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TV-Duell: Eine journalistische Katastrophe

 

Zeit für einen Wutanfall.

Kann es sein, dass die Journalisten (wir Journalisten) die Krise unseres politischen Systems herbeischreiben und herbeiquatschen (um mal beim gestrigen Abend zu bleiben), die wir dann beklagen?

Wie sich die vier Frager gestern abend bei dem „Duell“ zwischen Merkel und Steinmeier präsentiert haben, war beschämend. Statt die Kontrahenten zu den Inhalten zu befragen, wurde sofort auf die Metaebene ausgewichen: Sind Sie nicht ein altes Ehepaar? Wann wird der Wahlkampf endlich unterhaltend? (Als ginge es darum!) Wollen Sie nicht in Wahrheit eine zweite Große Koalition gründen? (Als wäre das nicht dem Wähler vorbehalten.) Und dann noch die „Tigerentenkoalition“ (Illner) oder die Schulnoten für Gerechtigkeit (Plasberg)! Halten diese Kollegen eigentlich das Publikum für doof und uninteressiert? Oder glauben sie, dass es eigentlich um nichts geht? Sie vermittelten jedenfalls den Eindruck.

Es wurde kaum in der Sache nachgefragt – Merkel nicht zu ihrem Steuerpopulismus, Steinmeier nicht zu seiner Opel-Retterei.

Immer wieder dieser Schwachsinn (Verzeihung), dass den beiden Kandidaten unterstellt wurde, sie könnten sich nichts Schöneres vorstellen als gemeinsam weiterzuregieren! Die Große Koalition war aber 2005 nicht gewünscht.Und sie wird auch nicht in Neuauflage erwünscht.

W i r (Wähler) haben sie herbeigewählt, die beiden Parteien haben sich in sie fügen müssen – und nun stehen beide vor historisch schlechtesten Wahlergebnissen. Und vor schrumpfenden Parteien, denen die Anhänger das Vertrauen entziehen.  Und müssen sich noch dazu vorhalten lassen, „langweilig“ zu sein. An der Zerstörung des Politischen ist diese Geschmäcklerei mit schuld.

Unerträglich auch der eitle Claus Peymann bei Anne Will, der sich „Sarkozy oder Berlusconi“ herbeiwünschte und der deutschen Politik „Zwergenhaftigkeit“ vorhielt. Was ist er denn selber für ein Geistesriese mit dieser Einlassung! Der Mann hält sich für links, aber sein populistische Schelte zeigt, aus lauter Rambazamba-Sehnsucht wäre er auch rechts sehr flexibel.

Die Intellektuellen (solche jedenfalls) sind in Deutschland das größere Problem für die Demokratie als die Politiker. Und die Journalisten dazu. Die Bildzeitung konnte sich ihren vorher ausgedachten Gag (Yes we gähn) nicht verkneifen, aber der Boulevard ist hier wirklich überall.Das Angeödetsein wird auch in manchen Qualitätsmedien gerne ausgestellt.

Wir haben keine korrupte, kaputte politische Kultur wie England. Wir haben keine zerstörte politische Kultur wie Amerika (wo Obama der blanke Hass entgegenschlägt). Wir haben keinen Berlusconi, keinen Wilders, keinen Blocher, keinen Le Pen, keinen Haider. Wir sind ein glückliches Land, was unser politisches Personal angeht.

Aber wir arbeiten hart daran, das kaputtzumachen.