlamm und Sonnenschein

Was würden sie antworten, unsere beiden ältesten Enkel, 16 und 18 Jahre alt, auf unsere Frage: „Könnt Ihr Euch vorstellen, mit uns Großeltern noch eine weitere Teilstrecke auf dem Jakobsweg zu wandern?“ Die Antwort kam per Telefon und prompt: „Aber klar! Warum denn nicht?“ Es wurden sieben wunderbare Tage bei Regen und Schlamm, mit nassen Schuhen, aber auch bei blauem Himmel und Sonnenschein in einer herrlichen Landschaft zwischen Nürnberg und Rothenburg. Warum denn nicht?

Anneliese Schulz, Waldenbuch

 

Willkommensgruß

Ein Willkommensplakat meiner 6-jährigen Zwillingsenkel: „Wilkomen libe Oma – wir grüsen Dech Oma – Deine Viktoria und Tim“

Hilde Strohm, Stuttgart

 

Zeitsprung: Potsdamer Platz

1961

2001

Im August 1961, vor fast 50 Jahren also, hat mein Vater am Potsdamer Platz die nagelneue Berliner Mauer fotografiert. Damals war ich erst elf Jahre alt. Aber 2001 habe ich mich auf die Suche gemacht, genau den Ort gefunden, an dem mein Vater damals stand, und eine Aufnahme aus genau dem gleichen Blickwinkel gemacht. Mehr, glaube ich, kann sich eine Stadt wirklich nicht verändern. Dieter Hoppe, Berlin

 

Rhetorik

Im zarten Alter von acht meinte mein ältester Sohn eines Tages zu mir, ich möge ihm verzeihen, wenn er in der nächsten Zeit häßlich und gemein zu mir sei, aber er müsse sich in der Rede üben und ich sei ja schließlich seine Mutter und liebe ihn auf jeden Fall. Ich musste sehr an mich halten, nicht laut heraus zu lachen. Heute ist er 21, stolzer Student der Geschichte und Politikwissenschaften und wirklich sehr eloquent.

Andrea Brunn, Bad Honnef