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Ein Bundespräsident auf Kriegspfad

 

Christian Wulff mag es martialisch. Der Bild-Zeitung drohte er mit „Krieg“. Vor Mitarbeitern des Präsidialamtes soll er jetzt von einem „Stahlgewitter“ gesprochen haben, durch das er zur Zeit gehe, das aber bald vorbei sein werde.

Mal abgesehen von der Frage, ob ein führender deutscher Politiker im Jahr 2012 einen solchen Begriff ausgerechnet eines Ernst Jünger aus dessen eher verherlichenden Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg verwenden sollte, zeigt seine Wortwahl, wie Wulff die Affäre um seine Privatgeschäfte offensichtlich weiterhin sieht: als feindseligen, bewaffneten Angriff auf seine Person. Nicht als legitime öffentliche Auseinandersetzung um das Verhalten eines Spitzenpolitikers und von ihm inzwischen ja auch eingeräumte Verfehlungen und Ungereimtheiten.

Deutlich wird damit auch: Die Entschuldigung bei Bild-Chef Kai Diekmann für seine unsägliche Nachricht auf dessen Mailbox war gar nicht so gemeint. Und sein hinterlassener Wutausbruch offenbar auch nicht ein einmaliger, unkontrollierter Ausrutscher eines ansonsten besonnenen Politikers in einer emotionalen Ausnahmesituation, wie Wulff es darstellt. Sonst hätte er bei einem anschließenden Anruf bei Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner nicht die gleichen drohenden Vokabeln verwendet. Und sonst würde er nicht auch jetzt noch, nach seinem vermeintlichen Reuebekenntnis im Fernsehen, im gleichen kriegerischen Jargon bleiben.

„Offensichtlich fühlt sich das Staatsoberhaupt wie im Kugel- und Granatenhagel und setzt darauf, gehärtet und unbeschadet daraus hervorzugehen“, schreibt die Berliner Morgenpost aus dem Hause Springer. Andere Medien kommentieren die angebliche neueste Wulff’sche Entgleisung ebenso fassungslos.

„In einem Jahr ist das alles vergessen“, soll Wulff auf der internen Neujahrsfeier des Präsidialamtes gesagt haben. Die Frage ist eher, ob er dann nicht längst vergessen ist.