Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

Nach einem verregneten Sommer unerwartet schönes Wetter im Herbst: Die Sonne wärmt meine Haut, während ich auf meinem Fahrrad über die Brücken der Amsterdamer Grachten flitze.

Olivia Ekerot, Amsterdam

 

Neue Triebe

s80-baum

Dieser Baum ist eher eine Wurzel, der neue Triebe gewachsen sind. Die Aufnahme entstand am Edersee (einem Stausee in Nordhessen) auf dem Weg zu der Stelle, an der sich einst das Dorf Berich befand. Die Ruinen des vor 100 Jahren gefluteten Ortes kommen immer mal wieder zum Vorschein, wenn der Wasserstand des Sees witterungsbedingt fällt. Ich vermute, dass die Wurzel noch aus dem Baumbestand des alten Dorfes stammt, bei Vollstau ist sie jedenfalls unter Wasser. Mir gefällt dieses Foto besonders gut, weil es die freigelegte Wurzel ebenso zeigt wie das neue Bäumchen und gleichzeitig noch einen schönen Ausblick über den See bietet.

Sabine Degenhardt, Edertal, Hessen

 

Was mein Leben reicher macht

Ein kleines Café in München am späten Samstagnachmittag. Alle Tische besetzt. Es wird Kaffee getrunken, Kuchen gegessen, Zeitung gelesen und gequatscht. Plötzlich ein lauter Knall, dann allseits erschrockene Stille – bis ein Junge frech grinsend die Papiertüte hochhält, die er soeben hat zerplatzen lassen. Ein ganzes Café lacht.

Thea Weder, München

 

Eilung: Mein Wort-Schatz

Ich gehe mit meinem Sohn und seiner hochschwangeren Partnerin spazieren. Ein Windstoß kündigt das nahende Gewitter an. Heike erinnert an das vergessene Wort dafür: Eilung. Wir beeilen uns, um nicht nass zu werden, und wissen nun, dass der Wind es uns gleichtut. Danke, Heike!

Uwe-Jens Walther, Berlin

 

Modellwechsel

Parodie auf »Herbsttag« von Rainer Maria Rilke

Lasst’s gut sein, Leut’! Lasst endlich Rilke ruhn!
Es war — gefühlt — zwei Dutzend Male »Herbsttag«.
… und vor den Fenstern ist doch Sommer nun.

Es freut ja sehr, dass rings in deutschen Landen
RMRs Rhythmik, Poesie und Metrik
so weit verinnerlicht, gelebt und auch »daheim« ist.
Doch macht zu viel Zitat das Original zuschanden.

Wer jetzt zu Hause lebt, ist donnerstags gespannt,
wenn raschelnd sich die ZEITenblätter schichten;
denn viele gibt’s, so scheint’s, die gerne dichten.
Ach! Nehmt Conrady* mutig nur zur Hand
und sucht nach andern reizenden Gedichten!

Peter Dittler, Perleberg, Brandenburg

* Lyriksammlung: »Der Große Conrady. Das Buch deutscher Gedichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart«

 

Endspurt

Paodie auf »Herbsttag« von Rainer Maria Rilke

Herr, es ist Zeit — der Sommer war doch Schrott!
Los, gib’s schon zu! Wir alle bau’n mal Mist,
Ob Honorarprofessor, Opa oder Gott.
Da hilft kein Wegschaun, weil es ist, wie’s ist.

Du hast ja Glück, dass trotzdem etwas reift,
Doch das liegt eher an dem guten Boden.
Ich hülle mich schon in den Winterloden,
Weil Herbstwind um die kahlen Äste pfeift.

Doch wer kein Haus hat, der ist selber schuld,
Denn wozu gibt es eine Bausparkasse?
Der irrt, vor Kälte zitternd, durch Alleen und saugt
Am Plastiktrinkhalm einer Einwegtasse.

Heidrun Pelz, Freiburg im Breisgau

 

Altweibersommer

Parodie auf »Herbsttag« von Rainer Maria Rilke

Herr, gib mir Licht, der Sommer war sehr knapp.
Nimm alle Schatten meiner Seele fort,
und für den kleinen Badeort sieh von den Nebelschwaden ab.

Lass wärmer werden meinen See,
gib ihm doch noch acht südlichere Tage.
Lass ruhig reifen blaue Beeren und jage
die kalten Schauer in die ferne Höh.

Wer jetzt noch badet, fühlt Gelassenheit.
Wer jetzt sich sonnt, kann sich noch lange freuen,
mit Heidelbeergenuss die Zähne bläuen.
Sein Herz trotzt still der Winterzeit
und glüht, auch wenn ihm Stürme dräuen.

Beate Hugenschmidt, Freiburg im Breisgau

 

Quetsche-Nivvel: Mein Wort-Schatz

Nach einem vierjährigen Toskana-Aufenthalt zurück in Deutschland, erweiterte unser neuer Nachbar unseren Wortschatz durch einen Begriff für den morgendlichen Nebel im Frühherbst, der in Oberhessen als Quetsche-Nivvel, also als Pflaumennebel, bezeichnet wird.

Dietmar Weitzel, Marburg