Ein sehr guter Freund und ich an unserem ersten Abend in Oslo. Es ist schon recht spät und wir wollen noch ein paar Lebensmittel einkaufen. An der Supermarktkasse die Information, man könne dort nach 20:00 Uhr nur in bar bezahlen. Wir sind ratlos, Bargeld haben wir noch keines. Direkt hinter uns in der Schlange ein Mann in Arbeitskleidung. Ohne einen Augenblick des Zögerns erklärt er sich bereit, unsere Rechnung zu begleichen. Wir reagieren vollkommen ungläubig und wollen das Angebot zunächst ausschlagen. Der Mann sagt, er wolle, dass wir uns in seinem Land willkommen fühlen, das sei sein Beitrag und der sei nun wahrlich nichts Besonderes. Er lächelt, er fordert nichts im Austausch. Ein Angebot, das man nicht ablehnen kann, auch nicht mehr ablehnen will. Auf der Straße steigt der Mann zu Frau und Kind ins Auto und winkt uns zu. Er lässt uns zurück mit einem unbeschreiblichen Gefühl, das sich beim darüber Nachdenken auch nach Jahren sofort wieder einstellt.
1982 hatte ich mich bei bei einem Jugend-Orchesteraustausch in einen jungen Franzosen verliebt. Da ich nicht Französisch und er nicht Deutsch sprechen konnte, verständigten wir uns mehr oder weniger auf Englisch. In dieser Zeit erreichten mich diese Briefe aus Italien und Kanada, die er Bekannten mitgegeben hatte, welche in diese Länder reisten, so dass ich seine Liebeserklärungen aus aller Welt erhielt – immer mit einem anderen Anfangsbuchstaben meines Vornamens versehen. Noch nach fast 30 Jahren berührt es mich, diese kleinen Botschaften ab und zu anzuschauen.
Eine Schülerin, elf Jahre alt, geht vor mir die Treppe rauf. Sie dreht sich um: „Haben Sie heute gute Laune?“ Ich: „Ja.“ Sie: „Gott sei Dank, ich habe nämlich weder für Deutsch noch für Geschichte meine Hausaufgaben.“
in der Regierung gibt es viele fachfremde Minister, die in ihren Ressorts auf Experten angewiesen sind. Sie jedoch sind Physikerin. Wie können Sie da einer Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken zustimmen, wenn es für die derzeit 126 000 Atommüllfässer keine sichere Lagerung gibt? Schon die bisherige Laufzeitvereinbarung bedeutet weitere 17 200 Tonnen Atommüll, und jetzt werden mindestens 22 200 Tonnen anfallen. Gibt es vielleicht eine mir unbekannte physikalische Formel „Keine Lösung für Problem x => Problem 2x wird sich von allein lösen“? Hätten Sie eine Großfamilie: Wären Asse oder Gorleben wünschenswerte Wohn- und Arbeitsorte für Sie und die Ihren?
Singen, tanzen, lachen, hüpfen und mit nackten Füßen den eiskalten Wellen der Nordsee davonlaufen. Und dabei mit ausgebreiteten Armen vom Wind gestreichelt und von der Sonne gewärmt werden.
Ich muss zu einem Termin nach München und stehe am Duisburger Hauptbahnhof. Es ist Herbst, es regnet, es ist grau und nass. Ich trage meinen schwarzen Anzug, habe meinen Laptop dabei und mein Köfferchen. Der ganze Bahnsteig wimmelt von Anzug und Laptop tragenden Frauen und Männern mit kleinen Koffern. Ich mümmle an meinen Bonbons, die ich mir gerade gekauft habe. Neben mir steht ein junger Mann (dunkler Anzug, Laptoptasche, Köfferchen). Er beißt gerade mit einem Ausdruck spitzbübischer Entzückung im Gesicht in ein großes, fettiges Stück Salamipizza. Ich muss plötzlich lächeln und fühle mich ihm irgendwie verbunden. Ich bin in München angekommen. Gemeinsam mit all den Anzug und Laptop tragenden Frauen und Männern. Am Hauptbahnhof ist jeder für sich in ein Taxi gestiegen. Jetzt sitze ich im Hotelzimmer. Und muss immer noch lächeln.
Das Foto oben schoss mein Vater, als er sich vor zwanzig Jahren beruflich in Peking aufhielt. Es zeigt den Tiananmen-Platz, im Hintergrund die Gedenkstele der Volkshelden und das Mao-Mausoleum, die beide auf der Nord-Süd-Achse errichtet wurden und somit jenen Blick versperren, der sich dem chinesischen Kaiser geboten hatte, wenn er von seinem Thron sinnbildlich nach Süden in sein Reich hineinschaute. Das Foto unten entstand im vergangenen Sommer während einer Kulturfreizeit, an der wir teilnahmen, um das neue China kennenzulernen.
Nicht, dass im neuen Bild das Riesenporträt Sun Yat-sens fehlt, des Gründers der ersten Republik, ist der auffälligste Unterschied – es wird auch heute noch zu den Maifeiern aufgestellt. Aber im Vordergrund sind jeweils Besucher zu sehen: 1990 die zu Feierlichkeiten versammelten Vertreter der Arbeiterklasse, 2010 einheimische Touristen aus der neuen Mittelschicht. Die blau-grünen Ameisen von einst sind modisch und selbstbewusst geworden.
Dass der Mann vom Grünflächenamt, der einmal im Jahr die schrömmeligen Brennnesseln an der Ecke zur Allee absenst, um mein kleines Guerilla-Blumenstück herum gemäht hat.
Nach rund vierzig Jahren ist dieser schöne Liebesbrief endlich auf verschlungenen Wegen in meine Hände gelangt. Meine heimliche Freundin damals hieß Heike und hat den Brief etwa 1970, im Alter von sieben Jahren, geschrieben. Ihre Mutter hat sie wohl bei dieser anrüchigen Tätigkeit erwischt, es dann aber doch nicht übers Herz gebracht, das Werk zu vernichten. So verschwand es für viele Jahre in einem wohl wenig interessanten Buch, das erst jetzt wieder jemand in die Hand genommen hat. Heike war schon damals so schlau, meinen vollen Namen zu erwähnen. Ich muss sagen, der Brief schmeichelt mir heute noch. In Kürze ist Klassentreffen. Ich bin gespannt!
An einem herrlichen Spätsommersonntag sitze ich mit meiner Frau auf dem Marktplatz von Groß-Umstadt. Wir genießen die Gnocchi und Penne mit Blick auf das in der Sonne strahlende Renaissance-Rathaus mit seinen reich geschmückten Giebeln und seinem Prunkportal. Rundum sind wir von schön renovierten Fachwerkhäusern umgeben, die Ruhe und Beständigkeit ausstrahlen. Zwei Stunden lang entdeckten wir bei einer Führung in der Altstadt Schlösser und Adelshöfe und bekamen deren Jahrhunderte alte Geschichte erläutert. Es ist schön, dass es in vielen Orten solche eindrucksvollen Zeugnisse unserer Geschichte gibt. Noch 9 Monate bis zur Rente…