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Lächeln

Frankfurt am Main, Zeil, Kaufhaus Karstadt, 4. Stock, Haushaltswaren-Abteilung. Ich bezahle meine Einkäufe. Der Mitarbeiter an der Kasse: „Können Sie mich bitte noch einmal anlächeln, das hat so gutgetan!“ Ich bin dieses Jahr 70
geworden!

Marion Fiekers, Bad Soden am Taunus

 

Ünnergang

Avendsünn vergeiht.
Gleunig. Rot. Achtern Wienbarg.
Welt swiggt. Oogenslag.

Abendsonne vergeht.
Glühend. Rot. Hinterm Weinberg.
Welt schweigt. Augenblick.

Wilfried Harms, Wiefelstede, Ammerland

 

Wiedergefunden: Ein Bild der Ruhe

Seit einiger Zeit bestand mein Tag nur noch aus Arbeiten und Schlafen. Dann rief meine Tochter an und bat mich, ihr ein Bild zu suchen. Ich wollte erwidern, dass ich dafür keine Zeit habe – und fing dennoch an, in den Kisten zu stöbern. Dabei fand ich dieses Foto. Es zeigt meinen Schwiegervater im Jahr 1985. Er war ein Mensch, der sehr viel gearbeitet hat. Sogar das Haus für seine Familie hat er selbst gebaut, wie das in der DDR üblich war: alles Eigenleistung. Doch auf diesem Foto macht er einmal eine Pause, er liegt im Gras und streichelt die Katze. In diesem Moment ist ihm alles egal, vor allem die Zeit. Das Bild war, nach so langen Jahren, ein Geschenk für mich. Ich nahm mir endlich wieder Zeit für mich, schaltete einen Gang herunter, habe meine Zeit genossen und dankbar an ihn gedacht, an meinen im März verstorbenen Schwiegervater.

Barbara Nußeck, Dessau

 

Tanz auf der Hütte

Ein verregneter Abend auf der Innsbrucker Hütte in den Stubaier Alpen. Wenn einige musizierende Bergwanderer auf mitgebrachten Instrumenten zum gemeinsamen Singen und Tanzen anregen und Österreicher, Franken, Sachsen, Thüringer und Holländer fröhlich einstimmen. Verschiedene Sprachen, verschiedene Dialekte, unterschiedliches Alter, aber gemeinsames, freundschaftliches, vergnügliches Zusammensein.

Frank Mäurer, Jena

 

Führt endlich ein Tempolimit ein!

Als zugegeben reisetechnisch ein wenig unbedarfter Österreicher gerate ich auf dem Weg nach Nordfrankreich mit einem Kleinwagen zum ersten Mal auf die deutsche Autobahn. Es dauert einige Zeit, bis ich begreife: Es ist ein Zurück in die Geschichte. Ich verlasse die gemütlich egalitäre Moderne und spüre die Macht der Gewalt, des Besitzes, das Vorrecht erlaubter Rücksichtslosigkeit. Es ist klar: Ich mag das Autofahren nicht. Es ist tote, verlorene Zeit. Die schnelle Fortbewegung nagt an mir, sie raubt mir die Freude, lässt mich den Wert des Daseins grundsätzlich überdenken. Also reise ich so selten wie möglich. Und dann die deutsche Autobahn: Ich verstehe nun, wie Revolutionäre gemacht werden, nämlich durch fortgesetzte ungerechtfertigte Demütigung vonseiten eines stupiden, protzigen, privilegiensüchtigen Großbürgertums, dem ich hier, Jahrzehnte nach seinem Untergang, in automobiler Gestalt begegne. Und wie schon das Großbürgertum des 19. Jahrhunderts weckt es Zweifel, da die Form dem Inhalt nicht entspricht. Wer verstehen möchte, was die dämonische Grausamkeit eines Lenin entfachte, der begebe sich auf die deutsche Autobahn! In einem Augenblick echter Wut wünschte ich diesen hohlköpfigen Rasern einen neuen österreichischen Führer an den Hals, der die automobile Deppenparade dorthin führt, wo sie hingehört, nämlich in den Abgrund. Diesen Fluch nehme ich hiermit zurück und beschwöre die Deutschen, besonders in Zeiten, wo doch längst zehntausend Argumente in Richtung 80/100 weisen, wenigstens ein Tempolimit einzuführen, wie alle anderen Nationen auch.

Marius Bonfert,Kottingbrunn, Österreich

 

Was mein Leben reicher macht

Einfach Ehrgeiz und Disziplin vergessen und einen Abend mit den besten Freunden verbringen.

Tom Betz, Schwanstetten, Mittelfranken