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Chinas Bankenkrise ist vom Staat gewollt

 

Jetzt schrillen auch in China die Alarmglocken. In der vergangenen Woche geriet eine Reihe von Banken in Finanzierungsschwierigkeiten. Aus gegenseitigem Misstrauen liehen sich die Institute einige Tage lang so gut wie gar kein Geld. Jetzt wächst die Angst, auch China könnte nun in eine gefährliche Finanzkrise schlittern. Das hätte auch globale Konsequenzen: Immerhin ist das Land inzwischen die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Auf den ersten Blick scheint die Sorge berechtigt: Viele chinesische Banken haben zu viele Kredite vergeben und können nun ihre eigenen Darlehen nicht mehr begleichen. Die Schulden der Kommunen sind auf ein Rekordniveau gestiegen. Am grauen Kapitalmarkt lauern zusätzliche Risiken: Privatleute haben auf eigene Faust umgerechnet bis zu drei Billionen Euro verliehen. Ihre Darlehen sind weder von einer Einlagensicherung geschützt noch mit Eigenkapital unterlegt. Das birgt große Gefahren.

Schon werden Erinnerungen an die Lehman-Pleite wach, die damals die gesamte Weltwirtschaft in die Tiefe gezogen hatte. Und tatsächlich spielen derzeit auch die Börsen in der Volksrepublik verrückt. Ausgerechnet in einer Zeit, in der sich das Wachstum von Chinas bislang so dynamischer Wirtschaft ohnehin abschwächt.

Dennoch gibt es bislang noch wenig Grund zur Angst. Denn was Chinas aktuelle Liquiditätskrise von denen in den USA und Europa vor allem unterscheidet: Sie ist vom Staat gewollt.

Regierungsnahe Ökonomen haben bereits Ende des vergangenen Jahres mehrfach darauf hingewiesen, dass Chinas Wirtschaft 2013 eine Korrektur durchlaufen werde. Zuvor hatte der Staat massiv in dringend benötigte Straßen, Hochgeschwindigkeitsstrecken, U-Bahn-Systeme und öffentliche Kultureinrichtungen investiert. Das war nötig und gab der chinesischen Wirtschaft nach dem Lehman-Crash Kraft. Doch die lockere Geldpolitik der Zentralbank und die großzügige Kreditvergabe führten auch zu einer Reihe von Fehlinvestitionen. Zudem sorgten sie für Spekulationsblasen, etwa auf dem Immobilienmarkt.

Solche Blasen will die chinesische Führung schon seit einiger Zeit stoppen. Chinesische Ökonomen hatten bereits im vergangenen Jahr vermutet, bis zum Führungswechsel im Frühjar 2013 werde Peking an der lockeren Geld- und Ausgabenpolitik festhalten. Dann aber sei wohl Schluss.

Ihre Erwartungen bewahrheiten sich gerade. Kurz nach seiner Amtsübernahme im April kündigte Chinas neuer Premierminister Li Keqiang eine deutliche Straffung der Kreditvergabe an. Er will die Banken bändigen. Zudem räumt er mit einer Reihe von weiteren Fehlentwicklungen im chinesischen Finanzsystem auf.

Ganz aktuell haben Lücken im Währungssystem den Engpass an Liquidität ausgelöst. Die chinesische Währung, der Yuan, ist international nicht frei konvertierbar. Stattdessen streicht die Zentralbank sämtliche Exporteinnahmen in Dollar oder anderen ausländischen Devisen ein. Im Gegenzug gibt sie den chinesischen Unternehmen zu einem von ihr festgelegten Kurs Yuan.

Die chinesischen Unternehmen aber haben in den vergangenen Jahren mehr Exporteinnahmen angegeben als sie tatsächlich hatten. Die Zentralbank glaubte ihnen und gab bedenkenlos Yuan aus. So trugen die gefälschten Handelseinnahmen zu einer Ausweitung der Geldmenge bei. Li setzt dem nun ein Ende – und die Banken klagen, ihnen fehle es an Geld.

Lis Manöver ist nicht nur unerfreulich für die chinesischen Banken. Ein Kreditengpass könnte auch die chinesische Realwirtschaft hart treffen. Dennoch sind die Korrekturen dringend notwendig. Letztlich setzt Chinas Führung nur um, was den USA und Europa mit ihrer ebenfalls extrem lockeren Geldpolitik noch bevorsteht.

Selbst wenn einiges schiefgehen sollte – anders als Lehman wird China den Rest der Welt nicht so leicht infizieren. Der Staat hat keine Auslandsschulden und ist damit niemandem Rechenschaft schuldig. Hinzu kommt, dass die chinesische Finanzwirtschaft nach wie vor nur gering mit dem Rest der Welt verflochten ist. Angesichts der aktuellen Probleme ist das auch ganz gut so.