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Zeitsprung: Kurzwellenzentrum

2005

Seit ich denken kann, standen vor den Toren meiner Heimatstadt diese mehr als 100 Meter hohen Stahltürme. Von der Merscher Höhe in Jülich sendete das „Kurzwellenzentrum“ über 50 Jahre lang das Programm der Deutschen Welle und später auch anderer Anbieter in die Welt. Wenn wir als Kinder auf der Merscher Höhe spielten, bewachten uns die Sendetürme stumm, sie sahen zu uns herab und wir zu ihnen hinauf. Man sah sie bei Tag und Nacht, denn dann leuchteten ihre zahlreichen roten Flugwarnlampen weit übers Land. Auch später, als ich längst woanders wohnte, empfing mich die Deutsche Welle schon aus der Ferne, wenn ich meine Eltern besuchte. 1996 stellte die Deutsche Welle dann die Nutzung der Sendeanlagen in Jülich ein.

2010

Jetzt hat man die Türme endgültig „zurückgebaut“, sie sind überflüssig geworden, nur zwei hat man zur Erinnerung stehen lassen, einen davon sieht man auf der neuen Fotografie ganz links. Geblieben ist eine wunderbare, aber ungewohnt „leere“ Landschaft vor einem weiten Himmel, und unter diesem Himmel: zwei Relikte einer vergangenen Epoche.

Evelyn Meessen, Köln

 

Was mein Leben reicher macht

Dass meine Kinder auch noch mit fünfzehn und elf Jahren an die Haustür stürzen und „Papa!“ rufen, wenn ich von einer Reise nach Hause komme.

Uli Manschke, Norderstedt

 

Pianomusik, Schnee, Ruhe

Kerpen. Im kleinen Café sitzen wir wie im zweiten Wohnzimmer und hören live Pianomusik von Christian Willisohn. Wir lassen uns von Blues und Jazz inspirieren, am Ende reißt es alle zum Beifall von den Plätzen. In der sternenklaren Nacht stapfen wir dann nach Hause, durch Schnee und Ruhe.

Günther Wyrwoll, Meckenheim

 

Bobo Siebenschläfer

Papa Siebenschläfers drollig resigniertes Gesicht, wenn der kleine Bobo es mal wieder geschafft hat, ihn vom Zeitunglesen abzuhalten. Ähnlich sehe ich wohl aus, wenn meine zweijährige Tochter ebenso erfolgreich ist. Außerdem: Hier zeigt sich mal wieder, dass richtig gute Kinderbücher immer auch etwas für Erwachsene sind!

Maja Kleine, Monheim am Rhein
„Bobo Siebenschläfer“ von Markus Osterwalder ist bei Rowohlt erschienen

 

Zeitsprung: Kater in der Leseecke

Diese Sequenz aus 16 Bildern zeigt einen Zeitsprung von weniger als einer Minute: Unser Kater Pete Felici hält im Bücherregal zunächst entspannt und interessiert Ausschau und zieht sich dann in seine Leseecke zurück…

Marcus Unger

 

Wieder auf Skitour

An Heiligabend 2010 eine einsame Langlaufski-Tour durch den verschneiten Winterwald machen: Die Tannen links und rechts von mir sind bestimmt so hoch wie unser Kirchturm im Dorf. Und mich an die gleiche Skitour an Heiligabend 1980 erinnern. Damals reichten mir die Tannen gerade bis zum Knie! Drei Jahrzehnte Lebenszeit – doch die Freude am Skilanglaufen ist die gleiche geblieben.

Waltraud Günther, Glatten, Schwarzwald

 

Kritzelei: Ein Geschenk für Papa

Das Bild habe ich beim Musik hören gekritzelt. Papa fand es total cool und meinte, ich sollte es scannen und der Zeit schicken.

Anna Schabet, Ludwigsburg, 13 Jahre

 

Trost

Eine Zeit lang lebte ich in Bordeaux. Einmal fuhr ich mit der Straßenbahn, fühlte mich hundemüde, allein und war wohl deshalb auf einmal dem Heulen nahe. Neben mir saß ein Mann: Mitte dreißig, riesige Hände, dreckige Fingernägel, Piercings überall, Bomberjacke – ein Bauarbeiter. Er streckte mir ein paar Blätter Klopapier hin, lächelte. An der nächsten Haltestelle stand er auf, gab mir zum Abschied die Hand, meine Finger zerbrachen fast unter dem kräftigen Händedruck. Er machte ein unverständliches Geräusch, lächelte wieder, klopfte mir auf die Schulter und ging. Er war ganz offensichtlich stumm.

Nina Guérin, Stuttgart

 

Was uns beide glücklich macht

Jeden Morgen: Ich auf einem Hocker, mein prächtiger Kater mit dem Po zu mir, die Schnauze tief im Futternapf. Mit dreierlei Bürsten bearbeite ich sein herrliches Fell. Er knackt sein Trockenfutter und schnurrt dabei sehr laut. Falls ich mal Pause mache, schaut er sich um mit diesem Blick: „Was ist?“ Irgendwie hat er mir dieses Ritual beigebracht. Es macht uns beide sehr glücklich.

Dorothea Manusch, Itzehoe