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Holocaustleugnung straffrei?

 

Neuerdings wird wieder darüber diskutiert, ob die Leugnung des Holocausts unter Strafe gestellt bleiben sollte. Angestoßen wurde diese Debatte von Henryk Broder, der seine Kandidatur für den Präsidentschaftsposten des Zentralrates der Juden unter anderem mit dieser Aussage ankündigte. Nun muss man Broder nicht immer ernst nehmen, aber die Debatte ist da und muss deswegen auch geführt werden.

Broder ist der Auffassung, dass das Gesetz zwar gut gemeint sei, aber sich als kontraproduktiv erwiesen hätte, „indem es Idioten dazu verhilft, sich als Märtyrer im Kampf um die historische Wahrheit zu inszenieren.“. Einer weiteren Begründung bleibt der Autor schuldig.

Er der Auffassung, dass „eine aktive Politik im Dienste der Menschenrechte ohne politische Rücksichtnahme auf wirtschaftliche Interessen“ notwendig sei. In diesem Punkt ist ihm nicht zu widersprechen. Umso erstaunlicher erscheint es jedoch, dass er 2003 Konstantin Wecker, einem Künstler, der sehr aktiv für Menschenrechte und gegen Faschismus eintritt, kritisierte, als dieser kurz vor dem Krieg nach Bagdad reiste, um dort gemeinsam mit irakischen Musikern ein Konzert zu geben

Nun wollen wir uns aber mal genauer betrachten, was Broder vom deutschen Strafrecht und dessen Sinn und Zweck versteht. Natürlich ist es möglich, über Gesetze zu diskutieren und diese auch zu ändern. Es ist sogar wichtig gerade diese Debatte bei solchen Straftatbeständen immer wieder zu führen. Aber für eine sachliche Debatte bedarf es einer fachlichen Perspektive.

Das Argument, dass man durch die Strafbarkeit solcher Aussagen Märtyrer bilden ließe, kann nur deutlich entgegengetreten werden. Jedem Straftatbestand wohnt das Problem inne, dass er auch zur
Profilierung missbraucht werden könne. Keiner käme ernstlich auf die Idee, einen Ladendiebstahl straffrei zu stellen, nur weil manche Jugendliche als Mutprobe im Supermarkt kleinere Waren stehlen, um vor ihrer Clique besser dazustehen.

Vielmehr muss sich die Strafbarkeit danach richten, welchen Unrechtsgehalt einer Tat zugrunde liegt. Grundsätzlich ist erstmal festzustellen, dass es sich beim Holocaust keinesfalls um eine Meinung handelt und somit auch nicht der Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit eröffnet ist. Es handelt sich um eine Tatsache, die dem Beweis zugänglich ist.

Der Holocaust ist eine unbestreitbare historische Tatsache, dessen Leugnung nicht ernstlich vorgenommen werden kann. Insofern ist festzustellen, dass hier kein Irrtum über die Tatsachen bestraft wird, sondernd das Vortäuschen eines solchen und die damit regelmäßig verbundene Verharmlosung oder Billigung der Verbrechen der Nationalsozialisten. Der Gesetzgeber will nicht den Unwissenden, sondern den Unbelehrbaren bestrafen.

Es geht hierbei weniger darum, denn Unbelehrbaren zu belehren, sondern eine Störung des öffentlichen Friedens zu verhindern. Anders gesagt: Es geht nicht um den Schutz der Wahrheit sondern um den Schutz des öffentlichen Friedens und damit auch der Allgemeinheit vor feindseliger Ignoranz.

Es wird daher zu Recht angenommen, dass die Leugnung des Holocausts, geeignet ist, das gedeihliche Miteinander zwischen Juden und anderen Bevölkerungsgruppen empfindlich zu stören und die Juden in ihrem Sicherheitsgefühl und in ihrem Vertrauen auf Rechtssicherheit zu beeinträchtigen“ (BGH 1 StR 184/00). Jemand, der wider besseren Wissens diese Auffassung nach außen vertritt, dem ist der Vorsatz leicht zu unterstellen.

Freilich: Gerade solche Gesetze sollten immer wieder diskutiert werden und immer wieder hinterfragt werden.

Dennoch: Eine Abschaffung der Straftatbestände kann das gewünschte Ziel nicht erreichen. Vielmehr muss mit einer aktiven Gedenkarbeit an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern und dazu beitragen, dass es dabei bleibt, dass niemand den Holocaust leugnen kann.

Broder steht alleine mit seiner Forderung. Aber schon morgen kann das anders sein. Nachdem Broder erklärt hat, dass er nicht für das Präsidium kandidiert, bleibt die Debatte. Eine Debatte, die es wert ist, geführt zu werden.