Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Vorhang auf für starke Inhalte

 

Dass Personen in Wahlkämpfen immer wichtiger geworden sind, wurde hier bereits mehrfach diskutiert und dargelegt (siehe etwa die früheren Blog-Beiträge zu Angela Merkel und Franz Müntefering). Es wurde dabei auch darauf hingedeutet, dass die Person bzw. der Kandidat nicht alleine den Ausschlag geben kann, sondern in Verbindung zu einem Thema gebracht werden muss. Ursula von der Leyen und die CDU-Familienpolitik sind momentan das beste Beispiel dafür. Am Sonntag steht nun wieder eine Person im medialen Vordergrund: Die Bundeskanzlerin bestreitet ihr erstes „Townhall Meeting“ und stellt sich den Fragen der Bürger.

Natürlich werden die Zuschauer genau darauf achten, wie Angela Merkel zu Fragen Position bezieht, die nicht von Fernsehmoderatoren erdacht wurden, sondern aus der Mitte der Bevölkerung kommen. Und abgesehen davon hat dieses Ereignis noch eine weitere spannende Komponente: Die empirische Forschung hat klar gezeigt, dass mehr und mehr auch die „unpolitischen“ Eigenschaften eines Kandidaten bei der Wahlentscheidung eine Rolle spielen.

Die Geschichte hierzu ist schnell erzählt: Wähler orientieren sich bei der Entscheidungsfindung immer weniger an Parteien, das Grundvertrauen in eine Partei (die so genannte Parteiidentifikation) ist konstant rückläufig und weicht einem Grundvertrauen in politische Köpfe. Vor allem auch aufgrund der Komplexität und des permanenten Wandels der politischen Agenda rücken verstärkt die unpolitischen Eigenschaften der Kandidaten in den Mittelpunkt. Der Wähler beurteilt den Politiker anhand seiner Managementfähigkeiten und seiner Möglichkeit, Dinge kurz und prägnant darzustellen. Auch die angemessene Gestik und Mimik tragen dazu bei, dass ein Politiker jenseits konkreter Themen glaubwürdig, seriös und zuverlässig wirkt und somit das Vertrauen der Wähler genießt. Einige empirische Untersuchungen zeigen sogar, dass phyische Attraktivität förderlich für den Wahlerfolg ist – so etwa ein überzeugendes Papier von Ulrich Rosar und Markus Klein zu „Pretty Politicians“.

Allerdings gibt es trotz dieser interessanten Impulse keine systematischen Hinweise darauf, dass diese unpolitischen Eigenschaften die Bedeutung von politischen Eigenschaften verdrängen. Die „A-Note“, überzeugende Programme und Inhalte, ist nach wie vor das zentrale Kriterium für die Wahlentscheidung; die „B-Note“, die Darstellung und der Ausdruck, gewinnt jedoch an Bedeutung. Zu dieser Kategorie gehört nicht zuletzt auch der politische Instinkt dafür, die richtigen Themen in den richtigen Formaten zum richtigen Zeitpunkt zu präsentieren.

Wenn Frau Merkel nun im Rahmen des „Townhall Meeting“ auf die Bürger zugeht und sich ihren Fragen stellt, dann zeigt sie damit sowohl in der A- als auch in der B-Note ihre Kompetenz…