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»Gott macht uns Mut«

 

KinderZEIT© Martin Schlüter
Unsere Reporterinnen Llywela Knipsel (10), Vivien Napora (10) und Gresa Mehmeti (9) haben die
Bischöfin Margot Kässmann bei einem Malwettbewerb getroffen – und gleich interviewt

KINDERZEIT: Wieso hat man zu Ostern Ostereier?
Margot Käßmann: Wisst Ihr, was wir an Ostern feiern?
KINDERZEIT: Ja, Jesu Auferstehung!
Käßmann: Super! Das ist genau das, was wir feiern. Wir glauben, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Seine Jünger waren sehr traurig. Sie haben aber dann gemerkt: Mit dem Tod ist gar nicht alles zu Ende. Also auch wenn Jesus gestorben ist, so ist er doch in ein neues Leben gegangen. Ich stelle mir das so vor: Das eine Leben endet, und dann werden wir ein neues Leben bei Gott anfangen.
KINDERZEIT: Und warum legen dann an Ostern Hasen Eier, obwohl sie das gar nicht können?
Käßmann: Die Hasen und die Eier sind Zeichen für neues Leben. Hasen sind sehr fruchtbar, bekommen also viele kleine Hasen, und das Ei ist der Ursprung des Lebens. In der Bibel steht aber davon nichts. Es passt trotzdem gut zum Osterfest. Im Frühling feiern wir so wunderbar mit Eiern, Küken, Hasen, bunten Blüten und grünen Zweigen, dass das Leben stärker ist als der Tod.
KINDERZEIT: Was bedeutet Gott für Sie?
Käßmann: Gott ist die tragende Kraft in meinem Leben. Ich stelle mir Gott als guten Vater, gute Mutter, gute Freundin vor, die Dich im Leben halten, gerade in schweren Zeiten. Im Psalm 27 heißt es: »Mein Herr ist mein Licht und mein Heil. Vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Kraft. Vor wem sollte mir grauen?« Das finde ich einen schönen Vers, gerade wenn ich Angst habe.
KINDERZEIT: Warum gibt es in Deutschland immer mehr arme Kinder? Deutschland ist doch ein reiches Land.
Käßmann: Das ist eine schwer zu beantwortende Frage. Offen gestanden, kann ich das auch nicht verstehen. Das eine ist, dass viele Eltern arbeitslos sind. Viele Mütter sind allein mit ihren Kindern und können kein Geld verdienen, weil sie keine Betreuungsplätze für ihre Kinder haben. Dann gibt es zu wenig Hilfe.
KINDERZEIT: Warum hilft Gott den Kindern auf der ganzen Welt nicht?
Käßmann: Ich glaube, dass Gott den Kindern hilft. Aber Gott kann den Kindern nur durch uns Menschen helfen. Ich stelle mir Gott nicht vor wie jemand, der da oben sitzt und Marionettenfäden in der Hand hat. Ich glaube, dass Gott uns Mut macht, damit wir uns einsetzen und Kindern helfen. Viele Menschen kümmern sich überhaupt nicht um andere. Das finde ich schlimm.
KINDERZEIT: Wie wird man Bischöfin?
Käßmann: Du musst Theologie studieren, also über Gott und Glauben lernen. Dann kannst Du Pfarrerin werden. Wenn Du Pfarrerin bist, kann es sein, dass jemand kommt und sagt. »Wir hätten gern, dass Du Bischöfin wirst!« Dann gibt es ein großes Parlament, das heißt Synode. Sie wählt den Bischof. Vor zehn Jahren gab es zwei Kandidaten, einen Mann und mich. Die Synode stimmte ab, ich hatte mehr Stimmen.
KINDERZEIT: Was macht eine Bischöfin?
Käßmann: Das ist jeden Tag anders. Ich leite die Landeskirche. Es gibt viele lange Sitzungen, auf denen wir zum Beispiel entscheiden, welcher Pfarrer wo arbeitet. Da sprechen wir über ganz verschiedene Themen, wie über die Frage, wie wir armen Kindern helfen können. Ich predige an vielen Orten. Fast jeden Sonntag stehe ich in einer anderen Kirche auf der Kanzel. Manchmal fahre ich morgens um sieben Uhr los, am Sonntag wohlgemerkt, um pünktlich um zehn Uhr einen Gottesdienst zu halten.
KINDERZEIT: Hätten Sie lieber einen anderen Beruf?
Käßmann: Nein! Mir macht das viel Spaß, auch wenn es manchmal anstrengend ist. Das Tolle ist, dass ich immer wieder andere Menschen kennenlerne. Dann können wir zusammen überlegen, wie wir Menschen helfen oder die Welt besser machen. Ich kann von Jesus, also von meinem Glauben, erzählen.
KINDERZEIT: Haben Sie Kinder?
Käßmann: Ja, vier Töchter. Die sind 26, die Zwillinge 23, und die jüngste ist 17.
KINDERZEIT: Wie haben Sie das mit Ihren Kindern und der Karriere gemacht?
Käßmann: Das war nicht einfach. Meine älteste Tochter war allerdings schon zehn Jahre alt, als ich zum ersten Mal eine ganze Stelle hatte. Bis dahin war ich immer mittags zu Hause. Als ich eine ganze Stelle hatte, war die jüngste noch ganz klein. Da war mein Mann zwei Jahre zu Hause. Das war ganz toll. Und dann haben wir versucht, es irgendwie zusammen hinzukriegen.
KINDERZEIT: Wann haben Sie Zeit für sich?
Käßmann: Heute Morgen war ich um sieben Uhr am Maschsee joggen, das ist Zeit für mich. Manchmal gehe ich auch in die Sauna oder ins Kino. Ich treffe mich mit meinen Töchtern oder mit Freunden. Als Bischöfin arbeite ich aber am Wochenende, und dann am Montag geht es gleich weiter.
KINDERZEIT: Sind Sie evangelisch oder katholisch?
Käßmann: Ich bin evangelisch. Nur in der evangelischen Kirche dürfen Frauen Bischöfin werden. In der katholischen Kirche dürfen das nur Männer. Was macht Ihr gerade im Religionsunterricht?
KINDERZEIT: Martin Luther.
Käßmann: Da ist ja toll! Martin Luther hat die evangelische Kirche gegründet. Vor fast 500 Jahren hat er die Bibel ins Deutsche übersetzt, die gab es damals nur auf Latein. Die Leute haben nicht verstanden, was in der Messe gelesen wurde. Luther hat gefordert, dass die Fürsten Schulen gründen sollen. Auch für Mädchen! Das war neu. Er wollte, dass auch die Mädchen nachdenken können.
KINDERZEIT: Wenn Sie als Tier auf die Welt gekommen wären, welches hätten Sie sich ausgesucht?
Käßmann: Das Eichhörnchen. In meinem Garten wuseln sie dauernd rum. Sie haben immer etwas zu tun, die sitzen nie nur da. Sie sind klug, horten Vorräte. Und sie sehen schön aus, finde ich.

Betreuung Tatjana Kimmel