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Was mein Leben reicher macht

Wenn das Fensters des gegenüberliegenden Hauses Sonnenstrahlen reflektiert und somit auch mein Gesicht welche abbekommt, obwohl sich meine Wohnung gerade im Schatten befindet!

Felizitas Steng, Wien

 

Eine kleine Weltreise (4)

… aus traurigem Anlass unternimmt Sabine Kröner, 55: Im vergangenen Jahr ist ihr Mann in den Freitod gegangen, jetzt will sie durch neue Eindrücke Abstand gewinnen. Sie ist nach Buenos Aires geflogen und fährt jetzt per Schiff in Richtung Südsee, Australien, Indonesien, Malaysia, Myanmar, Indien, Arabien – bis nach Venedig. Hier berichtet sie von ihrem ersten Tag an Bord.

Da der Mensch trotz Reisestress, Klima- und Zeitunterschied nicht unendlich lange schlafen kann, komme ich auf dem inzwischen gen Puerto Madryn fahrenden Schiff in den Genuss eines beeindruckenden Sonnenaufgangs. Es ist halb sechs, als ich am Pooldeck sitze und sich der glutrote Feuerball am Horizont erhebt. Das Schiff gehört mir – bis die ersten Schwimmer auftauchen. In einem Pool von etwa zwölf Meter Länge muss man eine ganz besondere Technik entwickeln: Entweder man wechselt bei der Wende zwischen Brust und Rücken, oder man schwimmt im Kreis. Ersteres geht, zu Letzterem fehlt mir die Kurventechnik. Gegen acht sind dann die ersten Geher und Jogger erwacht und drehen emsig ihre Runden um das vordere Pooldeck. Aber ihr Radius ist ziemlich begrenzt. Ich beschließe, künftig dem Laufband im Fitnessraum den Vorzug zu geben. Inzwischen gibt es Kaffee, und ich blinzle in die ersten wärmenden Sonnenstrahlen. Ist schon ein Wahnsinn, nach Wochen in Eis und Schnee nun hier zu sitzen, umgeben vom türkisfarbenen Atlantik! Der Duft von Bratwürstchen und Spiegelei lockt meinen knurrenden Magen ans Büfett. Noch ist es ruhig hier, doch die Schlacht lässt nicht lange auf sich warten. Etwas später an diesem Tag begreife ich dann, dass ich auf diesem Schiff antizyklisch werde vorgehen müssen: Menschenmassen halte ich nicht mehr aus. Also meide ich tagsüber das Pooldeck, denn da gleicht es einer Robbenkolonie. Eine Etage tiefer gibt es kein Sonnensegel. Mich stört das nicht, da ganz gut pigmentiert. Und hier bin ich für mich allein. Nun freue ich mich auf meinen ersten Landgang auf den Falklandinseln.

Sabine Kröner, zzt. 40° 53’ Süd, 060° 43’ West

 

Opa 2.0

Wenn ich als 74-jähriger Opa morgens Facebook anklicke und sehe, wie sich meine fünf Enkel in drei Sprachen mit ihren in der ganzen Welt verstreuten Freundinnen und Freunden austauschen. Wie klein doch die Welt geworden ist!

Hans-Joachim Kinstler, Saarlouis

 

Tiere oder Süßes?

Am letzten Sonntag versammelte sich fast unsere gesamte Familie zum Schlachtefest. Meine Freundin kommt mit ihrem Sohn Samuel zu Besuch auf den Bauernhof. Die nette Bäuerin empfängt den „jungen Mann“ (3 1/2 Jahre) mit einem Teller Süßigkeiten – er beinahe enttäuscht: „Tante! Ich möchte einfach nur alle Tiere sehen“. So einfach kann es sein…

Silke Schmidt, Goslar

 

Frühling im Winter

L., die mein Leben nicht nur reicher, sondern auch bunter, lachfaltiger, zwischenmenschlicher, beseelter und vertrauter machte. Die ungewöhnlichsten Verbindungen vermögen die dauernsten zu werden. Die Gesellschaft hat normative Günde, gelegentlich voreingenommen zu sein; umso schöner sie einmal eines besseren zu belehren.Ich danke einem gewordenen Fixpunkt für einen Frühling im Winter.
 
Stephan Klausch, Forst (Lausitz)

 

Kritzelei: Der Mal-Verweis

Ich habe in meiner Schulkarriere schon früh einen kreativen Weg gefunden, die Geni im lateinischen Imperfekt sowie Cosinus und Sinus wirkungsvoll in den Hintergrund zu rücken: Es sah so aus, als würde ich mich konzentriert über meinen Block beugen, doch statt mitzuschreiben, malte ich Striche. So verflog Stunde um Stunde. Strich um Strich entstand Bild um Bild. Immer fein säuberlich mit Finelinern. Themen-, ziel- und zahllos. Leider litten darunter nicht nur meine Noten, sondern auch meine Lehrer, was mir einen „Mal-Verweis“ in Englisch einbrachte. Erst nach einem Schulwechsel (natürlich auf den Kunstzweig einer Realschule) begann ich wirklich zu lernen, und meine kleinen Kritzeleien entstehen jetzt nur noch in meiner Freizeit. Meistens.

Kiki Behmer, Grafing bei München

 

Erwartung

Mit meiner Frau einen Namen für das Kind aussuchen, das wir in vier Wochen erwarten. Am Abend sich nicht auf einen Namen einigen können und sich am Morgen in den Armen liegen und wissen, dass alles gut werden wird. Vorfreude pur!

Volker Knöll, Dresden

 

:-)

Freitag früh, sieben Uhr am Flughafen, auf dem Weg nach München. Warten, Nachdenken über den Tag. Dann doch lieber andere Gedanken – über das Leben, über Liebe und Glück, über das, was das Leben reicher macht. Meine Kollegin schickt mir eine SMS: „Danke für den guten Tipp – der Film war genau richtig. Ganz wunderbar, zum Lachen und zum Weinen schön. Gute Reise…“ Ich lächle still in mich hinein, bin happy. Ich schenke ihr mein Lächeln 🙂 per SMS. Der Tag ist gerettet.

G.S., Königswinter

 

Zu zweit im Wald

Es sind die ersten Tage meiner Altersteilzeit – wir haben Zeit. Mit zwei neue Äxten sind wir, meine Herzallerliebste und ich, im verschneiten Wald, bei Minusgraden und herrlichem Sonnenschein spalten wir Feuerholz. Ein längst verscholllen geglaubtes Glücksgefühl aus meiner Kindheit taucht auf: Tiefe Freude und Ruhe. Wir nehmen und zwischendurch immer wieder in die Arme – wir haben Zeit zum Zufrieden sein können.

Werner Stelljes, Sittensen

 

Was mein Leben reicher macht

Früher:

Volksschule
Maschinenschlosserlehre
Broterwerb im Beruf
gleichzeitig abends und samstags Besuch einer Berufsaufbauschule
Fachschulreife
Fachabitur
Lehrerstudium
37 Jahre mit Freude und Engagement und viel Pflicht und Kraft Hauptschullehrer
Insgesamt: 50 Jahre freud-, sorgen- und verantwortungsvolles Arbeiten

Heute:

Jeden Morgen ohne tausend Gedanken im Kopf und ohne Druck und Sorgen mit meinem Hund den beginnenden Tag auf einem langen Spaziergang begrüssen.

Jürgen Ackermann, Ansbach