Die Journalistin und Sozialforscherin Munira Mirza ist die Hauptautorin einer umfassenden neuen Studie, die Meinungen und Haltungen britischer Muslime untersucht. Download hier.
Munira Mirza
Die Entfremdung vor allem der jungen Muslime in England ist höchst beunruhigend. Ein paar interessante Daten aus dem Bericht „Living Apart Together“ („Getrennt miteinander leben“) des britischen Thinktanks „Policy Exchange“, der auf der Studie beruht:
- 86 Prozent der Muslime sagen: „Religion ist das Wichtigste in meinem Leben“
- 62 Prozent der zwischen 16 und 24 jahre Alten sagen, sie haben mit Nichtmuslimen ebensoviele Gemeinsamkeiten wie mit Muslimen (bei den über 55 jährigen sind es immerhin 71 Prozent)
- 60 Prozent würden ihre Kinder lieber zu einer gemischten staatlichen Schule schicken, gegenüber 35 Prozent, die eine islamische Schule befürworten. Bei den Jüngeren sind es 37 Prozent, bei den Älteren (über 55 Jahre) nur 19 Prozent
- 59 Prozent würden lieber unter dem britischen Recht leben, 28 Prozent unter der Scharia. Auch hier bezeichnend der Altersunterschied: 37 Prozent der 16-24jährigen wollen die Scharia, gegenüber 15 Prozent der über 55jährigen
- 36 Prozent der 16-24jährigen glauben, die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion solle mit dem Tode bestraft werden, gegenüber 19 Prozent der über 55jährigen
- 7 Prozent „bewundern Organisationen wie Al-Kaida, die bereit sind, gegen den Westen zu kämpfen“. (13 Prozent der Jüngeren, 3 Prozent der Älteren)
- 74 Prozent der 16-24jährigen würden es bevorzugen, wenn Frauen das Kopftuch tragen, gegenüber 28 Prozent der über 55jährigen
- 21 Prozent der Muslime haben schon einmal Alkohol konsumiert
- 65 Prozent zahlen (islamisch verbotene) Zinsen auf einen Immobilienkredit
- 19 Prozent haben schon einmal Glücksspiele getrieben
- 9 Prozent geben zu, schon einmal Drogen genommen zu haben
- 41 Prozent nennen „Aussenpolitik wichtig“ für Muslime. Doch nur 18 Prozent kennen den Namen des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, 14 Prozent der Namen des Premierministers von Israel
- 84 Prozent sagen, trotz grosser Befürchtungen über „Islamophobie“, sie seien in der britischen Gesellschaft fair behandelt worden
- 75 Prozent finden es falsch, aus Angst vor Spannungen christliche religiöse Symbole zu vermeiden
- Auf die Frage, wer die Interessen der Muslime in Grossbritannien öffentlich vertrete, nannten nur 6 Prozent den „Muslim Council of Britain“, der sich selbst als zentraler Ansprechpartner versteht. 51 Prozent sagte, sie fühlten sich von keiner Organisation vertreten
Als ich kürzlich mit einem der Verantwortlichen für die Deutsche Islam Konferenz sprach und diese Studie erwähnte, bekam ich zu hören, dass die deutsche Regierung keine vergleichbaren Kenntnisse über Meinungen und Haltungen der deutschen Muslime hat. Warum nicht?
Ich möchte wetten, dass wir bei einer umfassenden Studie ähnlich überraschende Ergebnisse zu erwarten hätten.
Munira Mirza hat im Guardian eine eigene Deutung des Reports vorgelegt, die auch die vielen Überschneidungen zwischen der muslimischen Bevölkerung und der Mehrheit betont.