Lesezeichen
 

Kritzelei: Spannung

Beim Aufräumen der gesammelten frühen Werke meiner Kids habe ich ein Bild gefunden, das bestimmt in die „Alltagskunst der Neunziger“ eingestuft werden kann: Meine Kinder pflegten ihre Kassetten und CD’s zusammen auf dem Teppich liegend zu hören, dabei malten zusammen auf einem Blatt. Dies ist das Ergebnis einer Drei-Fragezeichen-Stunde – gute Verarbeitung des Stress-Abenteuers, oder? Übrigens die Kinder sind jetzt groß und finden ihre Zeichnung nach wie vor gelungen. Die Drei Fragezeichen hören sie immer noch ab und zu.

Brigitte Nottenkämper, Braunschweig

 

Lieber Herr Sonnleitner,

© Jens Büttner/dpa

tief betroffen haben wir neulich im Wirtschaftsteil der ZEIT Ihre Aussage zur Kenntnis genommen: „Boden, Luft und Wasser sind so sauber wie noch nie in der Menschheitsgeschichte.“ Da fragen wir uns doch bekümmert, in welch fortgeschrittenem Stadium des Realitätsverlusts (oder des geistigen Verfalls?) Sie sich wohl befinden mögen. Und ob Sie wirklich noch in der Lage sind, Ihr verantwortungsvolles Amt eines Bauernverbandspräsidenten auszuüben.

Hanna Wolf, Königsbrunn bei Augsburg

 

Was mein Leben reicher macht

Meine beiden Katzen Marie und Luise! Wenn Marie mit auf meinem Kopfkissen, Wange an Wange mit mir, einschläft und sich ihr Katzenschnurren von jetzt auf gleich in Schlaf auflöst. Oder wenn sie mir morgens, um mich zu wecken, die Pfote gegen den Mund drückt. Ein Augenaufschlag beweist: beide Katzen sind schon da! Kann man schöner geweckt werden?

Vanessa Hinsch, Oldenburg

 

Frühstück mit Emilia

Wenn mich meine Tochter Emilia Sophie (fünf Monate) morgens mit strahlenden Augen begrüßt. Und wenn wir beide dann die Mama noch schlafen lassen und ich stolz wie Oskar mit ihr ins Café zum Frühstücken gehe. Wieder zu Hause wecken wir die Mama dann mit Melange to go und kuscheln gemeinsam im Bett.

Fabio Mathias, Wien

 

65 Jahre DIE ZEIT – Wen die ZEIT-Mitarbeiter besuchen

Kurz vor dem Jahreswechsel kündigte die ZEIT an, anlässlich ihres 65. Geburtstags am 21. Februar 2011 zu ihren Leserinnen und Lesern zu reisen. Seitdem werden die zahlreichen Wünsche gesammelt, sortiert und sorgfältig ausgewertet. Nun stehen weitere Besuche fest:

ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo besucht die Oberstufe der Theodor-Storm-Schule in Husum und diskutiert dort mit den Schülern über das Thema „Wie kommt die Politik zur Jugend? – Wie kommt die Jugend zur Politik?“. Christoph Amend, Redaktionsleiter des ZEITmagazins, wird mit den Teilnehmern des Projekts „Xenon“ der Medienanstalt Berlin-Brandenburg über die Herausforderung des modernen Journalismus sprechen. Thomas Assheuer, Feuilleton-Redakteur der ZEIT, fährt zur Auftaktveranstaltung der „Philosophischen Gespräche“ des KulturWerks Rahlstedt in Hamburg und diskutiert mit dem Publikum über die Aktualität der Philosophie. Wünsche werden auch im Ausland erfüllt: Peer Teuwsen, verantwortlich für die Schweizer Ausgabe der ZEIT, besucht die Sekundarschule Waldenburgertal und wird dort in der großen Pause ins Schwitzen kommen: Als Verantwortlicher für die Ausleihe der Schulbibliothek kann er sich ein Bild davon machen, was die Schüler lesen. Jochen Bittner, Europa- und Nato- Korrespondent der ZEIT in Brüssel, wird im EU-Büro des Landes Berlin mit den Mitarbeitern ein Gespräch über die Zukunft der EU führen.

Nach wie vor werden Wünsche berücksichtigt. Falls Sie sich wünschen, dass die ZEIT zu Ihnen reist, schreiben Sie uns! Hier finden Sie weitere Informationen und ein Anmeldeformular.

 

Begegnung im ICE

Es gibt diese eine Begegnung, wenn Worte überflüssig sind. Blicke und Lächeln reichen aus und man weiß, dass man jemanden womöglich kennt und versteht. Sollte man trotzdem was sagen? 2. Februar 2011, kurz vor 16 Uhr am Regensburger Hauptbahnhof. Die Prüfungen sind vorbei, Zeit, nach Hause zu fahren. Der Zug fährt um 16:29 von Gleis 5. Schnell noch Kippen, Wasser und was zu Essen besorgen. Der ICE 90 kommt pünktlich an.

Am Nebentisch sitzt ein junger Mann mit seinem Hund. Es ist ein schöner, schwarz-weiß gefleckter Hund mit spitzen Ohren. Er liegt gemütlich auf dem Boden und freut sich über die Streicheleinheiten, die sein Herrchen alle paar Minuten erteilt. Ich gucke ihn an und lächele. Dann fällt mir das Herrchen auf und ich denke: „Guck mich doch an!“ – was auch passiert. Er inspiziert gerade die neu zugestiegenen Bahngäste. Sein Auto ist kaputt und er reist deswegen mit dem Zug, erzählt er dann der älteren Dame, die gerade einen Apfel schält. Wir tauschen weitere Blicke aus, direkte und indirekte (über die Fensterscheibe), ein Handy klingelt und ein Mitreisender fängt an, sehr laut zu reden – auf Englisch. Das Reden hat wahrscheinlich der ganze Wagen gehört, aber plötzlich haben wir zwei nach unten geschaut und angefangen zu lächeln. Darauf folgten ein paar grinsende Blicke und Sprache wurde überflüssig. Er holt seine Kopfhörer aus der Hosentasche und hört ein Sender der Deutschen Bahn: Pop, Rock, Jazz oder Klassik? Was? Was hörst du denn gerne?

Um 17:25 Uhr kommt der Zug in Nürnberg an. War’s das jetzt? Wo kommst du her? Wo fährst du denn hin? Wie heißt du? Ich weiß ja fast nichts. Außer: du hast ein Hund und ein kaputtes Auto, du interessiert dich für chinesische Geschichte und Kultur, sprichst höchstwahrscheinlich gut Englisch und findest es lustig, wenn sich jemand in der Öffentlichkeit mit einem selbst eingeredeten Wissen blamiert. Du hast schöne, dunkle Augen und ein wundervolles Lächeln. Du rauchst Tabak (Pueblo), eventuell ohne Filter und hattest eine lange Reise zum Ziel. Ich rauche Old Holborn mit Filter und hatte beim Kaffeetrinken im Black Bean vorgedreht, obwohl ich drei Stunden nicht rauchen konnte. Lieber Fremder, es war schön dir begegnet zu sein und dieses kleine Abenteuer mit dir zu teilen. Und nun bleibe ich so: sprachlos und grinsend.

Smaranda Campeanu, Freiburg i. BR

 

Stolz

Mein zehnjähriger Sohn und sein Team. Sie spielen Fußball und verlieren. Trotzdem spielen sie weiter und tragen das Vereinstrikot gern. Heute aber, bei einem Hallenturnier, haben sie den größten Pokal bekommen. „Gute Nacht“, wünsche ich ihm und sage noch: „Ich bin stolz auf dich. Du hast so toll gespielt!“ – „Ich bin auch stolz auf dich“, sagt er, „du hast das ganze Turnier durchgehalten und am schönsten geschrien!“

Sandy Zurikoglu Erdogan, Köln

 

Zeitsprung: Lübeck-Blankensee

1955

1955 flohen wir aus „der Zone“ nach Lübeck und wurden im Flüchtlingslager am Flughafen Lübeck-Blankensee untergebracht. Das Rollfeld war von Bombentrichtern übersät, die mit Sand zugeschüttet worden waren. Und da der Flugbetrieb noch von den Siegermächten untersagt war, hatte ich genug Platz zum Spielen. Unsere Unterkunft war der Glaskasten des Towers, den wir mit einer weiteren Familie teilen mussten. Bettlaken dienten als Raumteiler. Von oben beobachtete meine Mutter mich beim Spielen.

2008

Mittlerweile ist Gras über die Trichter gewachsen, und man kann von Lübeck nach Stockholm, London, Pisa oder Kiew fliegen. Einen neuen Tower gibt es auf der gegenüberliegenden Seite, doch das alte Gebäude steht noch. Nur den Glaskasten hat man entfernt. Ob die Uhr noch unter all dem Efeu hängt, oder in irgendeinem Partykeller?

Frank Herbst, Berlin

 

Endlich Französisch lernen

Dass wir mit unseren fünfzig Jahren noch lernen dürfen, wozu wir in der Schule zu faul waren: die französische Sprache. Dank an unsere Lehrerin Heike, die sich jeden Dienstagabend Zeit nimmt, um zwei gestresste Berufstätige mit Wissen zu füttern!

Diane und Dirk Schultz, Gütersloh

 

Im Winter

nach Johann Wolfgang von Goethe, „Erlkönig“

Wer schlittert so flott über Graupel und Eis?
Es ist die Oma, die vom Räumen nichts weiß.
Am Morgen noch fröhlich aufgewacht –
jetzt liegt alles verschneit. Alles weiß über Nacht!

„Ja Oma, was greifst du den Stock denn so fest?“
„So hoch der Schnee, Sohn, das gibt mir den Rest.
Die Wege so glatt, ich komm nicht hinaus!“
„Ach Oma, dann geh doch zurück ins Haus!“

„Mein Sohn, mein Sohn, ich brauch doch zu essen,
die Räumdienste alle, die kannste vergessen.“
„Ach Oma, bleib ruhig, wart einfach ab,
zum Einkaufen ist mir die Zeit zu knapp.“

Die zittrige Hand fasst die Schneeschaufel schwer,
die Oma, sie findet den Weg nicht mehr.
Es rutscht das Bein, der Boden bebt,
Rollator zerbrochen, Großmutter lebt.

Heike Hagemeister, Heroldsbach, Oberfranken