Nasskaltes Wetter, den Garten winterfest machen, Verwelktes zurückschneiden und beobachten, was Hilde Domin in ihrem Gedicht beschrieben hat: „Es knospt unter den Blättern – das nennen sie Herbst.“ Hoffnung keimt auf.
Ich war zu einem Sprachkurs in Florenz. Da meine Unterkunft mir eine Stunde Fußmarsch zum Unterricht bescherte, machte ich mich auf die Suche nach einem gebrauchten Fahrrad. Ich fragte die Menschen auf der Straße nach einem entsprechenden Geschäft und bekam den Erwerb eines geklauten Gebrauchten ans Herz gelegt (mit Ortsangabe für den Einkauf). Ich suchte weiter. Bis ein alter Mann auf meine Frage hin wortlos in seiner Garage verschwand und mir kurzerhand ein wunderschönes antikes rotes Fahrrad schenkte. Ich war gerührt und bin vier Wochen lang glücklich durch Florenz geradelt. Zum Ende meines Aufenthalts habe ich es weiter verschenkt.
Beim Aufräumen habe ich kürzlich dieses Foto aus den achtziger Jahren gefunden. Die Vorgeschichte: In Marburg gab es ein stadtbekanntes Original, einen Teppichverkäufer. Jeder kannte ihn, weil er immer nur vor seinem Laden in einem eingeschossigen Gebäude saß. Eines Tages starb der Herr, der Laden blieb geschlossen, und ein Kunde, der offenbar nicht Bescheid wusste, malte die Aufforderung an die Tür, doch wieder zu öffnen. „Geht nicht, bin tot“, schrieb ein weiterer Kunde darunter. Als Architekt habe ich derzeit an genau dieser Stelle ein Bauvorhaben: Das alte Gebäude wird durch einen Neubau ersetzt. So spielt die Zeit.
Unsere Tochter (6) ist gerade in die Schule gekommen. So vieles ist noch neu und aufregend – unter anderem auch der Schulweg und das Busfahren. Und auch mir als Mama fällt die Umstellung nicht ganz leicht. Loslassen. Vertrauen. Nahezu jeden Morgen steht der Direktor der Ludwig-Thoma Grundschule an der Schulbushaltestelle, die in der Nähe einer ziemlich befahrenen Kreuzung ist. Er schaut, ob alle gut ankommen, vor allem die Erstklässer, begrüßt sie zum Teil persönlich, begleitet sie ins Schulhaus und bittet die vorbeilaufenden Gymnasiasten darum Vorbild zu sein, wenn diese mal bei rot oder quer über die Straße rennen. Ich bin froh, dass es solche Pädagogen gibt. Mein Kind ist gut aufgenommen und mein Mutterherz hüpft vor Freude als ich nach Hause laufe.
Supermarktkassen sind ideale Orte, um das Verhalten von Menschen zu studieren. Man trifft höfliche, zuvorkommende Kunden, aber oft genug leider auch das Gegenteil. Heute stand ich in der Schlange vor der einzigen geöffneten Kasse eines Supermarktes. Vor mir eine Kundin, die beim Eingeben der Preise bemerkt hatte, dass der Preis eines Artikels offenbar nicht mit dem Preis am Regal übereinstimmte. Es handelte sich um eine Packung Käse, die Preisdifferenz betrug angeblich zehn Cent, und die Kundin bestand darauf, dass der Preis korrigiert werden sollte. Also wurde eine Kollegin der Verkäuferin an das Käseregal beordert, um die Preisdifferenz zu ermitteln. Ja, es stimmte: Der Artikel war tatsächlich falsch ausgezeichnet. Um nun den bereits eingegebenen Preis korrigieren zu können, wurde per Durchsage eine weitere, offenbar dafür zuständige Kollegin an die Kasse beordert. Diese Kollegin erschien auch nach mehrmaliger Durchsage nicht, sodass eine weitere Mitarbeiterin des Ladens losgeschickt wurde, sie zu suchen. Das führte auch nicht gleich zum Erfolg, und die Schlange an der Kasse wurde länger und länger. Schließlich erschien die gesuchte Kollegin – nicht ohne an der Gemüseabteilung noch ein paar scherzende Worte mit der dortigen Kollegin zu wechseln. Die Kundin brauchte dann wirklich nur den niedrigeren Betrag zu bezahlen, was ihr gutes Recht war. Aber sie nahm ihre Einkäufe und verließ den Laden, ohne uns, die wir geduldig in der Schlange gewartet hatten, auch nur anzusehen. Geschweige denn, uns für unser Verständnis und unsere Geduld zu danken.
Ich besuche eine alte Dame, die meine Urgroßmutter sein könnte, an ihrem 99. Geburtstag in Odessa, Ukraine. Früher hat sie sehr gerne getanzt. Es ärgert sie, dass sie immer schwächer wird. „Heute kann ich nicht, aber wenn du in einem Jahr wiederkommst, tanzen wir zusammen Walzer!“, sagt sie und lacht.
Über 43 Jahre Polizeidienst (davon mehr als 35 Jahre im Wach- und Wechseldienst) ohne schwerwiegende psychische und physische Blessuren überstanden zu haben. Und hoffentlich noch lange mein Ruhegehalt zu bekommen.
Die Kritzelei entstand innerhalb eines Monats während meiner Arbeitszeit. Immer wieder saß ich am Schreibtisch vor meiner einst weißen DIN-A2-Papierunterlage, die eigentlich als großer Notizbogen dienen sollte. Ob bei Telefonaten oder anderweitigen kurzen Gesprächen – jeden Tag kam eine Kritzelei dazu, und es wuchs zu diesem Gesamtkunstwerk.