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„Eichsfelder Heimattag“ als neues Rechtsrock-Event in Thüringen

 

Nazirock als Publikumsmagnet
Nazirock als Publikumsmagnet

Mit dem „Eichsfelder Heimattag“ will der mehrfach vorbestrafte Neonazi Thorsten Heise einen neuen Rechtsrock-Termin in Thüringen etablieren. Nach Vorwürfen aus der Kameradschaftsszene, Heise betreibe eine Konkurrenzveranstaltung zu einem Neonaziaufmarsch in Dortmund, versucht der heute 41-jährige die Wogen zu glätten und bewirbt sein Event als „familienorientiert“. Aufmarschteilnehmern aus Dortmund verspricht er Ermäßigung beim Konzerteintritt. (zuerst erschienen bei „Blick nach Rechts“)

Als im Frühjahr 2011 mehrere Doppelbelegungen für wichtige Termine der extrem rechten Szene bekannt wurden, hagelte es deutliche Worte: „Idioten von der Thüringer NPD“, Mitgliederfang der Partei und „Musik-Säufer-Proll-Assis“ lauteten nur einige Vorwürfe. Der Grund: Zeitgleich zum „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) in Braunschweig findet im 100 km entfernten Nordhausen der zehnte „Thüringentag der nationalen Jugend“ statt, für den 6. August ist das rechtsextreme „Rock für Deutschland“ im thüringischen Gera angekündigt. Für denselben Tag mobilisiert die Neonazi-Szene bereits zum sog. „Trauermarsch“ im niedersächsischen Bad Nenndorf.

Neonazi und NPD-Politiker Thorsten Heise
Neonazi und NPD-Politiker Thorsten Heise

Auch Heises für den 3. September geplanter „Eichsfelder Heimattag“ im thüringischen Leinefelde geriet in das Kreuzfeuer der Neonazis, denn der Termin überschneidet sich mit dem Neonazi-Aufmarsch zum „Antikriegstag“ in Dortmund. Besonders der angekündigte Auftritt des ehemaligen „Landser“-Sängers Michael Regener („Lunikoff“) ließ Neonazis befürchten, ein solches Event trage „ganz sicher dazu bei, dass viele Kameraden (nicht nur aus Mitteldeutschland) auf eine Fahrt nach Dortmund verzichten werden“. Immerhin hatte der Lunikoff-Auftritt auf dem extrem rechten „Rock für Deutschland“ 2009 etwa 5.000 Neonazis nach Gera gezogen. „Diese Partei-Lumpen machen die Politik schon längst nicht mehr, weil sie an Ideale glauben, sondern nur noch weil sie an den finanzielle Gewinn ihrer Veranstaltungen glauben“, hieß es in den entsprechenden Neonazi-Foren. Um nach solch harscher Kritik einem Glaubwürdigkeitsverlust in der extrem rechten Szene zuvor zu kommen, rudert Heise in seinem Aufruf an die „lieben Kameradinnen und Kameraden“ nun zurück. Auf seiner Homepage bewirbt er vorsichtshalber auch den „Tag der deutschen Zukunft“, den „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf und die Konkurrenzveranstaltung in Dortmund. Während der Aufmarsch in Dortmund für das jüngere Neonazispektrum Pflicht sein solle, wolle er in Leinefelde besonders junge Familien ansprechen. Auf dem Programm stehen unter anderem Kinderbelustigung, Auftritte der extrem rechten Liedermacher Sebastian Döring („Fylgien“) und Torsten Hering („Torstein“) sowie Reden der NPD Politiker Eckhart Bräuniger und Frank Schwerdt. Erst am Abend soll in Leinefelde ein Konzert beginnen, angekündigt sind ist das norddeutsche Nazirock-Trio „Words of Anger“, die 1995 gegründete Band „Oidoxie“ aus Dortmund und „Die Lunikoff Verschwörung“ um Michael Regener. Nach Heises Rechnung schaffen es die Neonazis vom Dortmunder Aufmarsch noch vor dem Konzertbeginn nach Leinefelde, Teilnehmern mit einem Stempel des „Antikriegstages“ verspricht er eine Ermäßigung.

Lunikoff beim "Rock für Deutschland" in Gera 2009. Foto: Infothek Dessau
Lunikoff beim "Rock für Deutschland" in Gera 2009. Foto: Infothek Dessau

Sollte es Heise gelingen, seinen „Heimattag“ dauerhaft zu etablieren, dürfte der Rechtsrock in Thüringen weiter expandieren. Im Jahr 2009 hatte die „Mobile Beratung in Thüringen“ (MOBIT) landesweit 27 Rechtsrockkonzerte gezählt, weitere fünf Konzerte wurden im Vorfeld verhindert. Damit fand 2009 in Thüringen an jedem zweiten Wochenende ein Konzert mit extrem rechtem Hintergrund statt. In der Leinefelder Stadtverwaltung hält man sich bei Nachfragen derweil bedeckt: „Solche Sachen müssen Sie schon mit dem Bürgermeister besprechen“, sagt der Ordnungsamtsleiter, Günther Fiedler, am Telefon und legt auf. Das Oberhaupt der Stadt aber befindet sich momentan auf Dienstreise, seine Vorzimmerkraft ist ahnungslos: „Davon habe ich noch gar nichts gehört“, sagt sie vorsichtig.