Lieber Rich,
Du hast recht: Naturkatastrophen wird es immer geben. Aber man kann versuchen, die Zahl und die Folgen jener Katastrophen zu reduzieren, die von Menschen verursacht werden. Natürlich ist man im Nachhinein immer schlauer, aber derzeit muss man doch die Frage stellen, warum die amerikanische Gesetzgebung bei Unterwasserölbohrungen keine Sicherheitsventile verlangt. Derweil nutzt die kanadische konservative Regierung die Ölpest, um die Ölsände in Alberta zu preisen, denn immerhin könne dort so etwas ja nicht passieren.
Praktischerweise vergessen sie natürlich dabei, dass auch die Ölsände viele Umweltrisiken bergen. Die menschliche Solidargemeinschaft, die Du in Deutschland ansprichst, ist wunderbar – besonders in Katastrophenzeiten. Aber was die Flutopfer angeht, so würden viele doch bestimmt einen Versicherungsscheck den gut gemeinten Spenden vorziehen. Denn Ersterer verspricht Sicherheit. Und wer die will, landet zwangsläufig wieder bei einem gesetzlich geregelten Solidarpakt. Wenn die Deutschen den aufgeben, müssen sie sich fragen, ob eine Kombination aus Markt und Hilfsbereitschaft ihn ersetzen kann. Um es überspitzt zu sagen: Deine studentischen Helfer in allen Ehren, aber im Moment ziehe ich es vor, dass BP sich um die Aufräumarbeiten kümmert. Denn so will es das Gesetz, und das ist gut so, findet
Dein Julian
Im wöchentlichen Wechsel schreiben sich hier Julian Lee, 30, Umweltberater aus Montreal, und sein Stiefvater Friedrich Engelke, 68, Physiker aus Villingen