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Wie Neonazis eines Mörders gedenken

Immer wieder wollen Rechtsextreme die Geschichte verdrehen: In Brandenburg haben Demonstranten einen Kriegsverbrecher gewürdigt – unter Protest der Einwohner.

Von Hardy Krüger

Henningsdorf
Teilnehmer des Aufmarsches zeigen ein Banner, auf dem der Holocaustleugner Horst Mahler geehrt wird. © Hardy Krüger

Ein steinernes Dach auf Säulen, gekrönt von einem roten Dreieck und den Buchstaben „KZ“, darunter eine Erinnerungstafel in Form eines aufgeschlagenen Buchs: „Den Toten zum Gedenken – den Lebenden zur Pflicht“, steht auf dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus im brandenburgischen Hennigsdorf. Im Nationalsozialismus war die Kleinstadt der Standort zweier Außenstellen von Konzentrationslagern. An diesem Samstag wurde sie zur Kulisse für einen bizarren Aufmarsch von Neonazis.

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Erst Hetze, dann ein Anschlag

Brandenburger Neonazis haben ein Attentat auf eine Moschee geplant. Jetzt schritt die Polizei ein – Jahre nach dem ersten Hinweis auf die Gesinnung der Gruppe.

Von Hardy Krüger

Neonazis in Brandenburg
Waffen, die Ermittler bei Durchsuchungen sichergestellt haben © dpa/Jens Kalaene

Eine Hakenkreuz-Armbinde, scharfe Munition, Replikate von Weltkriegswaffen, ein Maschinengewehr und mehrere Handgranaten. Darunter ein rotes Stoffbanner mit der Aufschrift „Freie Kräfte Prignitz“: Anfang Juli präsentierte die Brandenburger Polizei ein plakatives Motiv vor Journalisten, einen Ermittlungserfolg gegen ein militantes Neonazinetzwerk. Die Gegenstände hatten Beamte bei Hausdurchsuchungen sichergestellt.

Sie hatten sechs Objekte in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern durchsucht. Ermittlungen laufen gegen sieben Personen zwischen 32 und 40 Jahren. Die Freien Kräfte Prignitz sollen einen Anschlag auf eine Moschee in Wittenberge geplant haben, der größten Stadt im brandenburgischen Landstrich Prignitz. Demnach wollten die Rechtsextremisten das Gotteshaus mit Molotowcocktails angreifen.

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Wie eng ist die Verbindung der Identitären zu den Nazi-Hooligans?

Bei der Großrazzia gegen Nazi-Hools von Energie Cottbus haben die Ermittler neben Hakenkreuzdeko auch Propagandamaterial der Identitären gefunden. Das wirft Fragen auf.

Von René Garzke, Potsdamer Neueste Nachrichten

Eine Machete, ein Schlagstock, Material der Identitären: Beweisstücke, die Ermittler in Wohnungen der Verdächtigen sicherstellten © Bernd Settnik/dpa

Hakenkreuzdeko, Waffen, NS-Propaganda: Das alles haben die Ermittler am Mittwoch bei den Razzien gegen Neonazihooligans aus dem Umfeld von Energie Cottbus gefunden. Außerdem haben die Ermittler bei den gewalttätigen Rechtsextremisten Propagandaartikel der Identitären Bewegung beschlagnahmt.

Schon länger stand die Frage im Raum, inwieweit die Identitären in der Cottbuser Region mit den Nazihooligans gemeinsame Sache machen. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag stellte der Staatsschutzchef des Landeskriminalamtes, Olaf Berlin, klar: Anhand der sichergestellten Gegenstände „sieht man die Schnittmenge zur Identitären Bewegung, die aus der Szene heraus mitgetragen wurde“. Damit zeigt sich, dass das Problem in Cottbus weit über eine kriminelle Vereinigung aus Hooligans, Sicherheitsgewerbe und Kampfsportszene hinausreicht – nämlich auch zu den europaweit aufgestellten Identitären.

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Cottbus – der „Hotspot“ des Rechtsextremismus

Der Schlag gegen Rechts war sorgsam geplant: Am frühen Morgen werden mehr als 30 Objekte in vier Bundesländern durchsucht, vor allem im brandenburgischen Cottbus. Der Verfassungsschutz sieht die Stadt mit Sorge.

Polizisten bei der Durchsuchung eines Hauses in Cottbus © Michael Helbig/dpa

Ab 5 Uhr morgens war für mehrere Hooligans und Neonazis die Nachtruhe vorbei. Polizeiwagen fuhren vor, Beamte verschafften sich Zutritt zu Wohnungen, Büros und Gewerberäumen – Razzia in der rechtsextremen Szene. Die Polizisten flöhten mehr als 30 Objekte in mehreren Bundesländern. Der Verdacht lautet auf Gründung einer kriminellen Vereinigung.

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Demo für den rechten Opfermythos

Neonazis wollen Kameraden in Haft zu Märtyrern verklären. In Brandenburg demonstrieren sie für Gesinnungsgenossen – auch, damit die Häftlinge der Szene treu bleiben.

Von Hardy Krüger

Demo für den rechten Opfermythos
Rechtsextreme auf der Kundgebung für gefangene Kameraden in Brandenburg
© Hardy Krüger

Auf dem Katharinenkirchenplatz in Brandenburg an der Havel sind die Kräfte ungleich verteilt: 40 Rechtsextreme haben sich zusammengefunden, um an ihre Gesinnungsgenossen zu erinnern, die im Gefängnis sitzen. Lautstark protestieren 150 Gegendemonstranten, Parolen wie „Faschistische Strukturen zerschlagen“ und „Kein Kiez für Nazis“ steht auf ihren Transparenten.

Die Neonazis beklagten auf ihren Bannern wiederum ein „totalitäres Sonderrecht“, weil der Straftatbestand der Volksverhetzung in einem Land mit Meinungsfreiheit keinen Platz habe. Der Tag der politischen Gefangenen, den sie an diesem Samstag begehen, ist ein wichtiger Termin im rechtsextremen Kalender. Bereits im Vorjahr fand die Kundgebung in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam statt.

Wer die falsche Meinung hat, dem droht Knast – das ist die Botschaft, die in die Welt gesetzt werden soll. Doch die Klagen sind Maskerade. Die Inhaftierten, für die sich die Initiative einsetzt, sind einschlägig wegen Volksverhetzung verurteilte Straftäter wie die Holocaustleugner Ursula Haverbeck oder Horst Mahler.

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AfD-Mitarbeiter am rechten Rand

Wegen enger Kontakte zu Rechtsextremen muss die AfD eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz fürchten. ZEIT-ONLINE-Recherchen zeigen weitere Verstrickungen in das Milieu.

Von Henrik Merker

Rechtsextremismus: NPD-Jugend, Identitäre und AfD haben personelle Überschneidungen. © Paul Zinken/dpa, Ronny Hartmann/Getty, Alexander Koerner/Getty
NPD-Jugend, Identitäre und AfD haben personelle Überschneidungen. © Paul Zinken/dpa, Ronny Hartmann/Getty, Alexander Koerner/Getty

Ende Januar 2019 gelangte ein geheimes Gutachten an die Öffentlichkeit, verfasst im Auftrag des Bundesverfassungsschutzes. Auf 436 Seiten werden darin verfassungsfeindliche Umtriebe in der AfD beleuchtet: Von Holocaustleugnung und Kontakten hoher Funktionäre in die rechtsextreme Szene ist die Rede. Der Partei droht eine Beobachtung durch den Geheimdienst.

Offiziell grenzt sie sich deshalb von rechtsextremen Gruppen ab. Doch die Zusammenarbeit mit der neu-rechten Identitären Bewegung und früheren Mitgliedern der NPD-Jugend ist ungebrochen. ZEIT ONLINE hat zwei weitere Verbindungen in Brandenburg und Thüringen aufgedeckt.

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Spaziergänge fürs Vaterland

Im Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit gibt sich die NPD als Kümmerer. Mit einer Art Bürgerwehr streifen Aktivisten durch die Stadt. Die Aktionen sorgen für Befremden.

Von Sebastian Schiller

Aktivisten der NPD streifen durch Cottbus (Symbolfoto) © Fabian Bimmer/dpa

Wenn es in Cottbus dunkel wird, dann ziehen sie los: junge Männer, manche in roten oder schwarzen T-Shirts mit dem Buchstaben S auf dem Rücken – dem Logo der NPD-Aktion Schafft Schutzzonen. Verwackelte Fotos dieser Nachtwanderungen landen auf der Facebook-Seite der Partei, die damit wirbt, sie wolle in der brandenburgischen Stadt „nach dem Rechten sehen“.

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„Ich versuche mich von dem Angriff nicht einschüchtern zu lassen…“

Offene rechte Symbolik bei der Kundgebung am Samstag in Cottbus © Presseservice Rathenow

Ney Sommerfeld berichtet seit Jahren auch für den ZEIT ONLINE Störungsmelder über die rechtsextreme Szene in Berlin und Brandenburg. Am Samstag wollte sie von einer Demonstration in Cottbus berichten, dabei wurde sie von Neonazi-Hooligans angegriffen. Wir haben mit ihr über den Angriff gesprochen. Weiter„„Ich versuche mich von dem Angriff nicht einschüchtern zu lassen…““

 

Kalbitz‘ rechte Hand: Ein Identitärer bei der AfD im Landtag Brandenburg

Kai Laubach im Identitären-Mobilisierungsvideo aus dem Jahr 2016 – und im T-Shirt seines Modelabels „Culture Élitaire“. © Screenshot/Störungsmelder

„Identitär, schön, weiß, deutsch“ – ein Modemacher ist jetzt die rechte Hand von AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz im Landtag Brandenburg. Mit der rechtsextremen Identitären Bewegung hat Kai Laubach angeblich nichts mehr zu tun. Weiter„Kalbitz‘ rechte Hand: Ein Identitärer bei der AfD im Landtag Brandenburg“