Von unserem Autor in NRW, Lenz Jacobsen:
Etwas schief sitzt Hannelore Kraft auf der Lehne eines roten Sessels, im Hintergrund kniet eine ältere Frau im Engelskostüm auf einem undefinierbaren braun-grauen Boden, betend. Das ganze Bild wirkt merkwürdig verzogen, die Perspektive stimmt hinten und vorne nicht. Darüber steht in bemüht lockerem Schrifttyp: „Wenn beten alleine nicht mehr hilft…“ Und weiter unten: „Hannelore Kraft. Für ein gerechtes NRW.“
Das ist einer von 306 Plakatentwürfen, die SPD-Anhänger sich für den anstehenden Wahlkampf in Nordrhein Westfalen ausgedacht haben. Ihre Partei hatte sie dazu aufgerufen, eines der Motive soll tausendfach im Land plakatiert werden. Denn, wie Generalsekretär Michael Groschek im kumpelhaften Erklärvideo zur Aktion sagt: „Gut gemachte Plakate sind das Salz in der Wahlkampf-Suppe.“
Ob diese Aktion die „Wahlkampf-Suppe“ der SPD aber wirklich leckerer machen wird, ist mehr als fraglich. Denn viele der Vorschläge sind entweder fade oder unfreiwillig komisch. Wie eben jenes merkwürdige und schlecht zusammengebastelte Engels-Motiv. Oder wie ein weiterer, minimalistischer Entwurf, der leicht vorwurfsvoll fordert: „Einfach mal was Gutes tun: Wähl SPD!“
Es geht noch skuriler: Manche SPD-Fans wollen wohl am liebsten Bilder aus ihrer privaten Fotosammlung auf Tausenden Plakaten im Bundesland sehen – egal, wie gut diese Fotos sind, und ob sie irgendeinen Zusammenhang mit der Partei oder überhaupt mit Politik haben. Da steht dann ein Anzugträger mit orangenem Schutzhelm vor mysteriösen riesigen Stein-Röhren (oder ist es Beton? Sind es überhaupt Röhren?) und lächelt etwas schief in die Kamera. Das vielleicht irritierendste Motiv von allen: Eine Bulldogge mit gesenktem Kopf, von hinten fotografiert.
In der Düsseldorfer SPD-Zentrale wird man froh sein, am Ende wohl keines dieser Motive wirklich drucken zu müssen. Denn am heutigen Freitag wählt eine Jury der Partei die fünf besten Vorschläge aus, und erst unter diesen fünf gibt es dann am Wochenende eine offene Abstimmung im Internet.
Auf die Gewinnerin oder den Gewinner wartet neben der landesweiten Plakatierung auch ein persönlicher Sonderpreis: Ein Abendessen mit Hannelore Kraft.
Vielleicht hilft beten ja doch.