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Die Möchtegern-Kulturkämpfer

 

Brennende Moschee als politisches Ziel? © Screenshot von Facebook

Mit ihrer Provokation schafft es die antimuslimisch-rassistische Splitterpartei Pro Deutschland erneut aus der politischen Bedeutungslosigkeit in die Schlagzeilen. Nach der Ankündigung von Pro den Schmähfilm gegen den Propheten Mohammed öffentlich in Berlin aufzuführen, verlinkte der bayerische Landesvorsitzende der „Freiheit“ auf den Islamhassblog PI-News auf den Trailer des angeblichen Films. Aus beiden Parteien heraus wurde am Samstag ein antimuslimischer Jugendverband für einen Kulturkrieg, den es so nicht geben wird, gegründet.

Kriegerische Worte verbreitet der neugegründete Jugendverband „Ring freiheitlicher Jugend Deutschlands“ (RFJ).

„Unser Kampf gilt der Freiheit und Demokratie und für diesen anstrengenden Kampf müssen wir die Kräfte vereinen, um diese Auseinandersetzung erfolgreich zu bestreiten. Deutschland steht am Scheideweg, nun existiert aber eine freiheitliche Jugendorganisation, die diesen Kampf aufnimmt!“,

schreibt der Vorsitzende Tony-Xaver Fiedler von Pro NRW in einer Pressemitteilung. Der Zusammenschluss der bisher erfolglosen Parteijugenden von Pro, Republikanern (REP), der „Freiheit“ und der gewaltbejahenden „German Defence League“ (GDL) dürfte eine weitere Luftnummer sein. Zu Fiedlers Stellvertretern wurden der GDL-Gründer Sigfried Schmitz (Die Freiheit), der Berliner Timo Schaade von Pro sowie Christopher von Mengersen von den REPs gewählt.

Die Aktivisten gehören allesamt zu den wenigen Teilnehmern der Aktionen der vergangenen Monate der Islamhassszene. Das einzig Neue neben dem Namen wird die Herausgabe des Jugendmagazins „Objektiv“ sein. „Dieses auf Schüler und Studenten zugeschnittene Magazin ist ein weiterer Schritt in der bundesweiten Ausdehnung der Pro-Bewegung“, ist auf der Homepage von Pro NRW zu lesen.

Provokationen mit dem Hetzfilm

Diese angebliche „Bewegung“ besteht bisher aus einer Internetsekte um die antimuslimisch-rassistischen Blogs Quotenqueen, blu-News und PI. Eine Chance aus der politischen Bedeutungslosigkeit zu kommen ist Provokationen zu Gewalt. Die Freude über den islamfeindlichen Film und die Gewalt durch islamische Fanatiker ist darum groß.

Öffentlichkeitswirksam kündigte Pro Deutschland an, den Schmähfilm „Innocence of Muslims“ (Die Unschuld der Muslime) in einem Berliner Kino zeigen zu wollen, bettete den Trailer in ihre Website ein und wollte den international bekannten US-amerikanischen Islamhasser Terry Jones einladen. Das Bundesinnenministerium verhängte am Wochenende aber ein Einreiseverbot für den US-Prediger. Bereits die knapp 14-minütige Zusammenfassung des YouTube-Videos wurde von fundamentalistischen Islamisten als Vorwand benutzt, mehrere westliche Botschaften zu stürmen. Dabei gab es mehrere Tote und Verletzte. Während die gemäßigten Kräfte um die Toten trauern und zur Besinnung aufrufen, gießen die Kulturkrieger beiderseits weiter Öl ins Feuer für einen Kulturkrieg, den es so nicht gibt.

„In der Bürgerbewegung pro Deutschland engagieren sich mutige Frauen und Männer für die Bewahrung des christlichen Abendlandes“, heißt es in der Filmankündigung auf der Homepage von Pro Deutschland. In den Kommentaren auf PI-News und der Facebookseite von Pro NRW werden Rachegelüste und Rassismus offen artikuliert. Der Ruf nach Abschiebung aller Muslime findet sich genauso wie Gewaltphantasien.

Schwulenhass

Auffällig häufig findet sich der Jubel darüber, dass der Prophet Mohammed in dem YouTube-Clip als schwul dargestellt wird. Der Islamhass und die Schwulenfeindlichkeit gehen in der antimuslimisch-rassistischen Szene oftmals Hand in Hand. Die selbsternannten „Islamkritiker“ geben einerseits vor, homosexuelle Freiheiten und Frauenrechte vor dem Islam beschützen zu wollen, aber stehen andererseits radikalen Abtreibungsgegnern und homophoben Fundamentalisten wie z.B. der Pius-Bruderschaft nahe.

Antisemitische Klischees

Der Film wurde von US-amerikanischen koptischen Christen gemeinsam mit einer rechten evangelikalen Gruppe produziert und unter Verwendung von antisemitischen Klischees verbreitet, so dass die Wut über den Film fälschlicherweise auf jüdische Menschen und Israel zurückfällt. US-Ermittlungsbehörden gehen mittlerweile davon aus, dass hinter dem antiislamischen Machwerk der in Süd-Kalifornien lebende koptische Christ Nakoula Basseley Nakoula steht.

Koptisch-Orthodoxer Patriarch

Durch ihre blutige Verfolgungsgeschichte vor allem im sunnitisch-islamischen Ägypten war ein Teil der koptischen Gemeinschaft auch in Deutschland anfällig für Islamhass, was deutsche christliche Fundamentalisten ausnutzten um diese frühzeitig zu radikalisieren. Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Bischof Anba Damian, hat die kreuzritterverherrlichende „Initiative 1683“ als einer deren Sprecher nach außen vertreten. Diese wurde von Karl-Michael Merkle alias Michael Mannheimer initiiert und war das Bindeglied zwischen christlichen Glaubensgemeinschaften und dem kulturalistischen Spektrum. In einem Video für diese Islamhass-Initiative warnt der koptische Bischof, der wegen seinen Hetzpredigen in einigen evangelischen Gemeinden Auftrittsverbot hat, vor einer angeblichen „Überfremdung“ und „Islamisierung“ Deutschlands.

Video von der „Initiative 1683“ mit Bischof Anba Damian © Screenshot von vimeo

Koptischer Bischof warnt vor „Islamisierung“ Deutschlands © Screenshot von PI-News

 

 

 

 

 

 

Islamfeindlicher „Widerstand“

Von selbst radikalisieren sich die Mitglieder der nach Vorbild der englischen Schlägergruppe EDL gegründeten „German Defence League“ (GDL). Wie der deshalb vor Gericht stehende Michael Mannheimer ruft auch der Leiter der Kölner Division der „GDL“, Sebastian Nobile zum Widerstand gegen die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 20 Grundgesetz auf und beschimpft die Bundesverfassungsrichter wegen dem ESM-Urteil als „Volksverräter“. Laut eines offenen Briefes von ihm, gehören die Verfassungsrichter hinter Gittern. Eine Bilder- und Screenshot-Galerie zum antimuslimisch-rassistischen „Widerstand“ findet sich auf dem Watchblog Publikative.org.

Provokation und Gewalt

Kurz nach Mitternacht bettete heute Michael Stürzenberger („Die Freiheit“) unter seinem Pseudonym „byzanz“ die angebliche Vollversion des Schmähfilms in einem Blogbeitrag auf PI ein. Der 74-minütige Film mit dem Titel „Muhammad full movie – Innocence of Muslims“ ist frei zugänglich auf  der Videoplattformen YouTube zu sehen, ist aber nur die Aneinanderreihung des bekannten Trailers.

Es ist zu Befürchten, das fundamentalistische Islamisten die Provokationen der antimuslimisch-rassistischen Kulturkrieger als Vorwand für weitere Gewalt verwenden.