Ich liege im Bett, kuschel mich an meine Freundin und schlafe seelig ein. Mitten in der Nacht sagt sie: „Was ist da los…was ist in der Tiefe?“. Gegenfrage von mir: „Träumst du oder bist du wach?“ Kurze Stille, ein Kichern. Beide lachen wir laut, freuen uns und schlafen seelig weiter.
Außergewöhnlich viel Schnee im Ruhrgebiet, Busse und Bahnen stellen teilweise die Fahrten ein, die Müllabfuhr kommt nicht mehr durch, dem städtischen Winterdienst geht das Salz aus, Nebenstraßen versinken in meterhohen Schneebergen. Ein alter Mann versucht, mit seinem Rollator die Straße zu überqueren und scheitert schon an den Schneeverwehungen am Straßenrand. Der junge exzentrische Friseur aus dem Laden gegenüber kommt herübergespurtet, führt den alten Herrn sicher über die Straße bis zum Festhalten an die Hauswand, dann läuft er zurück und trägt den mit Einkäufen beladenen Rollator über die Straße.
Ein Auto bleibt in der Kurve im Schnee stecken, nichts geht mehr. Der Fahrer steigt aus und geht um den Wagen herum, er hinkt. Ein Passant bleibt stehen, weitere Menschen kommen aus den Häusern, man schiebt und schaufelt und lacht, legt eine Matte unter, erneute Versuche, der Wagen kann weiter fahren und die Helfer winken. All das schnell und ohne Aufheben, man sieht und hilft. Ein gutes Gefühl: Komm zur Ruhr!
Clärchen, meine verängstigte Fundkatze aus dem Tierheim – wilde Tigerstreifen kombiniert mit Sahnepfoten und grünen, mandelförmigen Augen – schmiegt sich nach langen Monaten scheuer Distanz eines Abends zum ersten Mal an mich, duldet die Nähe mit königlicher Würde und lässt sich sachte streicheln. Gemeinsam hören wir Radio, ansonsten ist es still.
SEIN Blick ist vom Vergeben vieler Noten
so müd geworden, dass ihn nichts mehr quält.
Ihm ist’s, als ob es nur noch Kompetenzen gäbe
und ohne das „Verhalten“ keine Welt.
Der harte Schlag gewaltig kleiner Tasten,
der sich im allerkleinsten Laptop regt,
ist wie ein Tanz um erdenschwere Lasten,
in der ganz fest des Lehrers Note steht.
Nur manchmal schiebt sein Glaube an die Liebe
auch Kompetenzen weg – Dann geht ein Bild hinein,
Rührt an das vom Kind ihm anvertraute Leben –
und hört trotz Noten niemals auf zu sein.
Täglich liefert er gut gelaunt die Post an die Haustür und hat oft noch Zeit für ein paar nette Worte. Wenn wir nicht im Haus sind und er bei meiner 90jährigen Mutter klingeln muss, wartet er geduldig, bis sie die Treppe geschafft hat. Dafür hat sie ihm zu Weihnachten ein paar Plätzchen gebacken. Wenn er richtig gut drauf ist, springt er über das Gartentor.
Ein weiteres Jahr ist zu Ende, in dem ich als „Vorruheständler“ mit dem Mountainbike die herrliche Landschaft des südlichen Pfälzerwaldes durchfahren konnte. Die Stille und Schönheit des Waldes war wiederum ein einziger Naturgenuss. Ich hoffe, es wird auch 2011 so sein und darauf freue ich mich schon jetzt.
Hauptpostamt Kaiserslautern, kurz nach Schalteröffnung: 16 Kunden warten geduldig in der Schlange. Die Abfertigung verläuft sehr schleppend. Aus der Schlange heraus fragt ein junger Mann einen der drei Postbediensteten, ob er wirklich, wie schon am Vortag, zwanzig Minuten warten müsse, und das nur, weil er an derselben Stelle eine falsche Auskunft bekommen habe. Keine Reaktion des Angesprochenen. Die Kunden in der Schlange werden aufmerksam. Der junge Mann hakt in ruhigem Ton nach. Endlich eine Reaktion: „Wenn Sie hier noch weiter so rummeckern, warten Sie noch länger!“ Gesteigerte Unruhe unter den Wartenden. Da steht der Bedienstete auf und verlässt den Schalterraum. Sein Kollege: „Der geht jetzt aufs Klo. Das muss auch sein!“ Als ich endlich an der Reihe bin, ist der Klo-Gänger wieder zurück. Ich weise ihn höflich, aber deutlich darauf hin, dass sein Verhalten so gar nichts mit Kundenfreundlichkeit zu tun habe. Er sieht durch mich hindurch und wendet sich meinem Hintermann zu: „Der Nächste, bitte!“ Die Szene wirkte wie in einem schlechten Film. Oder wie aus der Zeit, als Kunden noch mit „Postbeamten“ konfrontiert waren, die gnädig und vom hohen Ross herab den Briefmarkenverkauf oder die Annahme von Paketen zelebrierten. In den letzten Jahren war der Service größtenteils besser geworden. Und nun dieser Rückfall! Wir leben im 21. Jahrhundert und nicht mehr in einem Beamtenstaat. Das aber haben (hoffentlich nur) einige Post-„Beamte“ ganz offenbar noch nicht kapiert. Und das ärgert mich!
Heiligabend, 18 Uhr, ganz plötzlich verschlechtert sich der Zustand unseres 15 Wochen alten, erkälteten Sohnes dramatisch und ich rase mit ihm durch den Bangkoker Feirabendverkehr in die Klinik. Mein Mann ist mit unserer Tochter im Weihnachtsgottesdienst und wird mindestens eine Stunde zum Krankenhaus brauchen. In der Klinik angekommen ist der Zustand des Kleinen sehr ernst, Diagnose: akute Lungenentzuendung. Aus meinem Wunsch heraus, mit jemandem Vertrautes sprechen zu können, rufe ich eine Freundin an. Nur am Telefon sprechen kommt für sie nicht in Frage, sofort kommt sie zum Krankenhaus, lässt Mann und Tochter alleine weiterfeiern und bleibt bei uns, bis die Notfallbehandlung anschlägt und unser Baby die Augen wieder aufschlägt und mein Mann kommen kann. Tief empfundene Liebe und Dankbarkeit und echte Freundschaft – unsere schönsten Weihnachtsgeschenke in diesem Jahr!
Mittlerweile ist unser Sohn weiterhin auf dem Wege der Besserung, doch dieser Heiligabend wird mir immer in Erinnerung bleiben.