Am Freitagabend kam es in Erfurt zu einem gewalttätigen Übergriff einer Gruppe Rechtsextremer auf die Besucher einer Kunstaustellung. Mehrere Besucher der Ausstellung und eine Polizistin wurden dabei teils schwer verletzt.
Im Kunsthaus in Erfurt wurde am Freitag die Ausstellung „miss painting“ eröffnet. Am späteren Abend der Eröffnung hielten sich mehrere Gäste vor dem
Kunsthaus auf, als ein Mann aus einer nahegelegenen Kneipe die Gäste belästigte. Der mit einem Horst-Wessel-Shirt bekleidete Mann begann mit antisemitischen Bemerkungen die Besucher zu provozieren. Die Veranstalter riefen aufgrund des Vorfalls unverzüglich die Polizei und erteilten dem Mann einen Platzverweis. Wenig später kamen sieben weitere Personen aus dem Lokal hinzu, die mit „Sieg-Heil“-Rufen und dem Zeigen des Hitlergrußes weiterhin ihre rechtsextreme Gesinnung deutlich machten. Kurz darauf eskalierte die Situation und mehrere Gäste des Kunsthauses wurden durch die Rechtsextremen angegriffen. Der Kurator der Ausstellung wurde gleich von drei Rechtsextremen attackiert und mit einem Nasenbeinbruch schwer verletzt. Auch die Leiterin des Kunsthauses, Monique Förster, erlitt leichte Verletzungen, als ihr eine volle Bierflasche auf dem Kopf zerschlagen wurde. Neben den beiden Veranstaltern wurde eine weitere Besucherin verletzt, als die Angreifer ihren Kopf gegen die Motorhaube eines parkenden Autos schlugen. Nach dem dritten Anruf bei der Polizei traf ein Streifenwagen am Tatort ein. Die Verdächtigen konnten von der Polizei in unmittelbarer Nähe des Tatorts gestellt werden. Bei der Festnahme wurde auch eine Polizeibeamtin verletzt. Die Verdächtigen wurden nach ihrer Vernehmung wieder entlassen.
Kein rechtsextremer Tathintergrund?
In der Pressemitteilung der Erfurter Polizei findet sich kein Hinweis auf einen rechtsextremen Tatzusammenhang. Hier heißt es schlicht, es sei „aus bisher nicht bekannten Gründen“ zu den Übergriffen gekommen. Auf Nachfrage der Thüringer Allgemeinen sagte die Polizei, dass derzeit nicht von einer Verbindung zur rechtsextremen Szene ausgegangen würde. Auch eine Verbindung zwischen einem Übergriff auf alternative Jugendliche Mitte Juni schließe die Polizei aus.
„Grund des Konfliktes waren rechte und verfassungsfeindliche Aussagen“ sagt Monique Förster, die Leiterin des Kunsthauses. Seit einiger Zeit seien ihr auch verstärkt rechtsextreme Personen in der nur wenige Meter entfernten Kneipe aufgefallen, aus der nun auch die Angreifer kamen.
Auch Martina Renner, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag teilt die Wahrnehmung Försters. „Nazi-Gewalt und Nazi-Aktivitäten nehmen in Erfurt in den letzten Monaten in erschreckendem Maße zu. So gab es wiederholt Angriffe auf alternative Jugendliche, Projekte und Veranstaltungen.“, sagt Renner.
Dies dürfte besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Aufdeckungen rund um erhebliche Pannen bei den Ermittlungen rund um die „Zwickauer Terrorzelle“ schwer wiegen. Auch Martina Renner kritisiert den derzeitigen Umgang mit den Opfern rechter Gewalt: „Behörden und Politik in Erfurt haben sich bisher zu wenig für den Schutz potentieller Naziopfer eingesetzt und insbesondere der Zusammenarbeit von organisierten Neonazis und Hooligan-Gruppen zu wenig Beachtung geschenkt.“
Erst vor wenigen Tagen hatten drei Minister der Landesregierung an einer Informationstour der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus teilgenommen, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Inwieweit die Ermittlungen der Polizei einen rechtsextremen Tathintergrund doch noch ergeben, werden die nächsten Tage zeigen.
Update: Wie die Nachrichtenagentur dapd berichtet, ermittelt die Polizei nun doch in der rechten Szene, da zwei der acht Täter bereits bekannte rechtsextreme Straftäter sind und es zur Verwendung rechtsextremer Symboliken kam. Dies teilte am Montag eine Sprecherin der Polizei Erfurt mit.