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Mit Hitler-Gedenk-Tour zum Europameistertitel

 

In den letzten Jahren wurden mehrfach Fälle von Neonazis im Bezug auf den regionalen Sport in Südbrandenburg aufgedeckt. Nun gibt es erneut einen Fall, der für einen Skandal sorgt. Und wieder beim Kickbox-Team Cottbus 09 e.V. (KBTC). Der frisch gekürte Europameister im Kickboxen Mario Schulze soll 2011 an einer Mallorcafahrt teilgenommen und dabei ein T-Shirt getragen haben, das sich positiv auf Adolf Hitler bezog.

Aus diesem Grund bekam er einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung, welchen er akzeptierte. Der KBTC stellt sich vor seinen Sportler. Dem Verein reicht die Aussage, dass Schulze das besagte T-Shirt nicht getragen, sondern es nur im Koffer verstaut hatte.

Am Abend des 06.10.2012 fand in Cottbus der Europameisterkampf von Mario Schulze statt. Bei einem Sieg winkt das Profigeschäft für den den Kämpfer und auch für den Verein bedeutet dies Mehreinnahmen, TV-Übertragungen, große Kämpfe und mehr Zulauf. Das Problem mit einem rechten Kämpfer ist zeitlich daher unpassend für den Verein. Neben dem Verein stellt sich auch der Geschäftsführer des Vereins „Manne e.V.“, Eike Schwarz, vor den Sportler. Für den Verein arbeitet Schulz als freier Mitarbeiter im Bereich des Anti-Gewalt-Training und leitet dort Trainingseinheiten.

Schwarz meint, dass sich Schulze entgegen der Gruppe, mit der er unterwegs gewesen sei, verhalten habe, in dem er das T-Shirt nicht trug, sondern nur bei sich hatte und dass eben dieses Verhalten Respekt verdient. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden indes betont, dass aus der Akte klar hervorgeht, dass Schulz in einer Gruppe von 18 Lausitzer Sportlern am Flughafen auf dem Weg von Dresden nach Mallorca wegen des Tragens des Shirts aufgefallen sei und dass daraufhin die Personalien der Reisenden überprüft wurden. Erst beim Rückflug, als die T-Shirts beschlagnahmt werden sollten, war auch das von Schulze im Koffer verstaut. Für die politische Spitze der Stadt reicht dies scheinbar nicht aus. Sie boykottieren Schulz‘ Kampf und wollen erst sehen, dass es keinen „Hauch von rechtsradikaler Infiltration gibt“, so der Beigeordnete Lothar Nicht. Mario Schulze selber distanzierte sich von Neonazis und sein Verein pflichtete ihm bei und bezeichnete ihn „als Vorbild, der täglich Werte wie Toleranz und Demokratie lebe“ Allerdings sieht das der Verfassungsschutz, welcher die Stadt Cottbus kurz vor dem Kampf auf Anfrage auf Schulz und dessen Kontakte hinwies.

Unabhängig vom Tragen besagten T-Shirts fiel Schulze als Teilnehmer einer Geburtstagsfeier seines ehemaligen Kickbox-Kollegen Markus Walzuck auf. Dieser war bereits Anfang des Jahres wegen Kontakten in die rechte Szene aus dem Verein geflogen. Diese Feier mit 40 weiteren Personen wurde von der Polizei nach Anwohnerbeschwerden wegen laut abgespielter Neonazimusik aufgelöst. Bei der anschließenden Überprüfung der Personalien fiel sein Name auf, sowie die Namen von mehreren Personen der rechten Szene aus Cottbus und dem Umland, weshalb der Verfassungsschutz dies als rechte Party deklarierte.

Bereits Anfang des Jahres warnte der brandenburgische Verfassungsschutz vor der Unterwanderung des Kampfsports in Brandenburg durch Neonazis. Festgestellt wurde, dass Neonazis „den Kampfsport für Agitationen“ nutzen und gleichzeitig ein neonazistisches „Kampfsportmilieu herausbilden“ wollen. Ein Beispiel ist hier der regionale Skandal um den deutschen Kickboxmeister Markus Walzuck.

Schon die Einlaufmusik, ein Lied der Rechtsrockband „Blitzkrieg“, hätte auffallen müssen. Doch erst als im Januar 2012 ein Gerichtsverfahren gegen ihn wegen Volksverhetzung lief, horchten die lokale Politik und die Vereinswelt auf. Auf einem Flughafen wurde er 2010 nach einer Mallorcareise mit anderen Sportlern aus der Lausitz aufgegriffen, da er T-Shirts bei sich hatte, auf denen positiv Bezug auf Adolf Hitler genommen wurde.

Cottbus‘ Bürgermeister Szymanski gratulierte ihm noch Ende des Jahres 2011 zum Meistertitel, obwohl er schon zu dem Zeitpunkt als Neonazi bekannt war. Beim Zweitligafußballklub FC Energie Cottbus hatte der Kickboxer bis September 2011 ein Stadionverbot, wegen „rechtsextremer Handlungen im Stadion“.

Der KBTC reagierte und Walzuck musste gehen. Inzwischen hat er eine Kleidungsmarke namens „Label 23“ etabliert. Beliebt ist die Kleidung im Hooliganmilieu, bei Neonazis und Kampfsportlern.

Als das Kickbox-Team im Mai 2011 eine Vereinsfahrt nach Israel durchführte, nahmen Walzuck und ein weiterer Sportskamerad an dieser Fahrt nicht teil. Hintergrund waren die ihm nachgesagten und inzwischen bestätigten Kontakte zur neonazistischen Szene. Die weitere Person, die nicht mitfuhr, ist bislang unbekannt.

Doch Neonazis finden auch in ihrer neonazistischen Erlebniswelt die Möglichkeit, dem Kampfsport zu frönen. Das Neonazinetzwerk „Spreelichter“ organisierte eigene Kampfportturniere in Südbrandenburg. Im November 2011 kursierte hierfür ein Video im Internet, welches aufrief, sich beim „Kampfsportturnier des Widerstands 2011“ anzumelden. Das Netzwerk der Spreelichter erlitt Anfang des Jahres einen schweren Schlag, da es zur inzwischen verbotenen „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ gehörte. Objekte die unter anderem durchsucht wurden, waren eine Art Vereinssitz der „Spreelichter“ in Cottbus sowie die Wohnung von Walzuck.

Laut den Recherchen der Lausitzer Rundschau gibt es indes Hinweise, dass neben dem deutschen Meister Walzuck und dem frischgebackenen Europameister Schulz einen weiteren Sportler beim KBTC gibt, welcher direkte Kontakte in die Neonaziszene hat.

Beobachter weisen seit Jahren auf eine gefährliche Mischung aus Hooliganismus und Neonaziszene in der Lausitz. Gab es bislang meist nur bei den Fans des örtlichen Fußballverein Energie Cottbus Probleme, steht jetzt auch endgültig der Cottbusser Kickbox-Klub im Zugzwang. Er muss sich entscheiden, wie er mit Mitgliedern umgeht, die kein Geheimnis aus ihrer Nähe zur rechtsextremen Szene machen.