Vor einigen Wochen, am 23. August, ging in einem Kino in Hoyerswerda eine Drohung ein mit der Forderung, „Inglorious Basterds“ von Quentin Tarantino abzusetzen. „Wenn der Film nicht abgesetzt wird, fliegt die Bude in die Luft”, so zitiert der Kinobesitzer den Anrufer nach einem Bericht des Wochenkuriers. (Leider ist der Artikel nicht mehr online, daher ein Link zum NPD-Watchblog). Der Vorfall zeigt, was passiert, wenn die Zivilgesellschaft vor Bedrohungen durch Neonazis einknickt.
Schlimm genug, dass so etwas passiert, richtig abenteuerlich wird aber erst die Begründung des Nachgebens von Seiten des Kinobesitzers. Er führt an, dass der Film sowieso ein Kunstfilm sei, der in einer Kleinstadt wie Hoyerswerda nicht gut laufen würde, des weiteren sei die Filmkopie sowieso defekt. Ich bin zum Glück nicht in der Situation, womöglich meine Lebensgrundlage zu verlieren, weil gewalttätige Wirrköpfe nicht wollen, dass ein Kino einen Film zeigt, in dem eine jüdische Elitetruppe Nazis und am Ende sogar das gesamte Oberkommando des „Dritten Reichs“ tötet. Ich will also lieber nicht zu forsch urteilen. Aber de facto ist es zumindest in Hoyerswerda so weit, dass die Nazis bestimmen, was im Kino gezeigt werden kann und was nicht. Sehr beklemmend. Daran sind alle schuld, die wegschauen, mit den Schultern zucken und „Gutmenschen“, die sich gegen Rassismus engagieren, schlimmer finden als Schlechtmenschen.
Hätten sich nach dem Bericht des Wochenkuriers dutzende Bürger bei dem Kinobesitzer gemeldet und ihn ermuntert, den Film wieder ins Programm zu nehmen, möglicherweise sogar anderweitig Hilfe angeboten, hätte es nicht so weit kommen können. Das klingt möglicherweise für manche Ohren sehr befremdlich, aber die Alternative, die nun eingetreten ist, bedeutet ganz simpel ein Nachgeben gegenüber den Drohungen der Rechtsextremisten. Ich weiß leider nichts von anderen Reaktionen aus der Bevölkerung, es könnte natürlich auch sein, dass diese einfach nicht im Internet zu finden sind. Meine Erfahrung mit solchen Fällen spricht jedoch eher dafür, dass es mehr oder weniger ratlos, wenn nicht sogar verharmlosend („Wir haben hier kein Naziproblem“) hingenommen wurde. Einer der Kommentatoren im NPD-Watchblog weist auf die „Initiative Zivilcourage“ und die lokale Antifa hin. Zum Glück hat auch hat der Oberbürgermeister wohl unmissverständlich die rechtsextremen Einstellungen in der Region als großes Problem erkannt.
Ich will mit meinem Beitrag auch nicht dazu beitragen, dass sich Nazis ermuntert fühlen, Hoyerswerdas zweifelhaftes Image als Hochburg der Rechten, die es seit den fremdenfeindlichen Ausschreitungen 1991 hat, auszubauen oder zu bestätigen. Eine reißerische Berichterstattung wirkt sich mit Sicherheit kontraproduktiv aus.
Nichtsdestotrotz hat die Zivilgesellschaft in diesem Fall versagt. Das ist gefährlich, da es Nachahmer nur dazu einlädt, beim nächsten Mal noch mehr zu fordern. Wie in dem verlinkten Beitrag schon beschrieben, wurden aus ähnlichen Gründen auch schon Konzerte und Fußballspiele abgesagt. Wer sich nicht an der Diskussion beteiligt, in welcher Gesellschaft er/sie leben möchte, muss sich nicht wundern, wenn es ein sehr böses Erwachen gibt. Wer schweigt, gibt Recht.