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Wer hat´s erfunden? – neue Töne im Streit um Steinmeiers Deutschlandplan

 

Seit fünf Tagen diskutieren die Wahlkämpfer aller Parteien mittlerweile über den Deutschlandplan von Frank-Walter Steinmeier und sein Versprechen, bis zum Jahr 2020 insgesamt vier Millionen Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Inzwischen hat sogar die politische Konkurrenz das 67-seitige Papier gelesen und siehe da, von Häme und Spott ist gar nicht mehr viel zu hören. Im Gegenteil. Der SPD-Kanzlerkandidat hat offenbar einen Nerv getroffen und damit ist die politische Auseinandersetzung über seine Ideen in eine neue Phase getreten.

Vielleicht liegt Steinmeier ja doch gar nicht so falsch.

Nicht, dass die politische Konkurrenz plötzlich in Jubel ausgebrochen wäre, noch immer spricht CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla davon, der SPD-Kanzlerkandidat verspreche etwas, was er nicht schaffen könne. Arbeit für alle, das kann nur die Union. Natürlich hält der CDU-Politiker die eigenen Ideen für besser, wie sollte es auch anders sein. Selbstredend setzt er auf den Markt und nicht auf den Staat. Aber immerhin weiß Pofalla mittlerweile, Steinmeier habe das „richtige Thema“ angesprochen und wirft ihm gar geistigen Diebstahl vor.

Eben noch unseriös, jetzt geklaut, so funktioniert Wahlkampf.

Wesentliche Teile seines Deutschland-Plans habe Steinmeier schlicht aus dem Unions-Wahlprogramm übernommen, sagt Pofalla in einem Zeitungsinterview, ”das Copyright für Zukunftstechnologien liegt doch bei uns“. Und fügt dann hinzu, es sei doch ”ehrenwert, dass Herr Steinmeier einen Großteil unserer Ideen für richtig hält“.

Wer hat´s erfunden? Die CDU, die SPD oder etwa doch die Grünen?

Deren Spitzenkandidat Jürgen Trittin spricht von ”Produktpiraterie“ und wirft der SPD vor, sie habe ihren Vorschlägen für neue Jobs einfach ”kopiert“.

Wahlkampf als Urheberrechtsstreit? Den Arbeitslosen kann es nur recht sein.

Aber vermutlich rührt der neue Zungenschlag im Streit um Steinmeiers Deutschland-Plan auch daher, dass sich nach und nach Experten zu Wort melden, die dessen Ziele für gar nicht mehr so abwegig halten.

So hält es zum Beispiel die Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants für möglich, dass sich die Zahl der Beschäftigten im Umweltsektor auf mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze verdoppeln lasse. Der gewerkschaftsnahe Konjunkturexperte Gustav Horn Institut für Makro-Ökonomie der Hans-Böckler-Stiftung hält sogar zwei bis drei Millionen Arbeitsplätze für möglich. Positiv haben sich auch Unternehmer wie der SAP-Chef Leo Apotheker oder Emanuele Gatti, Vorstandsmitglied von Fresenius Medical Care geäußert. Es zeigt sich also schon jetzt, dass es Unternehmen gibt, die hoffen von neuen staatlichen Anreizen oder gar Subventionen profitieren zu können

Nur die Forscher vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung gießen eine Menge Wasser in Steinmeiers neuen Wein. Denn sie glauben, dass sich ein solches Jobwunder nur mit Niedriglöhnen erreichen lasse. Aber das hört Steinmeier sicher nicht so gerne, schließlich verspricht er nicht nur Vollbeschäftigung, sondern auch flächendeckende Mindestlöhne.